Kapitel 32

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Leises Hufgetrappel ertönte. Clementine atmete erleichtert auf, als sie zwei bekannte Gestalten durch die erleuchteten Gänge traben sah.

„Skyla, Simon!", wieherte sie ihnen erfreut zu.

Der kleine, zottige Schecke war der erste, der sie erreichte. Mit dem Handy im Maul blickte er zu ihr auf. „Erstaunlich, wie gut dieses Ortungssystem funktioniert..." Nachdenklich sah er sich um.

Da kam auch Skyla neben ihm zum Stehen. „Hier unten ist es ja wirklich grässlich", merkte sie an.

Clementine nickte. „Wie seid ihr überhaupt hier rein gekommen? Es ist doch alles abgeschlossen", wollte sie wissen.

Triumphierend hob Simon einen kleinen, silbernen Schlüssel hoch. „Haben wir Charlson abgeluchst", grinste er. Erstaunt riss Clementine die Augen auf.

„Ja, sie ist vollkommen aufgelöst durch die Uni geprescht", erklärte Skyla belustigt. Es war offensichtlich, wie unwohl sich die Palominostute in diesem engen Gang fühlte. Ständig sah sie sich um, als erwarte sie jeden Moment einen Feind hinter der nächsten Ecke lauern. Den anderen beiden ging es nicht anders. Sie alle standen unter permanenter Grundspannung.

„Charlson?" Mit gerunzelter Stirn starrte Clementine ins Leere. Diese Dozentin war schon immer ein etwas hektisches Wesen gewesen, doch die Tatsache, dass sie sich zusammen mit Feivel in dem Raum befunden hatte, in dem die seltsame Zeremonie durchgeführt werden sollte, beunruhigte die Schimmelstute.

„Hast du Mallorys Handy noch auf dem Radar?", fragte Skyla an Simon gewandt.

Dieser nickte knapp. Mit konzentriert zusammengekniffenen Augen, tippte er auf seinem Handy herum. „Das Signal ist zwar nicht mehr aktiv, aber ich habe den Standort vorhin zum Glück abspeichern können."

„Das bedeutet?", harkte Clementine verwirrt nach. Mit Computerjargon konnte sie nicht allzu viel anfangen.

Daraufhin erntete sie nur ein genervtes Schnauben von Seiten des Isländerhengstes. „Ihr Handy ist zwar aus, kaputt oder sonst was, aber wir können sie trotzdem finden."

„Sehr gut." Erleichterung machte sich in Clementines Brust breit. „Mallory, wir kommen", schnaubte sie mit hoffnungsvoller Entschlossenheit.

Im Gleichschritt trabten sie los. Simon mit seinem blinkenden Handy vorneweg, dahinter die Stuten. Stetig seiner Navigation folgend, bewegten sie sich vorwärts, drangen tiefer und tiefer in das Gewölbe ein. Kein Wort wurde gesprochen. Sie alle waren einzig und allein auf den Routenplan vor ihren Nüstern fokussiert. Mittlerweile hatte es Simons Programm geschafft, die grobe Struktur der Gänge zu erfassen, was ihnen die Wahl der richtigen Abbiegung erheblich erleichterte. Nur das stetige Atmen der drei Pferde war neben ihren Schritten zu vernehmen. Stumm wie Geister glitten sie durch das Gefüge der unterirdischen Gänge. Obwohl alles um sie herum nahezu identisch aussah, spürten sie doch, dass das Ziel immer und immer näher rückte.

Da war sie. Die Eisentür, die die Suche endlich zum Ende bringen sollte. Wie jede andere der zahlreichen Türen, schlummerte sie verschlossen in einem besonders schmalen Gang vor sich hin. Es war kaum Platz für zwei nebeneinander gehende Pferde.

„Hier muss es sein", flüsterte Simon nahezu ehrfürchtig. Schleppend kamen sie vor der blickdichten Barriere, die in die weiß geflieste Wand eingelassen war, zum Halt. Der Hengst hielt das Handy prüfend gegen die Tür. Selbst ein Laie erkannte auf der blinkenden Karte auf dem Bildschirm, dass sie das Ziel erreicht hatten.

Aufgeregt scharrte Clementine mit dem Huf am Boden. „Und jetzt?" Fragend sah sie in die Runde.

„Mallory?", rief Skyla zaghaft. Sanft klopfte sie gegen das Metall. Dumpfe Laute ertönten. „Bist du da?"

Das Geheimnis der Winters AcademyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt