Prolog

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Stay - Rihanna, Mikky Ekko
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°Vor drei Jahren und fünf Monaten°

Es ist ein regnerischer Novembertag und es ist schon dunkel. Sie ist bei ihm und die beiden planen gerade ihre Hochzeit. Glücklich schaut sie auf den Ring an ihrem Ringfinger. Den vergangenen Sommer hat er im Urlaub um ihre Hand angehalten und sie zögerte keine Sekunde und hatte 'ja' gesagt. Sie freut sich auf ihre Zukunft, auf ihre gemeinsame Zukunft. Es fühlt sich wie ein wunderschöner Traum an. Sie will nicht aus diesem Traum aufwachen. Niemals. Niemals soll dieses Glück zwischen ihnen enden. Wie denn auch? Sie waren so gut wie füreinander bestimmt.

Im nächsten Frühling soll geheiratet werden, unter freiem Himmel, auf einer Wiese, inmitten der Natur von Utah, der gemeinsamen Heimat. Die Flitterwochen werden in der Karibik sein und daraufhin könnte man meinen, dass beide ihr Leben weiterleben würden, aber ab dann wird jeder Schritt gemeinsam sein. Jede kleine und große Herausforderung wird zusammen gemeistert. Sie haben schon nun so gut wie zwei Jahre ihr Leben miteinander geteilt und schon sowieso alles gemeinsam gemacht. Warum nun auch nicht die Zukunft?
Zum Beispiel Kinder. Es war einer ihre größten Wünsche, eines Tages die eigenen Kinder auf dem Arm zu halten und sie aufwachsen zu sehen.

"Madelyn...", er setzt sich gerade hin und versucht ein Lächeln heraufzuzwingen, "es gibt da etwas, das ich... das ich dir... sagen muss."
Sie will nicht wahrhaben, dass sich die ausgelassene Atmosphäre gerade ändert, also versucht sie das komische Gefühl zu ignorieren.

"Was denn?", lachte sie, "schieß los. Ich bin ganz Ohr."
"Du und... ich werden-"
"Für immer zusammen bleiben, falls es das ist", unterbricht sie ihn schmunzelnd und drückt ihm einen Kuss auf die Lippen. Aber jetzt fühlt es sich fahl an, ihn zu küssen. Komisch fahl...

"Nein... Madelyn... es geht nicht mehr... also", stottert er vor sich hin. Aber er hat doch immer an die Beziehung geglaubt!
"Was?", entfährt es ihr, während sie versucht, die aufsteigende Panik zu unterdrücken. Sie schmeckt bitter auf ihrer Zunge.
"Ich kann dich nicht heiraten... es ist so... es geht einfach nicht...", erklärt er traurig. Ihr Herz zersplittert in ihrer Brust.
"Doch es geht, wir schaffen es, warum soll es nicht gehen? Kayden... ich... ich will dich heiraten", redet sie vor sich hin und spürt, wie ihre Augen anfangen zu brennen. Mit zitternden Fingern streicht sie über seine Wangen, immer wieder. Das ist ein böser Alptraum, sie will wieder in den schönen Traum zurückkehren. Oder sie wacht gerade von diesem schönen Traum auf.

"Nein, ich... ich will dir das einfach nicht zumuten... ich werde dich nicht heiraten, Madelyn Watson", er steht langsam auf und geht in seinem Wohnzimmer auf und ab.

"Aber... aber du hast doch immer gesagt, dass... dass wir alles zusammen machen werden... unsere gemeinsame Zukunft... bedeutet dir das denn das alles nichts?", flüstert sie leicht schluchzend. Mit bebenden Fingern wischt sie sich über die Wangen und wünscht sich nicht mehr, als aus diesem Alptraum aufzuwachen.
"Es gibt Menschen, die sehen das anders", sagt er zaghaft und stützt sich kraftlos an der Wand ab.
"Aber was kümmern dich andere Menschen, es gibt nur uns beide. Unsere Liebe war doch so tief... was ist jetzt passiert?", die Verzweiflung steigt ins Unermessliche.

"Ich darf dir nicht alles sagen", er kommt langsam auf sie zu, "geh und werde glücklich, ohne mich."

Sie lässt den Tränen freien Lauf, schaut ihn verzweifelt an und zieht den Verlobungsring von ihrem Finger.
"Was tust du? Ich habe ihn dir doch geschenkt, obwohl jetzt wir ja... also wir...", er bricht ab und schaut sie verwirrt an.

"Meine Zukunft wird ohne dich sein, Kayden Hyland", sie spuckt seinen Namen hasserfüllt aus, "dann gehört der Ring mir wohl auch nicht mehr, gib ihn einer anderen und werde glücklich", spricht sie ihm spottend nach, packt schnell ihre Sachen und rennt zu der Tür in seiner kleinen Wohnung in diesem riesigen Studentenwohnheim, das direkt neben dem ihren steht.

Es ekelt sie an, neben ihm zu wohnen.
Es ekelt sie an, dass sie verdammte zwei Jahre diesem beschissenen Mann ihr Herz gegeben hat.
Es erfüllt sie mit Wut, dass sie so naiv war und ihm vertraut hat.

Bevor sie die Hand auf die Türklinke legt, kickt sie noch sauer gegen den Tisch und alle möglichen Unterlagen für die Hochzeit fallen zu Boden.

Dann rennt sie nach draußen in den ekelhaften Novemberabend. Der Regen scheint für sie die richtige Emotion zu sein. All ihre Träume waren in einem Moment zerstört, kaputt, vernichtet.

Und jetzt fängt sie hemmungslos an zu weinen und fällt auf ihre Knie, während sich dieser unbeschreiblich schlimme Schmerz in ihrer Brust verbreitet.

Sie ist nicht aus dem schönen Traum aufgewacht.
Sie ist gleich in ihren realen Alptraum übergegangen.

Vor drei Monaten

Es ist schon Januar, heute vor drei Jahren wäre die standesamtliche Hochzeit von ihnen gewesen.
Sie ist gerade mit ihren Einkäufen fertig und schlendert durch die verschneiten Straßen von Provo zu ihrem kleinen Apartment.
Letzten November war es drei Jahre her, dass ihr Leben eine Wendung genommen hat.
In zwei Monaten hätte ihr dritter Hochzeitstag sein können.
Hätte.

Aber sie lebt seitdem alleine und hat sich damit abgefunden. Noch immer nagt die schlagartige Trennung an ihrem Gemüt, wenn sie sich abends alleine einen Film anschaut.
Es war gar nicht mal die Trennung an sich, sondern der unbekannte Grund, was ihr so sehr zu schaffen macht.

Schon allein die Erinnerung an diesen schlimmen Tag jagt ihr die Tränen in die Augen und somit schüttelt sie den Gedanken weg.
Doch der Druck in ihrer Brust bleibt und somit fängt sie an, zu rennen, ohne nach rechts und links zu schauen, kopflos in irgendeine Richtung. Die Welt spielt ihr die ganze Zeit vor, dass das Leben schön und alles perfekt und die Liebe das größte davon ist, aber bei ihr war es das schmerzhafteste.

Sicherlich fährt kein Auto vorbei, denkt sie und überquert die Hauptstraße.
Ein Hupen, quietschende Reifen und ein starker Arm, der sich um ihre Taille liegt, um sie von der Straße zu schucken und ein darauffolgendes Krachen sind die einprasselnden Eindrücke im nächsten Moment.

Voller Schreck rollt sie sich ab und wagt nicht, sich umzudrehen und den Unfall, den sie gerade verursacht hat, anzuschauen.
Ihre Rippen und ihr rechter Arm tun weh, ansonsten geht es ihr gut.
Schnell rappelt sie sich auf, wird aber sofort von einer anderen Frau weggezogen, die sie vom Unfallort wegzieht und in Sicherheit bringt.

Madelyn hätte gerne gewusst, wer ihr gerade das Leben gerettet hat.

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