Ich verschlucke mich und musste mehrere Minuten lang nach Luft ringen, bis Gift sich neben mich hockte und mir sacht auf den Rücken klopfte. „Grimsen hat einen Cousin?!" Gift lachte über meine Überraschung und rutsche neben mir auf das Sofa.
„Naja, er hatte einen. Jetzt nicht mehr. Und ich glaube auch, dass Cousin nicht ganz das richtige Wort ist, immerhin ist Grimsen echt ein alter Sack. Vermutlich ist es eher ein Cousin dritten oder fünften Grades. In jedem Fall sind die beiden verwandt und ich ahne, dass es in irgendeiner Weise damit zusammenhängt. Vielleicht führe ich ja bald ein kleines...Gespräch mit Grimsen." Irgendwie klang das, als würde ich während dieses Gespräches nicht in Grimsens Haut stecken wollen und damit meinte ich noch weniger als sonst. Ich schluckte unwillkürlich bei der Vorstellung. „Äh...ist es wirklich so schlimm, dass du das Wort Gespräch wie Mord aussprichst?"
Gifts Mund klappte auf und für zwei Sekunden brachte sie vor Empörung kein Wort heraus. In ihrem Gesicht konnte ich erkennen, dass sie etwas überrascht darüber sein musste, dass ich das, was geschehen war, nicht als einen Grund sah, jemanden zu bedrohen oder gar zu töten.
„Also erstens, Crystal: Ich würde ihn nicht umbringen. Er geht mir auf die Nerven, ja, und ich hätte kein Problem damit, ihn mit sehr vielen heißen Kohlen zu bewerfen, aber das heißt noch lange nicht, dass ich ihn einfach so umbringen würde. Ich bin nicht Jude. Zweitens: Er hat uns verheimlicht, dass es möglich wäre, dass die Krone einen von uns angreift und tödlich verletzt. Glaub mir, wenn ich dir sage, dass er das mit voller Absicht getan hat, nur um uns eins reinzuwürgen. Und egal, inwiefern er mit alldem zusammenhängt, er wird uns Antworten darauf geben können, warum jemand aus seiner Familie versucht hat, die Krone zu stehlen und ob es noch andere gefährliche Kräfte in ihr gibt."
Während ihrer Erklärung schien sie sich wieder beruhigt zu haben und auch ich merkte, wie mein Schock und meine dummen Gedanken sich auflösten. Langsam wurde ich schon fast paranoid. Warum sollte Pandora eine Person grundlos töten? Ich kannte sie doch inzwischen gut und wusste, dass ihre Regeln und ihre Moral ihr so etwas sehr wahrscheinlich verbieten würden.
„Okay", sagte ich daher mit einem vorsichtigen Lächeln, um wieder mehr Ruhe in die ganze Situation zu bringen, „Wie geht es den anderen?"
„Ganz gut, abgesehen davon, dass wir uns alle ziemliche Sorgen gemacht haben, als du nach dreizehn Stunden noch immer nicht aufgewacht bist. Jude war der festen Überzeugung, dass du auf irgendeine Weise Todessüß konsumiert hättest, bis ich ihr erklärt habe, dass dessen Wirkung sofort einsetzt, es keine Spuren davon in deiner Nähe gab und du einfach nur geschlafen hast. Geists Verletzungen haben sich gebessert und Bombe kann wieder ohne Verband rumlaufen." Diese Nachrichten waren mehr als nur erleichternd für mich. Sie gaben mir das Gefühl, dass sich zumindest etwas an dieser ganzen, verkorksten Situation verbessern konnte und wir nicht dazu verdammt waren, für immer sowas durchzumachen.
„Apropos", Gift sprach munter weiter, während sie nun wieder aufstand, sich ausgiebig streckte und dann begann, ihre Haare zu entwirren, „ich glaube, sie würden sich alle darüber freuen, zu sehen, dass du wieder wach bist und es dir gutgeht. Wollen wir mal runter?"
„Ja, gerne." Ich stand schon auf und ging zum Arbeitszimmer, als sich mich mit einem Griff um mein Handgelenk davon abhielt, weiterzulaufen.
„Wir nehmen den Weg durch Pandoras Zimmer. Ich muss noch Lilian füttern und Jude wartet dort auf mich, weil wir uns eigentlich treffen wollten, nachdem sie ihre Pflichten als Generalin erledigt und ich nach dir gesehen habe. Außerdem...", sie hielt einen Moment inne und seufzte, „muss Elfenheim seine Königin wiedersehen. Du kannst dich nicht die ganze Zeit in den Geheimgängen verstecken, so leid es mir tut. Die Leute hatten Angst, auch wenn sie es sich nicht haben anmerken lassen. Ihr König ist in einem anderen Reich und könnte jeden Moment einem Attentat zum Opfer fallen und du hast jetzt offiziell auf unbekannten Gründen zwei Tage lang im Tiefschlaf verbracht. Treuen Anhängern der Krone bereitet das Sorgen und die, die gerne an deiner oder Cardans Stelle wären, sehen es als Chance. Sie wissen, dass wir geschwächt sind, also müssen wir zumindest den Schein wahren, dass wir alles unter Kontrolle haben. In der letzten Zeit haben wir alle gemerkt, dass es die Leute schon aufheitert und in ihrem Vertrauen bestärkt, wenn sie nur einen Vertreter der Krone sehen, aber auf Dauer können Jude und ich nicht alles übernehmen. Allein der kurze Weg von hier bis zum Zimmer, bei dem man dich sehen könnte, würde helfen."
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Elfenring
Romans(Teil zwei der Reihe. Band eins: Elfenkuss) Die Welt scheint perfekt: Madoc hat seine Pläne aufgegeben und sitzt im Turm des Vergessens, das Geheimnis um Crystals Vergangenheit wurde gelüftet und die Hochzeit ist gerade in Planung. Doch ein Schatten...