Kapitel 33

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„Glaubst du ernsthaft, dass wir hier irgendwo einen Schlüssel oder etwas ähnliches finden werden?", fragte Clementine an Simon gewandt.

Der kleine Hengst zuckte bloß die Schultern. „Eine Suche ist unsere einzige Chance", merkte er an.

Nickend setzte Clementine ihren Weg fort. Er hatte Recht. Wenn sie sich nicht mit Rays Muskelmasse anlegen wollten, blieb ihnen wirklich nur der Weg, die Tür auf irgendeine Weise aufzubrechen.

Inzwischen waren sie in Bereichen der unterirdischen Gänge gelangt, in denen nicht mehr alles zu 100 Prozent identisch aussah. Hier und da befanden sich Beschriftungen an den Abzweigungen sowie unterschiedlich aussehende Räume und Türen.

„Das sieht doch gut aus." Simon stoppte vor einer Tür mit der Aufschrift „Archiv".

Prüfend drückte Clementine gegen das stählerne Türblatt. „Abgeschlossen", seufzte sie resigniert.

„Mist." Aufgebend lehnte sich der zottige Hengst gegen die Wand. „Wenn wir schon keinen Schlüssel finden, könnten wenigstens belastete Dokumente hilfreich sein. Damit könnten wir das Weiterlaufen dieser seltsamen Kira-John-Organisation aufhalten."

Da fuhr er mit einem Mal herum. „Hast du das auch gehört?" Mit angespannt geblähten Nüstern sah er sich um.

Jetzt merkte auch Clementine, was er meinte. Aus der Ferne hallten leise Hufschritte zu ihnen hinüber, die stetig näher rückten.

„Komm!", zischte die Stute Simon zu, ehe sie ihn hinter eine Biegung zerrte.

Bereits wenige Sekunden später schritten vier cremefarbene Beine durch den Gang. Vorsichtig wagte Clementine einen Blick hinter der schützenden Mauer hervor. Ihr Atem stockte. Es war Jacksons Pfleger, der auch bei seinem Tod anwesend war. Der mysteriöse Fjordhengst, der sich so gut wie überall herumtrieb. Er war an jede Winkel der Winters Academy zu finden, doch niemand kannte seinen Namen. Eiskalt schoss es Clementines Rückgrat hinunter. Mit diesem Pferd stimmte etwas nicht, soviel war sicher.

Gerade war der Fjord dabei, sich an einer der Türen zu schaffen zu machen. Es war jene, die die Aufschrift „Archiv" trug und in die Simon vorhin plante einzudringen. Grimmig war die Stirn des stämmigen Pflegers gerunzelt. Seine abstehende Stehmähne sah aus irgendeinem Grund zu ordentlich und akkurat aus, um auf natürlichem Wege entstanden zu sein.

Simon neben Clementine regte sich aufgeregt. „Perfekt", flüsterte er mehr zu sich selbst. „Er öffnet uns die Tür."

Fragend sah die Schimmelstute ihn an. Darauf wanderte ihr Blick wieder zu dem Fjord. Dieser hatte mittlerweile die Tür aufgeschoben und war im „Archiv" verschwunden. Ohne vorher weitere Unterredungen mit Clementine zu tätigen, erhob Simon sich und verlies den Schutz des Einbuchtung im Gemäuer. Auf leisen Hufen pirschte er vorwärts. Verwirrt schnaubte Clementine, schloss sich ihm dann jedoch kurzerhuf an. Simon machte eine Kopfbewegung, die ihr bedeutete, hinter ihm zur Tür zu schleichen.

Langsam und still bewegten sie sich vorwärts, hielten auf den offenen Raum zu, in dem der Fjord verschwunden war. Drinnen rumorte es. Papierrascheln. Dann ein leises Klicken. Clementine und Simon wechselten einen Blick. Beider Augen waren aufmerksam aufgerissen und die Ohren pfeilscharf nach vorne gerichtet. Je näher sie zu der Tür gelangten, desto mehr des Inneren des Raumes wurde sichtbar. Aufgereihte Dokumente Stapelten sich in ebenso aufgereihten Regalen an den Wänden. Ein großer Computer thronte auf einem Tischchen. Er war eingeschaltet. Leises Surren begleitete den bläulich leuchtenden Startbildschirm, der das Logo der Winters Academy zeigte.

Aus dem Augenwinkel nahm Clementine eine Bewegung wahr. Ein buschiger aber dennoch ordentlich zurechtgeschnittener Schweif wedelte nervös hin und her. Kurz darauf wurden auch die tänzelnden Hinterbeine des Fjordes sichtbar.

Das Geheimnis der Winters AcademyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt