Kapitel 5.

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Er stellte die beiden Töpfe auf den Tisch. Nudeln mit Bolognese. Lecker roch es alle Mal. Er deckte den Tisch zu Ende und setzte sich vor Kopf. Er tat mir etwas auf den Teller und dann sich. "Guten Appetit!" ich nickte. Das war zu viel. Viel zu viel. Nicht zu viel zu essen, nein sondern zu viel für meine Nerven. Ich legte die Gabel wieder hin und starrte ins Essen.

Ich spürte seinen Blick auf mir. Er aß wie ein Walross. Er musste wirklich Hunger haben. Mir war der Hunger vergangen. Ich wusste selber nicht wieso. Es war einfach zu viel. Das passte einfach nicht alles in meinen kleinen, migriegen Kopf rein. Ich wurde entführt, zum zweiten Mal in meinem Leben, ich hatte ständig Flashbacks, musste ständig an meine verstorbene Mutter denken und an meinen Vater, der mich in diese Lage gebracht hatte, der Junge neben mir war viel zu nett und heiß, um mein Entführer zu sein und ahhrg!

Ich legte meine Hände in den schoß und schaute nein, starrte sie an. "Ist alles in Ordnung?"

Süß er macht sich Sorgen!

Pscht! "Nein... Ich ehm es ist einfach grade ein bisschen viel für mich." Ich sah nicht auf. Ich weiß nicht wieso, aber es war mir peinlich. "Hey, schau mich an." Ich hob langsam meinen Blick "Wäre ich an deiner Stelle, wäre ich schon lange durchgedreht. Ich weiß gar nicht, wie du es schaffst so locker und ruhig zu bleiben. Ich würde es beruhigender finden, wenn du schreiend vor mir weglaufen würdest und das müsste dir auch nicht peinlich oder sonstwas sein, okay? Ich würde das verstehen."

Das war zu viel, das war zu viel! Jetzt verstand er auch noch was ich fühlte! "Danke." flüsterte ich leise und nahm die Gabel in die Hand. Das Essen schmeckte fantastisch. "Ist sehr lecker!" "Danke"

Diese Tischkonversation ist ja unglaublich Isabelle!  Los rede mit ihm!

Und über was bitteschön? Du Schlauberger!

Wie wäre es mit: Hast du eine Freundin?

Genau und dich stecke ich in die nächst beste Kuckucksuhr! Grundgütiger! Auf was für Ideen du nur manchmal kommst.

Ich bin du und du bist ich.

Na gut ich überlege mir was. Nicht seine Mutter, aber Familie insgesamt ist doch ok, oder? Wieso frage ich dich überhaupt?

"Hast du Geschwister?" mit einem schmunzeln im Gesicht sagte er "Versuchst du Smalltalk zu betreiben, oder interessiert es dich wirklich?" Ich gab ihm die ehrliche Antwort "Es interessiert mich wirklich." Er überlegte kurz und wirkte traurig. Er dachte nach dann fing er langsam an zu sprechen "Na dann. Ehm ja, ich habe einen großen Bruder, der ist 26 und arbeitet in der Nähe und...." Er hörte auf zu reden. Komisch, anscheinend schien er etwas zu verbergen, aber wo wir schon beim Thema Alter sind "Wie alt bist du eigentlich?" "23 und du?" das Schmunzeln in seinem Gesicht ging nicht mehr weg. So ein Idiot!

"22, hast du Hobbys?" nun musste auch ich grinsen, er zog einen Schmollmund und sagte "Das klingt jetzt aber hart. Ja natürlich habe ich Hobbys. Ich kellnere in einem Restaurant namens Embrella und gehe Boxen. Ich lese viel... Sonst eigentlich nicht viel. Was ist mit dir?" wow da hatte er mir sogar direkt seinen Job verraten. Er schaute verlegen drein. Es war ihm peinlich, sein Job als Kellner "Kellnern ist ein toller Job und wenn es das ist, was du machen möchtest ist es genau das Richtige." Er schaute mich dankbar an "Ja, ja ich weiß nicht was ich sonst machen könnte und es macht unheimlich viel Spaß zu kellnern. So und jetzt du."

Das gefiel mir, er hatte sich kein großes Ziel gesetzt und machte das was er wollte, er war frei. "Ich studiere Medizin und kann wahrscheinlich so ziemlich jede Kampfsportart. Angefangen bei Judo bis zu Krav maga. Ich lese jedes Buch was ich in die Finger kriege und ja... Das wars" er sah mich mit einem undefinierbaren Blick an.

"Wieso hast du mich nicht schon längst ausgenockt und bist abgehauen? Also abgesehen davon, dass ich nicht glaube das du mich umhauen könntest." sagte er mit einem selbstverliebten Lächeln. Auf diese Frage hatte ich gewartet. Ich zuckte mit den Schultern  "Das hätte keinen Sinn, sie würden mich wieder einfangen oder sonstwas und außerdem wüsste ich nicht wo ich dann hingehen könnte."

"Lieblings Farbe?" fragte ich um die angespannte Stimmung zu lösen. "Ehm... Gelb und orange und deine?" "Irgh wiederlich. Dunkel blau und schwarz." er fing an zu lachen "Hey, sag nichts gegen gelb und orange" jetzt mussten wir beide lachen.

"Wieso? Wieso gelb und orange?" er überlegte nicht lang "Es sind die Farben des Sonnenuntergangs. Ich sehe gerne den Sonnenuntergang. Und wieso blau und schwarz?" das war nicht schwer "Der Ozean, ein dunkles blau und an den tiefsten Stellen dunkel und schwarz. Niemand weiß was da unten ist. Es ist ungewiss."

Kurz war es still, dann fragte er "Welche Eigenschaft an dir magst du am wenigsten?" nicht schwer "Meine Sturheit. Naja ich liebe und hasse sie, kommt immer drauf an. Bei dir?" Jetzt wurde er still, er hatte gehofft, dass ich nicht zurück frage. "Ich werfe immer alles Gute, was mir über den Weg läuft, weg. Immer ist alles gut und bumm komme ich und mache alles kaputt. Das ist wahrscheinlich keine Eigenschaft, aber es stört mich. Ich..." er sprach nicht weiter, doch ich wusste was er sagen wollte. "Du hasst es oder?" er schaute zur Seite und dachte nach. Dann nickte er.

Ich konnte verstehen was er meinte, ich hatte es selbst selten erlebt, aber ich hatte auch noch nie etwas wirklich, wirklich gutes erlebt. Jayden stand auf und fing an den Tisch abzudecken. Ich stand auf und half ihm. Dann ging er zur Tür und wartete dort auf mich. Wir hatten doch tatsächlich schon 22 Uhr durch. Er schaltete das Licht aus und ich folgte ihm in sein Zimmer.

Er ging auf seinen Schrank zu und holte eine Jogginghose und ein T-Shirt raus und warf es mir zu. "Du kannst zuerst ins Bad." Ich ging ins Bad und zog mich um. Die Sachen waren wie erwartet viel zu groß, aber es war mir egal. Eine frische Zahnbürsten lag am Beckenrand, ich nahm sie einfach und ging dann ins Zimmer zurück.

Er hatte sich auch umgezogen. Ein T-Shirt und eine kurze Jogginghose. Ich setzte mich auf die Matratze während er ins Bad verschwand. Als er wieder kam legte er sich in sein Bett und schaltete das Licht aus. "Gute Nacht Isabelle." "Gute Nacht Jayden."

Es blieb lange still. Ich hörte wie er gleichmäßig atmete. Ich hoffte auf einen Traumlosen Schlaf, doch der blieb mir verwährt.

Entführt!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt