17 - Der Herr Sohnemann

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Ich sprang aus dem Wagen, was mir meine Rippen mit einem schmerzhaften Stechen dankten, doch dieses Stechen war mir vorerst egal. Dort stand Titus am Straßenrand, er bibberte am gesamten Körper. Ich zog meine Lederjacke aus und lief auf den Teenager zu. "Hier", ich legte ihm meine Jacke um die Schultern und bedeutete ihm, er solle mir zum Auto folgen. "Die bringt wahrscheinlich nicht sehr viel, aber besser als ein T-Shirt ist sie vielleicht schon." Titus nickte nur stumm und trottete mir hinterher. Ich hielt ihm die Beifahrertür auf, da ich wusste, dass Randy's Auto dort eine Sitzheizung hatte. "Geht's dir gut?", fragte der Wrestler den Jugendlichen, der den Kopf schüttelte, sich die tropfnassen Haare aus dem Gesicht strich und betrübt antwortete: "Den Umständen entsprechend." "Ist schon okay, wir kriegen das schon wieder hin", versicherte er ihm und startete den Motor. "Kannst du mir nochmal ein bisschen genauer erzählen, was passiert ist?", bat ich und konnte hören, wie er leise seufzte. "Die Waschmaschine hat plötzlich geschäumt und sie dachte es wäre meine Schuld, dabei hab ich gar nichts damit gemacht. Ich wasche meine Wäsche immer in der Wohnung, in der meine Großmutter und ich leben. Ich weiß auch nicht so wirklich, warum sie so reagiert hat, ich hatte damit wirklich nichts tun. Aber sie hat mich einfach rausgeschickt, sofort. Ich hatte keine Zeit, noch irgendetwas mitzunehmen. Ich stand einfach von einer Sekunde auf der anderen hier draußen." Titus legte den Kopf in den Nacken und atmete geräuschvoll aus. "Ich hatte Glück, dass ich mein Handy in der Hosentasche hatte." Randy sah mich durch den Rückspiegel an. "Wir sollten mit ihr reden", machte er mir klar. Zwar nahm ich seinen Plan an, verschob ihn aber nach hinten: "Ja, ich weiß. Aber das machen wir später. Im Moment ist mein Drang, sie umzubringen, ein bisschen zu groß. Zuerst fahren wir zu deiner Oma", orderte ich und nickte bestimmt. "Danke dass ihr gekommen seid", sprach Titus nach einigen Minuten Ruhe. Ich lächelte warm und aufmunternd und versicherte ihm, dass es kein Problem war.

