Kapitel 26

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Stechend brannte das gleißend weiße Licht in Mallorys Augen. Ihr Schädel dröhnte. Im ersten Moment erkannte sie vor sich nur tanzende, leuchtende Flecken. Nach und nach klarte das Bild auf, als es ihrem Gehirn gelang, die wirren Pixel zu klaren Strukturen zu ordnen. Verschwommen nahm sie wahr, wie sich ein Gesicht über sie beugte. Sie wollte sich wegdrehen, doch ihre Beine bewegten sich keinen Millimeter. Es war, als gehorche ihr der eigener Körper nicht mehr. Sie spürte, wie sich ihre Atmung beschleunigte. Blanke Panik stieg in ihr auf. Was war nur geschehen?

„Na, Mallory", raunte eine raue Stimme in ihr Ohr. „Wie geht es dir?" Trotz der halbwegs freundlichen Frage, klang der Hengst schneidend und kühl.

Wie soll es mir schon gehen?, wollte die Stute so bissig wie möglich fauchen. Jedoch brachte sie lediglich ein mattes Fiepen hervor. Ihr musste ein lähmendes Mittel von diesem Typen verabreicht worden sein. Schnell blinzelte sie die Bilder der silbernen Nadelspitze aus ihrem Gedächtnis. Der Schmerz hallte noch immer tief in ihren Muskeln nach.

Krampfhaft versuchte sie sich, ihre Angst nicht anmerken zu lassen. Mühsam verdrehte sie ihre Pupillen nach links, wo sie aus dem Augenwinkel einen Blick auf ihren Entführer erhaschte. Der Kopf des gescheckten Hengstes war ihr unangenehm nah. Sein heißer Atem traf unmittelbar auf das Fell ihres Halses.

„Vermisst du schon deinen Feivel?" Ein hohles Lachen ausstoßend erhob er sich wieder und begab sich auf diese Weise aus ihrem durch die unbequeme Rückenlage deutlich eingeschränktem Sichtfeld begeben. Nur noch seine verbissene Stimme drang wie durch einen dämpfenden Schleier zu Mallory vor.

Zornig brachte sie ein Schnauben hervor. Ihr Blick war gezwungenermaßen starr nach oben gerichtet. Alles war hell und blendened. Auf weißen fliesenartigen Steinen waren riesige Neonröhren angebracht, die monoton vor sich hin summten. Jeder Muskel ihres Körpers war angespannter den je, doch dennoch war sie kaum zu dem Hauch einer Bewegung. Lediglich ihre Augäpfel schienen ihr noch gänzlich zu gehorchen. Unaufhörlich ließ sie sie auf und nieder huschen, dich da war nichts. Nichts als stille, summende Helligkeit, die sie wie eine auswegloser Käfig umgab.

Mit einem nahezu unmöglichen Kraftaufwand gelang es Mallory, ihren unsagbar schweren Schädel ein winziges Stück anzuheben. Dadurch offenbarte sich ihr Blick auf ihre Vorderbeine, die mit einem strammen Seil an ihrer Brust verschnürt waren. Dumpfer Schmerz dröhnte in den Stellen, an denen das raue Tau sie umschloss. Die Wirkung des Betäubungsmittels ließ nach. Vor allem die Stelle an ihrem Hals, an die die Spritze angesetzt worden war, begann langsam aber sicher höllisch zu brennen.

Das darf doch alles nicht wahr sein!, schrie sie in Gedanken auf und versuchte sich in einem verzweifelten Zucken aus den Fesseln zu befreien.

Das einzige, was sie an ihrem freien Tag hatte tun wollen, war sich die Haare stylen zu lassen und Essen zu kaufen. Jetzt lag sie kopfüber auf einer harten Pritsche angekettet mit einer Sturmfrisur, die jeden das Fürchten gelehrt hätte.

Wo bin ich?, formten ihre Lippen unhörbar. Noch immer waren ihre Gedanken nicht dazu in der Lage, zu ihren Stimmbändern vorzudringen.

War das hier ein Krankenhaus? Irgendein Gruselkeller? Oder gar ein geheimes Labor?

„In der Winters Academy of Sciences." Das Gesicht des Hengstes tauchte unmittelbar vor ihren Nüstern auf und seine blauen Augen fixierten sie eisern.

Mallory zuckte zusammen. Es dauerte einen Moment, bis sie realisierte, dass ihr gerade tatsächlich eine Antwort gegeben wurde? Wie war es möglich, dass der Hengst ihren gedanklichen Hilfeschrei gehört hatte?

„Wer bist du?", presste sie hervor. Ihre dünne, krächzende Stimme klang befremdlich und wirr in ihren Ohren wieder.

„Sagte ich doch bereits. Ein Freund von Feivel." Erneut hallte sein hohles Lachen von den Wänden wieder.

