Kapitel 14 ~ Schwestern

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Vivienne starrte erst sie, dann Pandora und dann mich jeweils etwa zehn Sekunden lang völlig irritiert und verstört an, bevor sie zu lachen begann. „Okay, sehr lustig. Du hast mal wieder demonstriert, dass du lügen kannst. Aber jetzt im Ernst, was ist hier los?" Jude runzelte die Stirn und blickte sie nur an, als erwarte sie, dass ihre...meine Schwester ihre Gedanken lesen könne. „Oh...warte. Du...du meinst das tatsächlich ernst?!"

„Natürlich meine ich das ernst. Wir können dir das gleich alles erklären, aber vermutlich sollten wir das drinnen machen. Sind Heather und Oak da?" #Sie schüttelte nur den Kopf und blinzelte noch einige Male irritiert, bevor sie eine Antwort geben konnte. „Nein, Oak ist noch in der Schule und Heather an der Uni. Sie wollte ihn auf dem Nachhauseweg abholen und dann noch einkaufen fahren. Du...weißt ja, wo es langgeht." Während sie sprach, trat sie zur Seite und gab damit den Blick in die helle und bunt gestaltete Wohnung frei.

Jude nickte und ging als Erste hinein, Pandora als nächstes und als Vivienne mich mit hochgezogenen Augenbrauen ansah, huschte ich als Letzte hinterher. Kaum hatte sie die Tür hinter mir geschlossen fühlte ich mich hier geborgen. Es war zwar alles anders als ich es gewöhnt war, aber die komplette Einrichtung, die in warmen Farben gehaltenen, unterschiedlich bemalten Wände, die Fotos auf der Kommode, die wild durcheinanderstehenden Schuhe und der in der Luft hängende Geruch nach Ölfarbe gaben mir das Gefühl, sicher und von der lauten, harten Außenwelt abgeschnitten zu sein.

Erst, als ich merkte, dass Vivienne mich mit gerunzelter Stirn ansah und meine beiden Begleiterinnen bereits durch einen bogenförmigen Durchgang verschwanden, machte ich mich schnell daran, ihnen nachzugehen. So stand ich einige Sekunden später auch schon in der scheinbaren Küche. Pandora hatte sich gegen die Arbeitsplatte gelehnt, Jude saß in einer kleinen Nische, die ich aufgrund des Tisches und der Eckbank als Essplatz einschätzte. Und ich? Ich stand einfach nur da.

Vivienne kam durch den Bogengang hindurch und musterte uns noch einmal, sichtlich irritiert von allem. Nach einem Moment der peinlichen Stille fragte sie plötzlich: „Sag mal, ist das mein Oberteil?"

Etwas überrascht über diese Reaktion nickte ich und biss mir auf die Lippen. „Ähm...ja. Tut mir leid, wenn du damit ein Problem hast, wir wollten hier nur nicht auffallen und ich hatte nichts aus der Menschenwelt..."

„Schon gut. Erklärt mir jetzt erstmal, was hier los ist, wer zum Teufel ihr seid und was ihr hier wollt."

Ich fuhr automatisch aufgrund der Schärfe in ihrer Stimme zusammen. Es war seltsam, wie sehr mich das in der Zeit zurückwarf und an meinen Vater erinnerte. Vivienne war auf ihre Art und Weise so verkrampft in dem Versuch, nicht wie Madoc zu sein, dass ihre Sturheit sein Bild in meinem Kopf hervorrief.

„Mein Name ist Pandora Nathiar, ich bin Cardans neue Seneschallin. Jude kennst du ja schon und das ist Crystal, Cardans Verlobte, Lockes Schwester, aktuelle Königin von Elfenheim und nebenbei erwähnt noch deine Halbschwester."

Sie blinzelte. Einmal. Zweimal. Dreimal. Dann fiel ihr die Kinnlade herunter und sie starrte mich an, als wäre ich vom Himmel gefallen. Vermutlich wäre mir das nicht anders ergangen, aber gerade schaffte ich es immerhin, ruhig zu bleiben und sie vorsichtig anzulächeln

„Das...war vielleicht etwas viel auf einmal. Vivienne, lass es mich bitte erklären."

Sie schüttelte ungläubig den Kopf und ließ sich gegen die Wand fallen. Eine Weile lang herrschte eine Stille, in der jeder darauf wartete, dass der andere bereit war, zu sprechen. „Sag einfach Vivi zu mir.", seufzte sie schließlich und sah mich wieder halb erschöpft, halb neugierig an, „Und jetzt schieß schon los. Ich scheine eine Menge verpasst zu haben."

„Naja, also...dann fange ich wohl mal von vorne an. Pandora hat es ja gerade gesagt, ich bin nicht nur deine, sondern auch Lockes und damit auch Oaks Halbschwester. Madoc ist mein Vater und Liriope ist meine Mutter, allerdings wusste ich nichts über meinen...ich meine natürlich unseren..."

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