"Ich fahr dich in's Krankenhaus", kündigte Orton an. An seinem ernsten Blick konnte ich ausmachen, dass es sehr wahrscheinlich wenig Sinn gemacht hätte, zu zögern oder sich zu weigern. Jedoch tat ich es trotzdem. "Ich bin nur beim Training auf dem Apron ausgerutscht", wiederholte ich gelassen. "Ja, und jetzt sind deine Rippen lila. Komm mit", entgegnete er rigoros und winkte mich in Richtung Tür. "Lass mich meine Sachen zusammen suchen, ich bin gleich fertig." Ich nahm mein Handy vom Nachttisch und meine Jacke vom Kleiderständer und checkte deren Taschen nach Zimmerschlüssel und Portemonnaie.
Ungefähr eineinhalb Stunden später standen Ran und ich in der Kantine des Krankenhauses und inspizierten die Kuchenauswahl. Ich hatte mich medizinisch betreuen lassen. Die Diagnose lautete Rippenprellung, weshalb ich fortan einen fetten Verband um meinen Torso tragen musste. "Entschuldigen Sie beide", kam eine Stimme von links, "ja, Sie da, das Pärchen." Randy und ich grinsten uns belustigt an und schauten dann zu der Frau, die uns klar machen wollte, dass sie nicht an uns vorbeikommen würde. Sie lächelte uns freundlich an, nachdem wir einige Schritte zur Seite getreten waren. "Klar, du und ich ein Paar", lachte ich. "Naja, der Typ aus der Bar meinte, es würde gut passen", schmunzelte Ran verschmitzt. Vor uns in der Warteschlange hatte sich eine ältere Dame bei einem Teenager untergehakt, auch sie betrachteten die verschiedenen Kuchensorten. "Und, hast du schon was gefunden?", fragte sie den Jungen neben sich. Ihre Stimme war herzlich und freundlich. "Der Erdbeerkuchen sieht echt lecker aus", antwortete er und sah zu der Frau herüber. "Er hat Recht", kommentierte Randy, "der sieht richtig gut aus." Die ältere Dame und der Teenager waren an der Reihe und bestellten einen Kamillentee und ein Stück des Erdbeerkuchens. Als sie bezahlt hatten, traten sie zur Seite und wollten gerade gehen, da drehte sich der Junge zu uns um. Er riss die Augen auf und ließ vor Schreck den Pappteller mit dem Kuchen fallen. "Oh, Titus!", rief seine Begleitung aus und senkte den Blick auf den Erdbeermatsch auf dem Boden. "Entschuldigen Sie", wendete ich mich an die Dame hinter der Theke, "hätten Sie vielleicht ein Taschentuch oder einen Lappen oder irgendwas in die Richtung?" Die Dame reichte mir eine Handvoll Servietten, mit denen ich den Kuchen vom Boden aufwischte und in den Mülleimer ein paar Schritte links von mir beförderte. "Es tut mir leid, ich... ich...", stotterte der Junge und schaute von mir zu Randy und wieder zurück. "Ich nehme an, du bist ein Fan", lachte Orton und gab dem Jungen seinen eigenen Pappteller mit einem Stück Erdbeerkuchen, da seiner ja einen dramatischen Abgang gemacht hatte. Dann stellte er sich wieder an's Ende der Schlange, um sich selbst noch ein Stück zu holen. "Ich... danke!", strahlte der Teenager und nickte eifrig. Nun fiel mir auf, dass er zwei verschieden farbige Augen hatte. Sein rechtes Auge war blau, das andere grün und beide leuchteten um die Wette. Die ältere Dame war etwas verwirrt. "Wer sind denn diese beiden, Titus? Kennst du sie?" "Nein, Granny, das sind Randy Orton und Bonny", verriet er und er deutete bei dem jeweiligen Namen auf uns. "Ach", erkannte sie, "die sind doch von deinem Wrestling, oder?" Bestätigend nickte ich und kicherte leise, auch Orton war amüsiert. Ich ging auf den Jungen zu und schüttelte ihm die Hand: "Hey, hast du dich von dem Schock erholt?" Ein schüchternes Nicken. "Hi, ich heiße Titus. Ich bin ein großer Fan von Ihnen beiden." "Bitte sag du, ich kann's nicht leiden, gesiezt zu werden", lachte ich