Kapitel 18 ~ Freundschaften

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Der blutige Dolch wog schwer in ihrer Hand.

Das Heft glänzte rot in der untergehenden Sonn und Blut rann über ihre Hand, ihren Arm hinunter und tropfte auf den Boden. Sie zitterte.

Sobald sie die Augen schloss, tauchte das Bild des leblosen Körpers auf, eingehüllt in sein blutdurchtränktes, eins schneeweißes Hemd und mit diesem erschrockenen, fragenden Ausdruck auf den feinen Zügen. Es war vorbei. Endlich und endgültig. Und trotzdem tat es der jungen Frau leid, auf ihre Art. Sie seufzte leise.

Als sie kurz darauf ihr Bad betrat, schloss sie die Tür hinter sich ab und glitt dann zu Boden. Alles war vorbereitet, ihr dünnes Kleid durchtränkt mit seinem Blut. Zögerlich wand sie sich hinaus und hielt es einen Moment lang in ihren schmalen, langfingrigen Händen. Langsam strich sich über den hauchfeinen Stoff, dann zündete sie ihn an und warf das brennende Kleid aus dem Fenster. Wie eine flammende Fahne wehte es im Wind und während es durch die Luft schwebte, rieselte schwarze Asche zu Boden. Nur in Unterwäsche stand sie da und fragte sich ernstlich, was ihr Körper nach all dem noch wert war, ob er überhaupt noch etwas...sie schüttelte den Kopf und den Gedanken auf.

Mit bebenden Händen griff sie wieder nach dem Dolch, atmete tief durch und bereitete sich darauf vor, die letzte Maßnahme zu treffen. Die verfluchte Klinge ritzte sich etwa einen halben Zentimeter tief in den linken Unterarm. Sie presste die Zähne aufeinander und atmete zischend aus. Sofort nahm der Dolch wieder sein ursprüngliches Aussehen an und sie wischte die Wunde an dem hellen Stoff des bereitgelegten Kleides ab, bevor sie es anzog. Einige Blutflecken würden der Glaubwürdigkeit ihrer Geschichte nur guttun.

Kurz warf sie einen Blick in den Spiegel. Ihr ungewöhnlich blasses Gesicht war von Tränen überströmt. Sie lächelte.

Gifts Sicht:

Über meinen Knien lag ein dickes, in Leder gebundenes Buch. Ich saß in meinem Sessel, die Beine leicht angewinkelt, den Kopf in die Handfläche gestützt, eine dampfende Tasse Tee neben mir uns las. Völlig in den Inhalt (Es ging um die Geschichte von Elfenheim im Bezug auf die Magie.) vertieft kaute ich auf meiner Unterlippe herum und hätte nichts von den Dingen um mich herum wahrgenommen, wäre denn etwas passiert, aber tatsächlich war es erstaunlich ruhig. Dachte ich.

Ganz plötzlich legten sich zwei eiskalte Hände auf meine Schultern, rutschten weiter und umschlangen meinen Oberkörper. Ich war drauf und dran, herumzuwirbeln und dem Angreifer (Ja, manchmal bin ich ein klein wenig paranoid. Sind wir alle. Dains Schuld. Fragt nicht.) das Leben aus dem Gesicht zu schlagen, sollte es nötig sein, da hörte ich eine leise Stimme an meinem Ohr. „Hey!"

„Geist! Sag mal, bist du eigentlich WAHNSINNIG?! Ich habe dir schon mindestens eine Milliarden Mal gesagt, dass du mich nicht erschrecken sollst, wenn ich in Gedanken bin! Mann, das ist gefährlich, ich habe kranke Reflexe, hättest du nichts gesagt, hätte ich dir das Gesicht eingeschlagen, du Vollidiot!" Er sah mich bedröppelt an, atmete einmal tief ein und aus, praktisch synchron mit mir, und lächelte dann vorsichtig. „Geht's wieder?" Ich seufzte leise und nickte aber. „Geht."

„Gut.", er grinste, „Manchmal machst du mir richtig Angst."

„Ich dir?! Du kommst plötzlich aus den Schatten gekrochen und riskierst, dass ich dir die Nase breche und ich mache dir Angst?!"

„Schon manchmal, ja?"

„Hm."

„Ja, hm." Eine Weile waren wir und alles um uns herum in tiefes Schweigen getaucht. Aber nicht diese Art von extrem seltsamer, bedrückender Stille, sondern eine angenehme, wundervolle Ruhe, wie sie selten geworden ist. Dann sah ich ihn an und legte den Kopf schief. „Du willst doch irgendwas." Er blinzelte und grinste schief. „Schon."

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