Kapitel 12 ~ Besuche

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Jude kam gar nicht mehr aus dem Schimpfen heraus, während wir uns auf den Weg zu Lockes Anwesen machten. Beziehungsweise warteten wir im Moment noch darauf, dass die Pferde fertig wurden. Es war nicht leicht gewesen, sie und Pandora davon zu überzeugen, mich doch noch mitzunehmen, aber letzten Endes hatte ich es geschafft, nach langem Hin- und Herargumentieren doch noch ihr Einverständnis zu bekommen. Unter der Bedingung, dass ich die Krone hierließ, aber das hätte ich sowieso getan. Anstatt also wie es sonst der Fall war zwischen meinen Haaren hervorzublitzen, lag sie jetzt, sicher verwahrt und von den restlichen Spionen bewacht, in einer Kiste am Hof der Schatten, an einem Ort, den laut Bombe nicht einmal Gift sofort finden würde. Ich wusste nicht, ob das etwas Gutes oder etwas Schlechtes bedeutete, aber immerhin war ich mir sicher, dass sie gut auf sie aufpassen würden.

„So, ich glaube, wir können jetzt los." Pandora stand auf und ging zu den drei Stalljungen hinüber, die gerade jeweils ein Pferd heranführen. Auf den ersten Blick waren es die gleichen, die wir auch für den Ritt zum Strand gehabt hatten, nur, dass Cardans Pferd nicht dabei war. Vielleicht war das auch ganz gut so, keine von uns würde dieses Tier unter Kontrolle bekommen, außer vielleicht Pandora und die hatte auch schon mit ihrem zu kämpfen. Ohne etwas zu sagen, überprüfte jede von uns noch einmal Zaumzeug und Sättel, dann saßen wir auf und ritten in einem zügigen, aber nicht allzu schnellen Tempo los. In meinem Rücken spürte ich Blicke brennen. Das Mädchen, das Königin spielte, verließ ihren einzigen wirklich sicheren Standpunkt, ohne darauf zu achten, irgendetwas von Bedeutung mitzunehmen. Genauso musste es für sie aussehen und so sah es auch für mich aus, zumindest, wenn ich ganz ehrlich mit mir war.

Einen Großteil des Weges verbrachten wir in weiterhin einvernehmlichen Schweigen, aber irgendwann ergriff Jude dann doch das Wort. „Das ist eine der schlimmsten Ideen, die je gehört habe und dabei stammt sie nicht einmal von Cardan."

Pandora verdrehte die Augen und warf mir einen Blick zu, der bewies, dass sie es nicht mehr lange aushalten würde, immer wieder diese Diskussionen zu führen. Ich hob nur hilflos die Schultern, man musste zugeben, dass es nicht das Schlauste war, was wir hätten tun können, aber ich wollte mich nicht nutzlos fühlen. Und genau das tat ich, wenn ich immer nur alle losschicken musste, ohne selbst etwas zu tun.

„Jetzt hör doch mal auf, darüber zu schimpfen. Wenn sie unbedingt mitmöchte, lass sie doch, es ist ihr Bruder und es geht sie auch was an. Hätte ich einen Bruder und wüsste, wie viel Unsinn der gebaut hat...der sollte besser laufen, bevor ich davon erfahre. Aber ich habe ja sehr wahrscheinlich keinen...ach nee, ich hab ja Geist. Aber Geist macht ja keine Probleme. Geist ist nur da und opfert sich für alles, was irgendwie auch eine Art von Problem ist, weil ich nicht will, dass er sich opfert und möchte, dass er weiterlebt. Hm. Das ist kompliziert. Ich schweife vom Thema ab, Entschuldigt."

Im Gegensatz zu Jude musste ich nun wirklich ein Lachen unterdrücken. Es war schön, dass sie tatsächlich eine Familie besaß, die sie sich ausgesucht hatte und mit der sie glücklich war. Jude ritt schneller, bis sie an der Spitze unserer kleinen Gruppe war, wodurch wir etwas weniger als einen halben Meter Abstand zu ihr hatten. Weiter auseinander zu reiten wäre in einem Reich wie Elfenheim mehr als nur fatal. Wenn jetzt alles gut läuft, dann sehe ich Locke gleich wieder. Und wenn es schlecht läuft, müssen wir ihn suchen. In der Menschenwelt. Wie soll das bloß funktionieren? Ich will ihn nicht wiedersehen.

„Crystal, ist alles in Ordnung? Du bist noch stiller als sonst." Pandoras leise Stimme mich aus meinen Gedanken und das, obwohl sie kaum laut genug sprach, dass ich sie verstehen konnte.

Kurz sah ich zu Jude, doch sie schien nichts bemerkt zu haben, zumindest reagierte sie nicht. Ich neigte mich etwas zur Seite und raunte ihr zu: „Es...ich weiß nicht. Es ist seltsam, wieder zurückzugehen. In den Erinnerungen ist es anders, da kann ich mir einreden, dass ich ja nicht wirklich dort bin, aber jetzt...ich habe einfach ein schlechtes Gefühl bei dieser ganzen Sache."

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