„Alles okay, Simon? Das ist nur ein Computerraum." Verwirrt schaute Feivel seinen Freund an, der noch immer wie hypnotisiert auf die zahlreichen Computer starrte.
„Ja, ich freue mich nur!" Der kleine Hengst hatte ein unnatürlich breites Grinsen auf dem Gesicht. „Ich dachte, ich würde hier in dieser komischen Naturwissenschaftsuni überhaupt keine Möglichkeit haben, meinem Hobby nachzugehen." Ein belustigtet Grummeln verließ seine Lippen. „Hier in der Pampa ist nämlich nichts mit mobilem Internet."
„Dein Hobby?" Mit hochgezogenen Augenbrauen betrachtete Feivel einige Pferde, die an den großen, schwarzen Computern herumtippten, die auf einigen in matten Grautönen gehaltenen Tischen aufgereiht waren. Die einzelnen Arbeitsbereiche waren mit dünnen Trennwänden voneinander abgegrenzt, um zumindest ein wenig Privatsphäre zu schaffen.
Simon beugte sich zu ihm und senkte aufgeregt die Stimme. „Hacken", hauchte er beinahe andächtig.
Feivel hob den Kopf. „Hacken?"
„Pschhhht!", zischte der Schecke und sah sich verstohlen um. „Die sollen nicht wissen, dass ich mit Leichtigkeit meine Prüfungsergebnisse fälschen könnte."
„Sowas geht?" Feivel war beeindruckt. Zwar war etwas derartiges bei seinen Noten nie nötig gewesen, doch es konnte sicherlich nicht schaden, einen IT-Spezialisten im Freundeskreis zu haben.
„Ja, aber jetzt lass uns diesen Raum 2.05 suchen", wechselte Simon das Thema.
„Du hast Recht, nicht dass wir doch noch zu spät kommen", stimmte Feivel ihm zu und sie verließen den Computerraum wieder, der eine Art Durchgangsraum bildete. Allerdings nicht ohne ein paar neidische Blicke Simons, die er in Richtung der tippenden Pferde schickte.
Wieder ein Gang. Diesmal zweigten davon keine Büros, sondern Hörsäle ab. Vereinzelte Studenten huschten ebenfalls suchend durch den weitläufigen und verwirrend uniformen Korridor, die meisten schienen ihre Treffpunkte jedoch bereist gefunden zu haben.
Feivel beschleunigte seine Schritte. Jede der Türen, die in einem satten Rotton gefärbt waren und von denen teilweise bereits der Lack abblätterte, war mit einer Nummer versehen. Allerdings beinhaltete keine davon eine zwei vor dem Punkt. B1.01, B1.02, B1.03...
„Unser Saal muss ein Stockwerk höher liegen", spekulierte Feivel.
Tatsächlich. Am Ende des Flurs führte eine breite Treppe nach oben. Zusätzlich war die Wand daneben mit einem Pfeil versehen, der die Beschriftung „B2.01 bis 2.12" trug.
„Du hast Recht." Simon stieg die steinernen Stufen hinauf. Feivel folgte.
Der gesuchte Hörsaal lag etwa mittig des Korridors, der sie oben erwartete. Eine Tür stand offen und man hörte ein paar Gesprächsfetzen heraus wehen. Aus der nicht ganz geringen Lautstärke schloss Feivel, dass ihr Dozent noch nicht eingetroffen war.
Ohne zu zögern schritt Simon hinein und sah sich mit erhobenem Kopf nach einem geeigneten Platz um. Feivel dagegen tapste ihm etwas zögerlich nach. Die Masse an quasselnden Studenten schüchterte ihn zugegebenermaßen ziemlich ein. Die meisten von ihnen hatten bereits hinter den Rängen des Hörsaals Stellung bezogen und unterhielten sich angeregt über die Bänke hinweg mit ihren Freunden.
„Das ist doch eine gute Position für uns." Mit einer selbstbewussten Kopfbewegung deutete Simon auf zwei freie Plätze in der dritten Reihe.
Feivel gab ein zustimmendes Nicken von sich. Nicht zu weit vorne, aber auch nicht so weit hinten, dass man nichts mehr von Unterricht mitbekam.
„Guten Morgen!" Ein schwarzer Hengst in dunkelblauem Laborkittel kam in den Saal gerauscht. Sein rechtes Vorderbein wies ein schneeweißes Abzeichen auf, das ein bisschen so aussah, als hätte er seinen Huf in einen Farbeimer getunkt und als er sich die kursgeschnittene Sportmähne aus dem Gesicht schnippte, kam eine keilförmige Blesse auf seiner Stirn zum Vorschein.
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Das Geheimnis der Winters Academy
JugendliteraturDas Blut in seinen Adern gefror. Mit aufgerissenen Augen starrte er die Gestalt an, die sich bedächtig aus den Schatten löste und in das spärliche Licht trat, das aus den Fenstern der Winters Academy nach draußen drang. „Ray- Raymon, was machst du...