„Warum bin ich hier?" Vollkommen verwirrt sah sie zu ihm auf. So ungern sie sich auch ihre Schwäche eingestand, diese Situation war ihr zutiefst suspekt. Warum zur Hölle befand sie sich in Feivels Uni? Und warum behauptete diese Persönlichkeit von Fuchsschecke andauernd, er sei ein Freund von Feivel?

„Sagen wir mal..." Schelmisch grinsend beugte sich der Schecke noch tiefer über sie. „Ich will ein kleines Experiment mit dir veranstalten."

Zitternd versuchte Mallory vor seinem heißen Atem zurückzuweichen. Unerfreulicherweise hinderte das kalte Metall unter ihr sie daran. Lag sie hier etwa auf einem Seziertisch? Unwillkürlich beschleunigte sich ihr Herzschlag. Wollte dieser Hengst sie gar umbringen und ihre Eingeweide für irgendwelche Forschungszwecke missbrauchen? Kalte Angst nagte sich durch Mallorys zusammengeschnürte Gliedmaßen und drohte sie zu zerfressen. Sie musste hier raus. Unbedingt.

Innerlich begannen ihre Sinne ohrenbetäubend zu kreischen. Die Energie der Furcht schoss brennend und lodernd durch ihre Adern. Zuckend wand sie sich auf dem Tisch. Irgendwo musste ihr Handy sein. Wenn sie es nur irgendwie schaffen könnte, einen Anruf zu aktivieren. Dann könnte sie vielleicht irgendwer orten und vor diesem Verrückten retten.

Plötzlich spürte sie eine leise Vibration unterhalb ihrer Schulter. War das etwa... Ein Anruf! Mit vor Aufregung weit aufgerissenen Augen ergriff die Stute ihre Chance. Vorsichtig rollte sie sich auf dem Gerät hin und her. Die Vibration stoppte. Mallory war sich nicht sicher, ob sie den Anruf angenommen oder beendet hatte. Vorsichtshalber warf sie sich nochmal besonders heftig auf die Stelle, an der sie ihr Handy vermutete.

„Halt still!", knurrte ihr Entführer und packte schmerzhaft ihren Hals. Mit ungeheurer Kraft stemmte er sich auf Mallorys Körper, sodass sie sich kaum noch rühren konnte. Flach atmend vor Angst, sah sie zu ihm auf. Er war tatsächlich ein gutes Stück größer als sie. Und ziemlich muskulös. Mallory schluckte schwer. Indem sie sich möglichst weit in ihre harte Unterlage presste, versuchte sie dem Druck auf ihrem Hals zu entkommen. Erstaunlicherweise lockerte der Schecke seinen Griff tatsächlich etwas. Mit unveränderter Miene starrte er sie aus seinen eisig blauen Augen an.

Schwer atmend spannte Mallory ihren Körper an. Das Betäubungsmittel war inzwischen gänzlich verflogen und sie hatte die Kontrolle über ihre Handlungen wieder erlangt. Mit allem Mut, den sie aus ihrem geschwächten Körper kratzen konnte, riss sie den Kopf hoch. Für einen kurzen Moment verlor der Hengst den Halt und er ließ von ihr ab. Diesen Augenblick musste sie nutzen.

„Was willst du überhaupt von mir?", zeterte Mallory so aggressiv es ihr nur möglich war.

Inzwischen hatte sich der Schecke wieder gefangen. Bedrohlich näherte er sich ihr. „Das wirst du schon noch sehen, Kleines", spuckte er aus. Ein letzter Blick aus seinen Huskyaugen, dann wandte er sich einfach um und ließ sie alleine. Nicht einmal mehr Zeit für eine Antwort blieb noch. Eine Tür fiel krachend ins Schloss. Danach war es still. Gespenstisch still. Lediglich das Surren der Lampen drang wie eine schleppende Melodie durch den Raum.

Mallorys Angst war unermesslich. Das Herz drohte ihr aus der Brust zu springen. Mit überdurchschnittlicher Geschwindigkeit pumpte es Blut durch ihren angeschlagenen Kreislauf und ließ sie rasend vor Wut und Verzweiflung werden. Immer wieder versuchte sie, sich aus ihren Fesseln zu entreißen. Gellende Schreie sprudelten aus ihren Lippen. Ihr gelang es nicht mehr, diese Laute zu klaren Worten zu formen. Blanke Panik überflutete sie.

„Kann mich irgendjemand hören?", wieherte sie. „Feivel?"

Tränen schossen ihr in die Augen. Heiß rannen sie ihr verklebtes Fell hinab und benetzten das kalte Eisengestell unter ihr, das sich schmerzend in ihren Rücken bohrte. Schluchzend lag sie da. Ihr Brustkorb bebte im Rhythmus ihrer Atmung.

Warum wurde sie hierhergebracht? Wer war dieser Hengst? Was würde er mit ihr anstellen? Und was hatte Feivel und seine Uni mit der ganzen Sache zu tun?

Und dann, die alles entscheidende Frage durchschoss sie wie ein Blitz. Würde sie überleben?

Das Geheimnis der Winters AcademyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt