7. Eine Nachricht von Zuhause

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⚜️⚜️⚜️

Toms Finger lagen auf der Türklinke und von innen drang eine Stimme an Sierras Ohr. Toms Rücken versperrte ihr die Sicht, aber sie hing sowieso in ihren Gedanken. Ihre Hände waren in den Taschen vergraben, das Stück Papier unter ihren Fingern. Dann drückte Tom die Klinke hinunter und die Tür schwang auf. Sierra sah voller Erstaunen, dass einige Schüler ihren Kopf auf den Tisch gelegt hatten und kurz vor dem Einschlafen schienen.
Am Pult stand ein kleiner Mann, sein Körper war grau und fahl. Sehr grau. Fast durchsichtig grau.
Der Mann war ein Geist.
Aber er sah so anders aus, als die anderen Geister. Er wirkte aus einer noch relativ nahen Zeit. Er ratterte gerade einen Text runter und Tom neben ihr seufzte leise. Dann zupfte er an ihrem Arm und sie sah auf. Er nickte mit seinem Kopf in Richtung der letzten Reihe und lief mit leichten Schritten die Wand des Klassenzimmers ab.
Sierra machte es ihm nach und setzte ihre Füße möglichst lautlos auf den hölzernen Boden. Ein paar Schüler wendeten ihre Aufmerksamkeit ihnen zu, die große Menge aber schien sich zu langweilen.
Sie setzte sich gezwungenermaßen neben Tom. Die Slytherins belegten die letzten beiden Reihen und Sierra saß mit Blick auf Walburgas braunen Hinterkopf. Immer noch in dem Versuch möglichst leise zu sein, beugte sich Sierra zu ihrer Tasche und mit angehaltenem Atem suchte sie nach dem Schulbuch. Als sie es herauszog, erkannte sie es.
Ihr Vater hatte ihr ein solches mal geschenkt, er kannte die Verfasserin.
Bathilda Bagshot.
Sierra warf einen Blick zu dem toten Lehrer, er schwebte immer noch ganz in seinen Vortrag versunken hinter seinem gewaltigen Pult.
Sie hätte sich das Schleichen sparen können, eine Schülerin in der ersten Reihe fiel mit einem lauten Poltern vom Stuhl und er zuckte noch nicht einmal mit der Wimper, geschweige denn innezuhalten.
Sie schlug das Buch auf und rutschte ein wenig auf ihrem Stuhl herum. Tom neben ihr las auch, nur nicht in einem Schulbuch. Sie hörte Abraxas und Fredericks leise Stimmen und als sie ihren Blick über die Tische schweifen ließ sah sie, dass Eliot wohl neben Frederick eingeschlafen sein musste.
Helen saß jetzt wieder bei Walburga und Lorya, dafür fehlte aber Elizabeths blonder Lockenkopf. Sierra sah wieder auf die aufgeschlagene Buchseite. Eine brennende Hexe, auf einem Holzpfahl aufgespießt, war dort abgebildet.
Sie begann zu lesen, aber sie konnte sich nicht konzentrieren. Es lag noch nicht einmal an der einschläfernden Stimme des Lehrers, ihre Gedanken rutschten immer wieder von der Seite.
Und schwirrten um eine kantiges Gesicht.
Tom verwunderte sie.
Sie verstand nicht, warum er auf sie gewartet hatte, wenn sogar Abraxas weiter gegangen war.
Er war seltsam.
Sierra klappte das Buch zu. Ihre Konzentration war flöten gegangen und ihr Blick wanderte wieder die Reihen entlang. Viele unterhielten sich, andere schliefen und ein paar wenige versuchten es zumindest dem Geist zuzuhören. Ihre Augen glitten die langen Wände entlang, aber ihre Gedanken hingen schon wieder woanders fest.
Sie hielt in ihrer Hand immer noch das Papier. Ihre Finger strichen über die Worte, die der Bogen verbarg. Sie sah um sich. Tom war in einem ledernen Band versunken und auch sonst schenkte ihr keiner Aufmerksamkeit. Sie könnte es wagen. Ihr Puls stieg, als sie den Bogen aus ihrer Tasche holte.
Ganz langsam. Es sah sie niemand an.
Sie hatte ihren Atem angehalten und erst als sie die Worte unter ihren kribbelnden Händen hatte, atmete sie auf. Dann zog sie das Buch zu sich, stellte es auf und öffnete irgendeine Seite.
Sie legte das Papier vor das wütende und blutüberströmte Gesicht eines Kobolds. Ihre Augen fanden wieder den Anfang.

„An meine Tochter Sierra"

Wenn er es gleich an sie geschickt hätte, wäre es vermutlich kontrolliert oder ähnliches worden. Abraxas musste dann wohl als Zwischenstelle herhalten, falls sie ihrem Vater antworten wollte.

⚜️

Ich habe deinen Brief gefunden kleiner Rabe. Diesen hier habe ich durch die Familie Malfoy schicken lassen, aber dieser Weg wird bald auffallen. Ich werde einen anderen Weg finden mit dir zu kommunizieren. Und nun zu den Umständen, denen du Hogwarts zu verdanken hast. Du bist einen Tag früher als geplant abgereist, warum das? Es scheint, als könntest du die wenigen Regeln die du bekommst nicht einhalten Sierra. In deinem Bericht habe ich gelesen, du hast der Aurorin einen Lähmfluch aufgelegt. Warum hast du ihr nicht den Zauberstab abgenommen? Du wurdest für solche Fälle vorbereitet, sag mir nicht du hattest Panik. Das glaube ich dir nicht. Ich habe gedacht du kannst besser. Habe ich mich etwa in meiner eigenen Tochter getäuscht? Oh, hoffentlich nicht.

Todesspiele mit einer TodesfeeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt