Bunte Lichter und ein beißender Geruch nach Alkohol schlugen Feivel entgegen. Wie benebelt vom Lärm der johlenden Menge und dem dröhnenden Bass, taumelte er auf die Wiese.
Nahezu sämtliche Studenten der Winters Academy schienen auf dem Platz versammelt. Es waren bestimmt über 1000 Pferde anwesend, die sich entweder lautstark in Grüppchen unterhielten, übel riechende Getränke aus Pappbechern schlürften oder über die Tanzflache rotierten. Feivel war sich noch nicht sicher, ob er sich mit einer derartigen Atmosphäre anfreunden konnte. Zwar waren ihm große Pferdemengen eigentlich nicht sonderlich geheuer, doch in der Anonymität der Dunkelheit verspürte er dennoch so etwas wie Sicherheit.
Plötzlich wurde der Hengst von etwas angerempelt. Erschrocken schnaubend fuhr er herum und sah suchend um sich.
Eine schon leicht angetrunkene Schimmelstute mit langer, brauner Mähne und andalusischem Körperbau schaute zu ihm auf. „'Tschuldigung, ist echt viel los hier." Sie musste sich bemühen, laut genug zu sprechen, da der Lärm der Feier ohrenbetäubend war.
Er nickte. „Schon gut."
„Komm, wir holen uns was zu Trinken", schlug die Stute vor und schob sich ohne eine Antwort abzuwarten an einigen grölenden Pferden vorbei in die Menge.
„Warte, wer bist du überhaupt?" Feivel eilte ihr nach. Jetzt schon war er vollkommen überfordert mit der ganzen Partysituation, obwohl er erst seit höchstens fünf Minuten hier war.
Zielstrebig wühlte sich die Schimmelstute über den Platz und kam schließlich am Getränkeausschank zum Stehen. Da sie ein erstaunlich flottes Tempo vorlegte, hatte Feivel Mühe mit ihr mitzuhalten.
Keuchend bremste er neben seiner neuen Bekannten ab, die bereits dabei war, etwas bei dem Apfelschimmel hinter der instabilen Theke zu ordern. Der Stand bestand aus einem notdürftig vor der Hauswand aufgestellten Klapptisch und war umringt von Pferden.
„Bitteschön!" Dreckig grinsend schob der Apfelschimmel der Stute vor sich zwei Pappbecher zu, die er mit einer undefinierbaren Flüssigkeit befüllt hatte. Rick Baylee. Wer sonst würde freiwillig diesem Job übernehmen. Feivel vermutete, dass Ray seinen Kumpel dazu genötigt hatte, sich heute Abend um den Ausschank zu kümmern, da sich niemand anderes dafür bereiterklärt hatte. Glücklicherweise war der Fuchsschecke selbst nirgendwo zu sehen.
„Ich bin übrigens Clementine." Die Stute drehte sich zu Feivel um und reichte ihm einen der Becher.
„Ich heiße Feivel", stotterte er und nahm das Getränk zögerlich entgegen.
Als Rick sah, mit wem Clementine da redete, schüttelte er ungläubig seine ungepflegte Mähne. Kühles Schnauben entwich seinen Nüstern. Sein Gesicht nahm einen eisigen Blick an, ehe er grimmig davon trabte. Seinen Stand lies er einfach zurück.
„Was ist denn mit dem los?" Mit einem herablassenden Ausdruck sah Clementine dem Apfelschimmel nach.
„Ist doch egal...", murmelte Feivel, auch wenn er nicht ganz dieser Meinung war. Ein unwohles Gefühl kroch seinen Nacken hinauf. Möglicherweise würde Rick Ray holen. Zwar schien er nicht wirklich gefährlich, aber wer wusste schon, was der Hengst sich wieder in den Kopf gesetzt hatte. Ein Schauder jagte Feivels Rückgrat hinab, als er sich an dessen eisig blauen Blick erinnerte.
„Und, was machst du so hier?" Clementine stieß ihn lächelnd in die Seite.
Feivel empfand sie als ein wenig zu aufdringlich für seinen Geschmack. Eigentlich hatte er gar keine Lust, sich mit irgendeiner unbekannten Stute zu unterhalten. Skeptisch betrachtete er seinen Pappbecher und beobachtete, wie Clementine den Inhalt in einem Zug herunterkippte. Als sie nicht auf der Stelle tot umkippte, wagte auch Feivel, vorsichtig daran zu nippen. Ein beißender Geschmack machte sich in seinem Maul breit und er spuckte das Gebräu sofort wieder aus. Trocken antwortete er: „Studieren."
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Das Geheimnis der Winters Academy
Teen FictionDas Blut in seinen Adern gefror. Mit aufgerissenen Augen starrte er die Gestalt an, die sich bedächtig aus den Schatten löste und in das spärliche Licht trat, das aus den Fenstern der Winters Academy nach draußen drang. „Ray- Raymon, was machst du...