und schüttelte dann auch die Hand seiner Großmutter, deren Name Emma war. "Also Titus", begann sie, "ich gehe schon mal vor, zurück auf die Station. Du kommst dann später nach. Aber jetzt unterhalte dich erstmal mit den beiden Wrestlern, ja?", sie nickte ihm zu und ging mit ihrem Becher Kamillentee aus der Kantine. "Okay, bis dann!", rief er ihr hinterher. "Kann ich bitte ein Foto mit euch beiden haben?", bat er mich lieb. Mit diesem Blick in den vor Glück funkelnden Augen konnte ich ihm keinen Wunsch ausschlagen. Schmunzelnd bejahte ich seine Frage und wir machten zwischen der Warteschlange und dem Getränkekühlschrank das wohl spontanste Fanselfie des Jahrzehnts. "Hey Sie da. Sie und Ihr Sohn, Sie stehen mir im Weg", hörte ich von links und trat einen Schritt zur Seite. Verwirrt guckte ich dem jungen Mann hinterher, der sich zwei Getränkedosen aus der Kühlung genommen hatte und dann wieder verschwunden war. "Das stell ich mir vor, ihr beide Mutter und Sohn", gackerte Randy und zeigte auf mich und Titus, woraufhin auch wir leise kicherten. Als Orton endlich sein zweites Stück Kuchen geholt hatte, schoss er auch ein Bild mit dem Teenager. Da die Viper seinen Kuchen an einem ruhigeren Ort verspeisen wollte, liefen wir nach draußen in den Hof vor dem Haupteingang und setzten uns auf eine der Bänke, die dort draußen standen. "Es ist so cool, euch beide zu treffen, ich bin so aufgeregt!", brabbelte der Teenie hastig, guckte dann auf den Pappteller auf seinem Schoß und fügte hinzu: "Und danke für den Kuchen, Mr. Orton." Dieser lachte brummend und mit vollem Mund und nickte. "Guten Appetit." "Sag mal, Titus", begann ich und stupste ihn leicht an, "erzähl uns doch mal was über dich." Er zuckte nur die Schultern. "Ich bin nicht wirklich interessant oder besonders. Ich bin 13 und ein WWE Fan seit ich neun Jahre alt bin." "Und du besuchst deine Oma hier?" Sein fröhliches Lächeln schrumpfte langsam in sich zusammen und er nickte. Randy... denk doch mal nach! Ich sah unauffällig zu der Viper herüber und schüttelte den Kopf. "Sie hat Krebs. Die Ärzte sagen die Chancen stehen schlecht", erklärte er leise und senkte den Blick. Ich legte meinen Arm um seine Schultern und schaute auf den Boden. "Das tut mir leid, Titus." Randy war sprachlos und hatte keine Ahnung, wie er reagieren sollte. "Was ist mit deinen Eltern?", fragte er nach und stellte den nun leeren Pappteller neben sich auf die Bank, "Kommen die oft mit, wenn du sie besuchst?" Niedergeschlagen schüttelte der Junge den Kopf und erwiderte: "Meine Eltern sind beide nicht mehr hier." Es wird immer schlimmer. "Oh, tut mir leid, das wusste ich nicht, ich-" "Ist schon gut", seufzte er traurig, "Du kannst es ja gar nicht wissen." Der Junge erzählte, dass er bei seiner Großmutter aufgewachsen war und er seit seine Oma im Krankenhaus war, bei seiner Nachbarin wohnen musste. Randy lächelte aufmunternd: "Das ist nett, dass sie dich vorübergehend aufgenommen hat." Irgendetwas an seinem Gesichtsausdruck vermittelte mir den Eindruck, dass das nicht der Fall war. "Gefällt es dir denn bei ihr?", hakte ich vorsichtig nach und erntete ein Schulterzucken. "Sie ist die einzige, die sich nicht offiziell geweigert hat, mich bei ihr wohnen zu lassen. Ich weiß aber ehrlich gesagt nicht, warum. Sie ist nicht wirklich nett. Ich mache jetzt vieles im Haushalt selbst." Ich biss mir auf die Unterlippe. Scheiße... "Ich bin mir sicher, dass es bald besser wird", Randy klopfte ihm auf die Schulter. Titus jedoch schüttelte langsam den Kopf. "Ich glaub nicht. Aber ich schaff' das schon irgendwie. Ich muss das positiv sehen, ich hab schon mehrere neue Kochrezepte gelernt." Er verzog die Lippen zu einem schiefen Grinsen. Ich kannte diese Art von Grinsen nur zu gut. Es war die Art, die man jemandem zeigte, wenn man mit allem am Ende war und keinen anderen Ausweg als Humor sah, um sich aus ernsten Situationen herauszureden. Wäre das eine Disziplin bei den Olympischen Spielen, hätte ich mehrere Medaillen. "Lachen, wenn es nicht zum Weinen reicht, huh Kleiner?", erkannte ich, woraufhin der Jugendliche leicht nickte. "Naja, zum Weinen reicht es alle mal...", runzelte Randy die Stirn. Ich fragte ihn, ob ihm die ganze Hausarbeit nach der Schule nicht zu viel wäre, doch er zuckte erneut die Schultern und winkte ab: "Ach, wenn ich ein bisschen weniger lese und mich bei den Hausaufgaben beeile, dann geht das schon. Ich hab meinen Alltag so optimiert, dass ich morgens kaum was machen muss, dann spare ich Zeit, in der ich nachts schlafen kann. Und mit meinem Haushaltsplan hab ich alles unter einem Hut und ich muss dann nicht die ganze Zeit bei meiner Nachbarin bleiben." Er zeigte gute Miene zum bösen Spiel. Es war nicht akzeptabel, dass ein 13-jähriger Junge sein Leben unter besserer Kontrolle als ich haben musste, um überhaupt um die Runden zu kommen. "Und deine Noten leiden darunter kein bisschen?", erkundigte ich mich neugierig, was er bestätigte: "Alles so wie davor." Er nickte stolz und guckte erneut auf das Stück Erdbeerkuchen herunter, dass er immer noch nicht gegessen hatte. "Jetzt haben wir dich so viele Löcher in den Bauch gefragt, dass du gar nicht zum Essen gekommen bist."
Nachdem ich die Pappteller der beiden in den nächsten Mülleimer geworfen hatte, stellte ich mich Randy und Titus gegenüber. "Sollen wir mit dir zurück auf die Station gehen, auf der deine Oma liegt?" Er reagierte mit einem Nicken auf meine Frage und stand auf. Auch Randy erhob sich nun und folgte uns zum Haupteingang der Klinik. Wir liefen durch die Eingangshalle, an der Kantine vorbei und geradewegs auf den Aufzug zu. Aus diesem stiegen gerade zwei Schwestern aus, eine davon sah mich flüchtig an und wollte sich wieder an ihre Kollegin wenden. Da schnellte ihr Kopf plötzlich zurück zu mir und Randy und sie quietschte leise: "Oh mein Gott!" Ran und ich grinsten uns verstohlen an. "Oh mein Gott, kann ich bitte ein Autogramm von Ihnen haben?!", quiekste sie aufgeregt. Sie reichte Randy mit zitternden Händen einen schwarzen Edding und einen Notizblock. Ran nahm beides an sich und kritzelte eine schnelle Signatur auf ihren Block. Bevor sie verschwinden konnte, lieh ich mir ihren Permanentmarker aus und sah erwartungsvoll zu Titus. "Hast du irgendwas dabei, worauf wir unterschreiben können?" Etwas überrumpelt überlegte er für einen Moment, zog dann sein Handy aus seiner Jeanstasche und hielt es mir hin. Amüsiert unterschrieb ich auf der dunkelblauen Handyhülle und reichte den Marker weiter an Randy, der dem Jungen auch ein Autogramm auf seine Handyhülle gab. "Dankeschön", merkte ich an, als ich der Schwester ihren Edding zurück gab. Einige Momente später stiegen wir in den Aufzug und erreichten das vierte Stockwerk. Titus' Lächeln war wieder zurückgekehrt, wenn auch etwas kleiner als vor dem Erzählen seiner Geschichte.
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Bonny I - Championships und Liebe [Remastered WWE FanFiction]
FanfictionHeyo! Das blaue Chaos macht ab jetzt die blaue Show unsicher. Was ihr dagegen tun könnt? Nada, mis amigos! Ihr könnt mir zu sehen, wie ich meinen Gegnern zeige, dass ich genauso hart austeilen kann wie sie. Im Ring finde ich schnell neue Freunde und...