Kapitel 31 ~ Das Gericht der Fragen

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„Sicher, dass es soweit passt? Also mit Jude, Oriana, Daira und mir? Und du übernimmst dann Cardans Frage zusätzlich zu deiner?" Pandora hatte die Stirn heftig gerunzelt und sah von ihrer Liste auf. Sie hatte wie immer alles übernommen, was ich nicht zwingend machen musste und ich würde ihr dafür am liebsten um den Hals fallen, doch die Nervosität schnürte mir die Kehle zu und ließ mich nur angespannt nicken.

„Kopf stillhalten!", hörte ich Bombe hinter mir protestieren. Im nächsten Moment spürte ich einen Ruck an meinen Haaren und verzog die Lippen, um keinen Laut des Schmerzes von mir zu geben. „Entschuldige, das war keine Absicht."

„Schon gut."

Durch den Spiegel hinweg versuchte ich sie anzulächeln und scheiterte kläglich. Sie nahm es sich nicht zu Herzen und sah nur aufmunternd zurück. „Du schaffst das schon, da bin ich mir sicher. Und wenn nicht, dann ist das auch nicht schlimm. Niemand wird dir deswegen den Kopf abschlagen."

„Das vielleicht nicht. Aber deswegen sollte ich es trotzdem nicht vergeigen.", warf ich kaum hörbar ein. Pandora seufzte und legte mir beruhigend die Hand auf die Schulter.

„Crystal, wir sind im Notfall immer da, du kannst jederzeit abbrechen, wenn es dir zu viel wird. Aber das wird es leider nicht aufheben. Wir können nicht warten, bis Cardan zurück ist, dann werden wir genug anderes zu tun haben. Das heißt aber noch lange nicht, dass du das allein machen musst. Wir sind alle hier und passen auf, versprochen. Du kannst dich auf uns verlassen."

Wieder konnte ich nur nicken. Worte bleiben mir im Halse stecken, die Tränen ließen sich nur mit Mühe zurückhalten, doch ich schaffte es. Pandora lächelte, schob Bombe kurz zur Seite und drückte mich an sich, ehe sie wieder einen Schritt beiseitetrat. Wir würden uns langsam beeilen müssen.

„Ich hole schon einmal die anderen.", schlug sie dementsprechend vor und ging zur Tür, „Bombe, du bringst Crystal dann zum Thronsaal?"

„Klar, mach ich. Und dann dürfen wir auf unsere Ehrenplätze." Das Elfenmädchen mit den Pusteblumenlocken winkte Pandora nach und sah dann grinsend zu mir. Mit Ehrenplätze meinte sie natürlich den hohlen Ast, in dem Geist und ich auch vor ein paar Wochen das Gespräch zwischen Cardan und den Botschaftern der Tiefsee belauscht hatten. Wie sehr diese Zeit doch zurücklag. Hätte ich es nicht besser gewusst, hätte ich geglaubt, es wäre schon weit länger her gewesen.

Meine Augen wanderten wieder zu denen meines Spiegelbildes. Bombe flocht meine Haare und zu zwei langen Zöpfen und steckte sie gerade auf meinem Kopf fest, sodass sie wie ein Kranz um die Krone herumliegen würden und dann über meine Schultern fielen. Es sollte den Reif betonen, der in meinen Haaren so schwer erkennbar war, wenn man nicht sofort darauf achtete. Zusätzlich hatte sie auf mir unerklärliche Weise eine Menge kleiner weißer Blüten in die einzelnen Strähnen hineingewunden.

Nervös griff ich den Stoff meines Kleides fester. Er fühlte sich in meiner Hand wie nichts an, der Rock war halb durchscheinend und kaum verbergend. Nur eine Schulter war bedeckt, der Ärmel reichte mir bis zum Ellenbogen und wurde dann weit. An meinem Becken teilte es sich in zwei Flüsse, natürlich trug ich noch eine silberweiße Hose darunter. Das Kleid war rot. Blutrot, wie die Sonne an diesem Abend, deren goldene Strahlen die Fäden zum Glänzen brachte. Mir war erst nach wenigen Sekunden aufgefallen, dass diese Kleidung die Krone widerspiegelte.

Meine Gedanken flossen von Blut zur Krone zu Locke.

Es war anfangs genau wie bei Taryn. Die gleiche Tür, die gleichen Ketten. Aber Locke saß entspannt da, auf einem der herumstehenden Sofas, als würde er gerade einfach nur seine Schwester wiedersehen, dir er jeden Tag sah.

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