32 - Schleimbatzen

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"Weißt du", begann ich, "der Ruf von Leuten reist schneller als ihr Schatten. Man hört Dinge. Und man sieht Dinge", ich verzog das Gesicht und hatte ihn und Summer vor Augen. Dieses Bild würde ich wohl nie vergessen können. "Und man bildet sich ein, dass es ganz anders ist, als es aussieht. Aber irgendwann sieht man der Realität in's Gesicht und erkennt, dass es gar keinen Sinn hat, sich selbst zu belügen. Dass es keinen Sinn hat, sich vorzuhalten, dass es anders ist, als es aussieht, weil es eben genau das ist, wonach es aussieht. Aber das ist okay. Ich hab mich irgendwie auch für euch gefreut", log ich und schlug meine Augen wieder auf. War es wirklich gelogen? Zum Großteil, ja. "Aber irgendwie sieht man euch nicht mehr wirklich zusammen." "Wovon redest du?" Musste ich ihren Namen wirklich aussprechen? "Von Summer Rae...?", antwortete ich knapp und eher fragend. Rollins verstand anscheinend nicht, was ich von ihm wollte. "Ich hab euch beide gesehen. Anfang November." Vor fünf Monaten. Vor fünf Monaten hatte sich dieses Bild in meine Netzhaut gebrannt. Seit fünf Monaten schwebte mir der Anblick von den beiden im Kopf herum. "Ich hatte eigentlich vor, dich zu fragen, ob du mit mir ausgehen willst", erzählte ich und bereute meine Wortwahl sofort. Jetzt würde er denken, ich hätte ihn auf ein Date einladen wollen. Streng genommen wäre es wohl darauf hinauslaufen. "Dann hab ich gesehen, dass du gerade mit ihr vor deinem Hotelzimmer beschäftigt warst und bin wieder gegangen. Auf dem Weg hab ich Ran getroffen und wir sind einen trinken gegangen." Super, Bonny. Keine außer dir schafft es, in einem einzigen Atemzug zu sagen, dass sie einen Ersatz gefunden hat und sich betrinken musste, um den Verlust zu verkraften. "Oh", dämmerte es ihm dann, "Oh nein, du hast das falsch verstanden." Ich hob beide Augenbrauen an und ein kleines, fassungsloses Lächeln bildete sich auf meinen Lippen: "Es gab nicht wirklich viel, was ich da falsch herein interpretieren konnte." "Nein, das war nicht... das war nicht, das war...", er stöhnte frustriert auf und schlug gegen die Brüstung. Dann beichtete er kleinlaut, so verletzlich, wie ich ihn noch nie erlebt hatte: "Es war ein One Night Stand." Ich schaute ihn verwundert an, er hatte die Unterarme wie ich auf die Brüstung gestützt, den Blick gesenkt und die Augen geschlossen. Ich konnte förmlich riechen, dass er viel Überwindung hierfür gebraucht hatte. "Ich wollte an der Hotelbar ein Glas trinken. Aus einem Glas wurden vier und dann kam Summer vorbei. Das war ein Fehler. Sie war ein Fehler. Das war niemals etwas Ernstes. Es war nicht geplant. Ich wollte auf andere Gedanken kommen und dann kam sie vorbei. Ich wollte nie...", er verzog angewidert das Gesicht, "Ich wollte nie für längere Zeit mit ihr zusammen sein. Das alles ist einfach so passiert. Um dich aus meinem Kopf zu kriegen." Verblüfft lachend sah ich zu ihm auf: "Mich? Seit wann das?" "Sweetheart...", lächelte er. Sofort musste ich grinsen. So sehr ich diesen Spitznamen anfangs gehasst hatte, musste ich heute zugeben, wie sehr ich es liebte, wenn er mich so nannte. "Du machst doch sonst so einen intelligenten Eindruck." Meine Kinnlade fiel um ein Stockwerk. "Willst du damit sagen, dass ich dumm bin, Kingslayer?", fragte ich empört und boxte seine Schulter. "Das waren jetzt deine Worte. Es war doch so offensichtlich. Ich meine... komm schon!", er drehte sich etwas zu mir und strich mir eine Haarsträhne hinter mein Ohr. Die Schultern zuckend nickte ich. "Vielleicht hast du Recht. Vielleicht war es ein bisschen offensichtlich", gestand ich und schmunzelte. "Hey, wenn du schon lächelst, dann sieh mich wenigstens an und zeig es mir", orderte er, woraufhin ich meinen Blick wieder auf den Architekt richtete und ihn breit angrinste. Er starrte mich stumm an, was mir nach einer gefühlten Ewigkeit wieder die Möglichkeit gab, ihm in die Augen zu gucken und mich in ihnen zu verlieren. "Bonny?" "Uhhh... was? Wie, warum, ich hab grad nicht aufgepasst", brabbelte ich und lachte, was Rollins glucksen ließ. "Ich hab dich gefragt, ob alles okay ist. Und dir gesagt, wie wundervoll du aussiehst." "Das hast du davor schon." "Ja, aber es ändert nichts an der Tatsache." "Schleimbatzen." Ich schüttelte grinsend den Kopf und spürte, wie er seine Arme wieder um mich legte, so wie nach dem Royal Rumble. Ich fühlte mich ihm schon wieder so nah. So nah, wie ich mich ihm nur gefühlt hatte, wenn ich in seinen Armen eingeschlafen war, oder sein Kopf die ganze Nacht lang auf meiner Schulter gelegen hatte, oder wenn wir einander umarmt hatten und uns ewig lang in die Augen gestarrt hatten. "Es tut mir leid, Bonny", gab er zu, "Ich hatte keine Ahnung, dass du das gesehen hast und es dich so beeinflusst hat." "Beeinflusst", wiederholte ich spöttisch lachend, "beeinflusst ist ein gutes Wort. Verdammt, ich hab dich deshalb mehrmals angezickt und diesen Anblick jedes Mal vor Augen gehabt, wenn du mir näher gekommen bist", offenbarte ich. "Es ging nicht einmal darum, dass ich eifersüchtig war, weil ich schon sicher war, dich in meiner Tasche zu haben. Ich war nur...", ich zögerte und richtete meinen Blick in seine Augen, "ich war irgendwie verletzt, denke ich. Ich hab mich kurz selbst nicht mehr wiedererkannt. Sowas hätte mich damals niemals interessiert. Alles was mit Liebe zu tun hat. Das wäre mir so egal gewesen. Aber ich wollte nicht an zweiter Stelle stehen. Das wollte ich noch nie. Außerdem wollte ich, dass du glücklich wirst. Und wenn sie dich glücklich gemacht hätte-" Rollins unterbrach mich abrupt: "Hätte sie nicht. Niemals. Niemals so sehr wie du." Ich verdrehte grinsend die Augen und legte meine Arme in seinen Nacken. "Okay, schon gut. Du stehst auf mich, ich steh auf dich, jetzt ist es offiziell. Aber kannst du mit deinem romantischen Gelaber aufhören?" Sein Lächeln strahlte heller als die Sterne über uns. "Sieh an", grinste er, "sieh an, wer es endlich gesagt hat." Ich zog ihn in eine feste Umarmung und legte meinen Kopf auf seine Schulter. "Schön, dass du zufrieden bist, Sweetheart." Seth drückte mich fest an sich, mir wurde plötzlich ganz warm. Ich genoss den Moment. Als wir uns wieder voneinander lösten, nahm er mein Gesicht in seine Hände und guckte mir in die Augen. "Darf ich?" "Da frägst du noch?" Ich packte ihn buchstäblich am Kragen, zerrte ihn zu mir herunter und legte meine Lippen auf seine. Er begann, süß zu Lächeln. In meinem Bauch flatterten die Schmetterlinge. Ich musste es mir endlich selbst eingestehen. Vielleicht bestand die Möglichkeit, dass ich ihn nicht hasste. "Am Anfang hätte ich dich am liebsten zerhackt. Als wir uns kennengelernt haben und ich dich auch danach nicht besonders leiden konnte, da hätte ich dich wirklich gerne zu Kleinholz verarbeitet. Aber irgendwie bin ich ja doch glücklich, dich zu kennen." Seth ging ein Schmunzeln auf. "Ich glaube, du bedeutest mir mehr, als ich denke. Aber du musst mir noch ein bisschen Zeit geben, bis ich die magischen drei Worte aussprechen kann." "Ich dich auch", erwiderte Seth lachend und beugte sich ein Stück zu mir herunter, um mir einen zarten Kuss auf die Stirn zu drücken. "Ich gebe dir alle Zeit der Welt, Sweetheart."
"Du siehst großartig aus", stellte ich dann fest und legte seinen Hemdkragen um. Seth Rollins war heute offiziell ein Man In Black. Das weiße Hemd, der Anzug und die zusammen gebundenen Haare standen ihm wirklich ausgezeichnet. "Danke, Sweety. Aber im Gegensatz zu dir ist das noch gar nichts." "Ich weiß, ich weiß", ich wollte meine Haare über meine Schulter werfen, doch da sie in einer kunstvollen Hochsteckfrisur gefangen waren, ging das nicht, also drehte ich eine lose Haarsträhne, die mein Gesicht umrahmte, an meinem Zeigefinger herum. "Ich sehe heute einfach fantastisch aus. Ich dachte mir schon, dass ich dir heute gefallen würde." "Du gefällst mir jeden Tag, Bonny. Das ist ja das Problem."

Bonny I - Championships und Liebe [Remastered WWE FanFiction]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt