Angespannt scharrte Feivel mit den Hufen über den Boden. Der Appetit auf den Salat, der noch immer völlig unberührt auf seinem Teller lag, war ihm mit einem Schlag vergangen. Stattdessen schrie jede Faser seines Körpers danach, sofort zu Kira zu rennen und sie über all die Dinge auszuquetschen, die sie ihm und nahezu allen ihrer Mitarbeiter verschwieg. Wenn er länger darüber nachdachte, waren das eine ganze Menge Dinge. Er hatte nicht einmal Informationen darüber erhalten, wie das Serum zusammengesetzt war, das Clementine und er ihrem Patienten Jackson als Krebsimpfung verabreichten, geschweige denn hatte er jemals einen vernünftigen Einblick in die Forschungen gewonnen.
Sanft und für Simon und Skyla kaum realisierbar, stupste die Schimmelstute ihn in die Seite. Langsam wandte Feivel sich zu ihr um und erkannte in ihrem Blick ganz deutlich die Frage: „Sollen wir es ihnen sagen?"
Nahezu unmerklich schüttelte er den Kopf. Er wollte seine Freunde nicht auch noch in dieses Schlamassel hineinziehen. Wer wusste schon, was die Winters Academy tatsächlich plante? Die Dokumente auf Kiras Computer wiesen definitiv auf weitaus mehr hin, als nur ein paar illegale Krebsforschungen.
Da stampfte Simon mit einem Mal entschlossen mit einem seiner kleinen, robusten Hufe auf dem Boden auf. „Wir müssen unbedingt mehr darüber herausfinden!"
Alarmiert riss Feivel die Augen auf. Das war genau das, was er verhindern wollte. Mit einer beruhigten Geste senkte er den Kopf. „Bestimmt sind diese Dokumente nicht so wichtig ...", versuchte er die Sachlage irgendwie zu entschärfen.
„Etwas, das sich in einem Ordner befindet, der Streng geheim heißt, ist niemals nicht so wichtig!", entrüstete sich Simon. Wenn der Schecke sich einmal etwas in seinen Dickschädel gesetzt hatte, ließ es ihn nicht mehr so schnell wieder los. Vor allem jetzt, wo er seinen USB-Stick endlich wiederhatte, schien sein Tatendrang unbändig.
„Ihr solltet euch erstmal lieber auf eure Noten konzentrieren", wandte nun auch Skyla ein. Simons miese Leistungen waren ihr nicht entgangen.
„Ach was." Simon rollte nur die Augen. „Ich hab mich schonmal in die Notenliste eingehackt und werde es wieder tun, wenn es nötig ist." Seine Augen waren zusammengekniffen vor Antrieb und Verbissenheit.
„Wir wären um ein Haar erwischt worden!", wieherte Feivel aufgebracht. Ein zweites Mal würde er sicher keinen Stick von seinem aggressiven Erzfeind zurückholen.
Kritisch eine Braue hochgezogen musterte Simon ihn. „Was meinst du damit?"
Um nicht noch mehr zu sagen, biss sich Feivel reflexartig auf die Lippen. Ein kurzer Schmerz durchzuckte ihn und klärte seine Sinne. „Hätte irgendjemand anderes als Clementine den Stick gefunden, wären wir sicherlich nicht so glimpflich davongekommen", schüttelte er sich rasch eine halbwegs plausible Antwort aus dem Fell.
„Was, wenn er es nicht schafft?" Skyla warf einen besorgten Blick hinüber zu Simon.
„Wenn wer was nicht schafft?" Mit verwirrter und zugleich grimmiger Miene wirbelte Clementine ihre dichte, hellbraune Mähne durch die Luft.
„Simon, das Studium hier. Wir kennen doch alle seine Noten." Sentimental ergriff Skyla seinen Huf.
Einen minimalen Moment glaubte Feivel, einen kleinen Funken der Eifersucht in Clementines Augen aufblitzen zu sehen. Ein kurzes Zucken des Mundwinkels der Stute, dann waren ihre Züge wieder verschlossen und unlesbar. Verwundert sah er zwischen den dreien hin und her. Ihm war nicht entgangen, dass Clementine sich in Skylas Anwesenheit manchmal etwas seltsam verhielt. Sei es, dass sie noch mehr aufdrehte, als ohnehin bereits, oder einfach etwas mehr lächelte. Die beiden Stuten hatten eine Vergangenheit, da war er sich sicher.
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Das Geheimnis der Winters Academy
Fiksi RemajaDas Blut in seinen Adern gefror. Mit aufgerissenen Augen starrte er die Gestalt an, die sich bedächtig aus den Schatten löste und in das spärliche Licht trat, das aus den Fenstern der Winters Academy nach draußen drang. „Ray- Raymon, was machst du...