"Himmel Herrgott, Titus!", rief seine Großmutter aus, als wir das Krankenzimmer betraten, "dass dir nicht kalt ist!" Er verzog die Lippen zu einem schiefen Grinsen und schüttelte den Kopf. "Ist halb so wild, Granny. Wie geht's dir?" "Ach naja", begann sie und legte den Kopf schräg, dann erkannte sie Randy und mich hinter ihrem Enkel und wunderte sich: "Sagen Sie, Sie kenne ich doch. Sie haben doch meinem kleinen Titus Ihren Kuchen gegeben. Haben Sie ihn heute wieder hier getroffen?" Wir schüttelten die Köpfe. "Wir haben ihn hier her-" "Oh! Na, wen haben wir denn da?", ein schlanker Arzt mit grauem Haar marschierte flotten Schrittes in das Zimmer und grinste uns breit an. "Mr. und Mrs. Orton, das ist aber eine Freude. Dieses Mal mit dem Herrn Sohnemann." Erfreut deutete er auf Titus, der sich vermutlich vorkam, wie im falschen Film. "Sie sind die Großmutter, nehme ich an?", wendete er sich an Emma, "Ja, er hat Ihre Augen", bestätigte er sich selbst, ohne eine Antwort abzuwarten. "Wie geht es Ihren Rippen, Mrs. Orton?" Als der Arzt mich genauer betrachtete, runzelte er die Stirn, wahrscheinlich, weil ich den dämlichsten Blick des Jahrhunderts aufgesetzt hatte. "Meinen Rippen geht's soweit gut, aber... Sie haben da irgendwie was falsch verstanden. Ich bin nicht seine Frau", ich zeigte auf Randy, der sich auf die Unterlippe biss, um nicht laut loszulachen, dann auf Titus und kommentierte: "Er ist auch nicht mein Sohn." "Oh entschuldigen Sie, das tut mir wirklich leid!", beteuerte der Doktor, was wir mit einem kurzen Nicken anerkannten. Für Emma's Untersuchung schickte er uns drei für kurze Zeit heraus. Titus schüttelte schmunzelnd den Kopf. "Unglaublich... hört ihr das öfter?" Die Viper und ich sahen uns gleichzeitig an und nickten. "Ständig." "Aber seid ihr denn nicht zusammen?" Wir lachten lauthals. "Nope!", verkündete ich, "Nur gute Freunde." Randy wechselte das Thema, indem er uns darauf hinwies, dass es womöglich besser wäre, uns Gedanken darüber zu machen, was wir als nächstes tun würden, anstatt uns darüber zu unterhalten, wie oft er und ich für ein Paar gehalten wurden. "Du hast Recht", erkannte Titus und steckte die Hände in die Hosentaschen, "ich... ich weiß nicht was ich machen soll. Ich meine, was ist, wenn sie mich nicht wieder reinlässt? Ich hab doch alle meine Sachen da? Oh shit, ich muss morgen in die Schule! Was soll ich tun!?", schob er Panik und raufte sich die klitschnassen Haare. "Beruhig dich, wir kriegen das hin", ich klopfte ihm auf die Schulter. "Hat deine Großmutter einen Schlüssel für eure Wohnung dabei?" "I-Ich weiß nicht...", entgegnete Titus. "Wenn sie einen hat, dann könntest du zumindest in eure Wohnung zurück. Wo sind deine Schulsachen?" Der Teenager erklärte, dass er sie in sein Zimmer gebracht hätte und erst danach zu Karen gegangen wäre. Sein Portemonnaie, seine Schlüssel und ein Buch, dass er für die Schule lesen müsse, seien bei ihr. Randy stellte fest: "Wenn wir also einen Schlüssel für eure Wohnung auftreiben können, dann könntest du morgen trotzdem in die Schule gehen?" Der Junge schien unsicher, nickte aber. "Ich denk' schon. Ich brauche aber eigentlich auch das Buch und mein Portemonnaie. Ohne Ticket kann ich nicht mit dem Bus zur Schule fahren und ohne Geld kann ich mir nichts zu essen kaufen." Eine Krankenschwester lächelte uns freundlich an, als sie an uns vorbei lief. "Ich kann dich hinbringen und abholen", schlug ich vor, "und Taschengeld für dein Pausenbrot kann ich dir auch geben." Titus' Augen wurden ganz groß. "Bekommst du Ärger, wenn du das Buch nicht dabei hast?" Da es noch drei Ersatzbücher im Klassenzimmer gäbe, sollte das kein Problem sein, das sagte zumindest Titus. "Wenn wir euren Schlüssel bekommen, holen wir die wichtigsten Sachen. Dann kannst du in deiner Wohnung bleiben. Oder du kannst in meinem Hotelzimmer schlafen. Oder ich schlafe bei Randy oder Rollins, dann hast du mein Zimmer für dich alleine." Prüfend blickte ich hinauf zu Randy, der mir zu nickte. "Oder du könntest bei meiner Tante schlafen", fiel mir dann ein, "Ja, ich glaube, das könnten wir auch machen. Kommt drauf an, was dir lieber ist. Und morgen fahr ich dich zur Schule und geb' dir ein bisschen Geld für das Mittagessen mit." Titus nickte verstehend, er war ruhiger geworden. "Wenn deine Großmutter keinen Schlüssel für eure Wohnung dabei hat, dann trete ich Karen's Tür ein", kündigte ich an und stemmte die Hände in die Hüften. "Mit geprellten Rippen?", lachte Ran amüsiert, was ich mit einer wegwerfenden Handbewegung abtat. Mit dem selben Tempo, wie er hereingestürmt war, verließ der Arzt das Krankenzimmer schon wieder und winkte uns verabschiedend zu. Emma drehte ihren Kopf zu uns, als wir wieder eintraten. Titus setzte sich sofort an die Bettkante. "Granny, hast du deinen Schlüssel dabei?" "Ja, warum frägst du? Ist etwas passiert? Hast du ihn verloren?" Er schüttelte den Kopf und senkte den Blick. Beschämt und zugleich niedergeschlagen schilderte er seiner Oma, was zuvor bei Karen passiert war. Sie zog die Augenbrauen zusammen und schüttelte stumm den Kopf. Ich hätte ihr nicht zugetraut, dass sie jemals so böse schauen könnte. "Ich fasse es nicht", murmelte sie und sah dabei ihren Enkel an. Dann orderte sie: "Komm mal um das Bett herum, Titus", und deutete auf eine Tasche neben dem einklappbaren Tisch auf Rollen. "In der vorderen Tasche, da drinnen, da müsste ich den Schlüssel reingelegt haben." Titus tat, wie ihm befohlen und kramte in der Tasche, bis er den Wohnungsschlüssel über seinen Kopf hob und: "Hab ihn!", rief. Gute Nachricht. "Wenn es Ihnen nichts ausmacht, Emma", begann ich und trat etwas näher an das Bett, "dann könnte ich mich ein bisschen um Titus kümmern. Und ich werde ein ernstes Wort mit Karen reden müssen." Ein ehrliches Lächeln bildete sich auf ihren Lippen. "Das wäre zu lieb. Ich wäre dir unglaublich dankbar, meine Liebe." "Keine Ursache, ich mach das." Titus lächelte leicht und seine Großmutter nickte ihm aufmunternd an. "Was auch immer du tust, Liebes", sie schaute mir eindringlich in die Augen, "pass mir gut auf meinen kleinen Jungen auf."

Bonny I - Championships und Liebe [Remastered WWE FanFiction]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt