Kapitel 13

36 2 0
                                    

Mit leise knirschenden Hufen trat Feivel auf das unscheinbare Eisentor zu, das zwischen den massiven Steinen der Mauer borgen war. Es lag in der Nähe des Haupteingangs der Winters Academy und diente eigentlich als Mitarbeiterausgang. Für die Studenten wurde der Haupteingang nur am Tage geöffnet. Um diese Zeit durfte Feivel als ein solcher genau genommen gar nicht mehr draußen unterwegs sein. Doch als Kiras Beauftragter genoss er das Sonderrecht, das Gelände immer verlassen oder betreten zu können. Zu diesem Zweck hatte die Friesenstute ihm den Schlüssel für den Nebeneingang anvertraut. Klackend drehte er sich im Schloss und das dünne Türblatt schwang leise quietschend beiseite.

Im Schutze der nächtlichen Dunkelheit wand sich Feivel unter der schweren Mauer hindurch. Hoffentlich hatte Simon nichts von seiner langen Abwesenheit bemerkt. Eigentlich hatte er damit gerechnet, dass er weniger lange brauchen würde, aber die Suche nach dem Gewebelabor und der Plausch mit Mallory hatten doch mehr Zeit in Anspruch genommen als gedacht.

Gerade wollte der Hengst in Richtung des spärlich beleuchteten Haupthauses weiter ziehen, als sich eine schemenhafte Gestalt aus der finsteren Umgebung löste.

Bedrohlich ächzende Atemzüge drangen an seine unruhig zuckenden Ohren. Wabernde Dunstwolken stoben aus den bebenden Nüstern des im Schatten verborgenen Pferdes. Ein Wiehern. Leise aber dennoch unheilvoll.

Mit einem Mal waren Feivels Glieder wie schockgefrostet. Vollkommen unfähig sich zu bewegen, riss er die Augen auf, als er den gescheckten Pelz seines Gegenübers erkannte.

Wie in Zeitlupe löste Raymon sich aus der Nacht und stolzierte auf ihn zu. Nach und nach schienen seine harten Züge deutlicher vor dem dunklen Hintergrund moduliert. Eine kleine Laterne an der Hauswand warf gerade so Gegend Licht auf die beiden hinab, dass Feivel das gefährlich silbrige Blitzen Rays Augen ausmachen konnte.

„Was hast du hier zu suchen?", fauchte er ihn an. Seine Stimme war leise aber so scharf, dass man Eisen damit schneiden könnte. Mittlerweile lag nur noch knapp ein Meter zwischen seinem verkniffenen Gesicht und Feivels schutzlos ausgelieferten Nüstern.

„Ich...", stammelte er überrumpelt. Einen Moment lang schrie alles in ihm nach Flucht. Seine Beine zitterten und in seinen Ohren rauschte das Blut. Doch dann besann er sich eines Besseren. Was immer Ray nun schon wieder von ihm wollte, diesmal würde er sich gegen ihn behaupten. Ein weiteres Mal wollt er sich nicht von diesem aufgeblasenen Möchtegern verprügeln lassen.

Tief ausatmend stampfte Feivel mit den Vorderhufen auf dem steinigen Boden auf. Die Ohren klappte er voller Anspannung nach hinten und sein Schweif stellte sich auf. „Was hast du hier zu suchen?", wiederholte er Raymons Frage in aggressiverem Ton.

Ray baute sich vor ihm auf und lies die Halsmuskeln spielen. „Das geht dich gar nichts an, du räudiges Fohlen. Im Gegensatz zu dir gehört mir der Laden hier." Mit zusammengekniffenen Augen funkelte er ihn an.

Mit aller Macht versuchte Feivel dem Eisblick standzuhalten. „Na und?", schnaubte er. Das Zittern, das langsam aber sicher wieder die Kontrolle über seinen Körper gewann, unterdrückte er so gut es ging.

Da senkte Ray auf einmal seinen gescheckten Schädel nieder. Langsam und bedrohlich zog er ein kleines, graues Objekt hervor. Es baumelte an einer dünnen Schnur herab und blitzte im bläulichen Mondlicht auf. Feivels Augen weiteten sich. Sein ganzer Körper bebte vor Furcht, was als nächstes passieren würde. Was hatte Ray nur vor? Angestrengt versuchte Feivel sich auszumalen, was im Kopf des Fuchsschecken vergehen mochte.

„Schau mal, was ich hier habe." Mit einem dreckigen Grinsen sah Ray ihn an. Das unscheinbare Objekt in seinem Huf schwenkte er nun in den spärlichen Schein der Laternen.

Das Geheimnis der Winters AcademyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt