„Ach du heilige, das müsst ihr euch ansehen!" Mit weit aufgerissenen Augen starrte Simon den Computer an, der sich in dem Raum befand, in dem sie Link kennengelernt hatten. Natürlich hatte der technikverrückte Isländer es nicht lassen können, einen Blick in die darauf abgelegten Dateien zu werfen.
Gespannt beugten Clementine und Link sich über ihn, um ebenfalls Einsicht auf den Bildschirm zu erhaschen.
„Ich hab dir doch gleich gesagt, das Archiv ist eine gute Wahl!" Triumphierend warf Simon Clem einen Blick über die Schulter zu.
„Was ist denn da jetzt so Spannendes?", drängte die Stute ihn. Alles, was sie auf dem blauen Display erkennen konnte, waren ein paar nichtssagenden Ordner, die mehr oder weniger ordentlich auf dem Desktop aufgereiht waren.
Mit den Nüstern deutete Simon auf einen davon, der sich ganz am Rand verbarg. „Rassenlehre." Den kleinen Schecken überkam ein Déjà-Vu. Genauso war auch der Fund der geheimen Dokumente damals mit Feivel im Computerraum verlaufen. Nur ahnte er diesmal, das sie auf noch viel mehr stoßen würden, als ein paar lächerliche Auflistungen. Immerhin befanden sie sich hier im Herzen der Winters Academy und schnüffelten nicht nur halbherzig in Kiras Büro herum.
Mit einem schnellen Klick, öffnete Simon den Ordner. Gebannt starrten die drei Pferde den Rechner an. Ihnen offenbarte sich eine riesige Menge an weiteren Ordnern und den verschiedensten Dokumenten und Dateitypen. Zögerlich wählte Simon einen weiteren Unterordner an. Er trug die Aufschrift „290C". Ellenlange Listen mit hochkomplexen Versuchsaufbauen, DNS-Codierungen und vielen Weiteren, höchst beunruhigenden Inhalten erschienen auf dem Monitor.
„Du meine Güte", hauchte Link beinahe ehrfürchtig. „Ich ... Stamme tatsächlich aus einem Reagenzglas. Einer ... Flasche." Zwar war ihm diese Tatsache bereits bekannt gewesen, doch all diese Daten Schwarz auf weiß vor sich zu sehen, verlieh dem Ganzen eine vollkommen neue Tragweite. Mit aufkeimender Panik sah er an sich herunter. Jedoch schien alles an seinem Körper nahezu makellos wenn nicht sogar perfekt zu sein. Selbst seine inneren Organe schienen zu jeder Zeit einwandfrei zu funktionieren. In seinem ganzen Leben war er nicht ein einziges Mal krank gewesen. Schwer schluckte Link. Mit dem Wissen über seine Entstehung, könnte eine Eliteherde geschaffen werden. Soldaten, denen es ein Leichtes sein würde, ganz Tuesday oder gar die ganze Welt in Grund und Boden zu stampfen.
Plötzlich überkam ihn die Erkenntnis. Er selbst war eines dieser Elite-Pferde. Vermutlich schlummerten in ihm Fähigkeiten, von denen er noch nie etwas mitbekommen hatte. Vielleicht besaß er gerade deshalb die Macht, seine Erschaffer ein für alle Mal zu stürzen.
„Diese Dokumente sind definitiv nicht für die Öffentlichkeit bestimmt", stellte Simon mit fachkundiger Miene fest. „Vor Gericht werden die sicher helfen, diesen Laden endlich dicht zu machen!"
Das Gefühl des Triumphes kribbelte in Clementines Haarspitzen. „Kannst du die betreffenden Dateien irgendwie abspeichern, sodass wir später Zugriff darauf haben?"
„Nichts leichter als das." Grinsend zog Simon seine USB-Kette hervor. „Gebt mir eine viertel Stunde, dann ist der ganze Kram hier drauf."
„Ich fürchte, wir haben nicht mehr so viel Zeit." Ein Blick auf die Uhrzeitanzeige auf dem bläulich flimmernden Computerbildschirm verriet Clementine, dass sie bereits seit über einer halben Stunde unterwegs waren.
„Du hast Recht." Simons Ausdruck verhärtete sich. „Wer weiß, was Ray in der Zwischenzeit mit Mallory angestellt hat."
„Was Feivel angeht, mache ich mir auch langsam Sorgen", stimmte die Schimmelstute ihm zu. Die Erinnerung daran, wie der junge Hengst in Kiras Begleitung in der Ungewissheit dieses seltsamen Raumes verschwunden war, schnürte ihr beinahe die Kehle zu.
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Das Geheimnis der Winters Academy
Novela JuvenilDas Blut in seinen Adern gefror. Mit aufgerissenen Augen starrte er die Gestalt an, die sich bedächtig aus den Schatten löste und in das spärliche Licht trat, das aus den Fenstern der Winters Academy nach draußen drang. „Ray- Raymon, was machst du...