Kapitel 29 ~ Adyana

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Ich wusste nicht, ob es der Wind der Zeit war, der dafür gesorgt hatte, dass ich meine Augen geschlossen hatte, oder ob ich das selbst gewesen war, doch als ich sie wieder aufschlug, hatte sie Szenerie sich verändert.

Es war Herbst, maximal Spätsommer, das erkannte ich daran, dass das Licht golden durch die Fenster fiel und ich meinte, rot verfärbte Blätter hinter dem Glas zu sehen.

Das Zimmer war spärlich eingerichtet, in der Ecke stand ein pompöses Himmelbett, eine halb geöffnete Tür führte in einen begehbaren Kleiderschrank und um einen steinernen Tisch in der Mitte des Raumes standen zwei schwarze Diwane. Schwarze, rauchgleiche Vorhänge umschwebten den Fensterrahmen und machten alles noch dunkler. Die Wände waren kahl, das Holz der Möbel alt und an einigen Stellen schon fast morsch.

Alles an diesem Raum war kalt, unwirklich und abschreckend. Und das verstärkte sich noch mehr, als Lady Asha aus dem Kleiderschrank trat.

Sie passte nicht in die Szenerie und doch wusste ich von selbst, dass das hier ihr Zimmer war. Sie sah jünger aus als im Turm, vielleicht Anfang zwanzig. Ihre Haut war weniger gräulich, sie schimmerte nun lediglich wie polierter Perlenstaub. Ihre rabenschwingenschwarzen Haare waren zu langen Zöpfen geflochten und schlangen sich mehrfach um ihren Hörner. Goldfäden waren in die Zöpfe eingeflochten. Das Kleid, das sie trug, war so dunkel wie ihre mit Gold umschminkten Augen und mit abertausenden von Edelsteinen bestickt. Ab der Brust fiel es ohne jegliche Ausstellung herab und umschmiegte ihren noch nicht knochigen Körper zugleich wie eine Feder. Ihre Arme waren von Seidenbändern in den unterschiedlichsten Goldtönen umwunden.

Hätte ich es nicht besser gewusst, hätte ich mich wohl gefragt, zu welchem Anlass man sowas trug. Nur konnte ich mir bereits denken, dass Asha keinen Anlass dazu benötigte.

Cardans Mutter schritt lautlos ans Fensterbrett, auf dem eine große Kiste stand. Sie klappte den Deckel auf und holte etwas hervor. „Nur das Schlechteste für dich, mein Kind.", murmelte sie leise und lächelte dabei. Es war dieses Lächeln, das ich von Cardan kannte. Das Lächeln, das ich fürchtete. Die Art von Lächeln, die einem Angstschauer über den Rücken laufen ließ und einen daran denken ließ, dass man wahrscheinlich längst verloren hatte.

Ich blickte mich ein wenig verwirrt um, doch da war niemand außer uns, mit dem sie sprechen konnte und uns würde man nicht sehen, wir gehörten nicht in diese Erinnerungen. Es ergab keinen Sinn, dass sie sich mit der Luft unterhielt. Wobei ich mir bei ihr da auch nicht sicher wäre.

„Sie redet mit mir.", flüsterte Pandora mir leise zu und deutete vielsagend auf Ashas Bauch. Jetzt sah ich es auch. Unter den Kleid wölbte er sich bereits ein ganzes Stück weit, auch wenn sie wohl versuchte, es zu verbergen. Ich wollte ihr gerade eine Antwort geben, als ein Teil der Wand sich öffnete und eine weitere Frau aus dem Geheimgang trat.

Ihre Gewänder waren weniger aufwendig als Ashas. Das graue Kleid fiel schlicht und gerade an ihr herab, die langen Ärmel und der hohe Kragen machten jede Chance darauf, Haut zu zeigen, zunichte. Sie trug sogar schwarze Handschuhe. Ihr violettes Haar fiel ihr in weichen Locken über den Rücken und wurde zu den Spitzen hin immer mehr rosa. Man hätte sie für schön halten können, doch ihre rehhaften, braunen Augen waren ohne Wärme und mit nichts als verschlingender Leere gefüllt.

„Lady Asha", sagte sie leise und versank in einen anmutigen Knicks, „Ihr habt nach mir verlangt?"

Asha wandte sich um und neigte leicht den Kopf. „Das habe ich, Syla. Wir müssen etwas bereden, du und ich. Setz dich doch." Hinter diesem Satz steckte keine Bitte, das spürte nicht nur ich.

„Meine Stiefmutter.", meinte Pandora leise als Erklärung und ich war dankbar dafür, dass sie das alles bereits gesehen hatte und es mir nun erklären konnte. So war ich nicht komplett verloren in dieser Erinnerungsschleife, die keiner von uns beide gehörte.

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