Kapitel 20

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An einem Samstagabend tatsächlich zu Hause bin ich nur noch dazu in der Lage die Decke anzustarren. Alleine heute ist so viel schiefgelaufen... und das obwohl es mir durch Angel ein klein wenig besser ging. Sie hat mich einfach wirklich bestärkt was ich wirklich sehr gebraucht habe. Jetzt gerade ist der Gedanke an sie allerdings nur etwas das mich noch weiter durcheinander bringt.

Dabei habe ich keine Ahnung wie es jetzt soweit kommen konnte. Vielleicht wäre das mit Jonas gar nicht passiert wäre ich nicht so durcheinander. Und hätte meine Schwester nicht ausgerechnet das gefragt wäre ich gar nicht so durcheinander gekommen. Dann würde ich jetzt vielleicht noch immer ruhig mit Jonas auf dem Sofa liegen ohne mir solche Gedanken machen zu müssen.

Selbst wenn niemals alles perfekt war oder so, wie man es in eigentlich jedem Roman ließt, war es deutlich besser als das hier. Schon alleine weil meine Eltern sofort als ich nach Hause gekommen bin wieder auf heile, perfekte Familie machen mussten. Dabei ist es schon seit Jahren nicht mehr so, ich verstehe nicht warum sie es noch versuchen. Sowieso bin ich in ein paar Monaten achtzehn und sie werden mich höchstens mal an Weihnachten sehen. Je nach dem wie ich drauf bin.

Aber das ist gerade nichtmal das Problem, das ist viel mehr Angel und die ganze Sache mit Jonas. Alles was er vorher gesagt hat, hat mich ziemlich getroffen auch wenn ich weiß das es so ist. Ich sage ich liebe ihn, halte es aber nicht aus ihm nahe zu sein. Selbst einfach neben ihm zu schlafen ist teilweise wie eine Qual für mich und mir ist bewusst das das in einer Beziehung nicht normal ist. Nur habe ich das immer wieder verdrängt und wollte nicht darüber nachdenken.

Und jetzt ist das nichtmal mehr das einzige Problem das ich habe. Angels Rolle ist dabei leider auch nicht gerade klein. Vorher habe ich ganz kurz auf meinen Startbildschirm geschaut, sie hat mir geantwortet.

Mit Ja, das heißt sie ist wirklich lesbisch. Nach dieser Erkenntnis verstehe ich einige ihrer Nachrichten besser, das sie mich gleich mit Süße angeschrieben hat, das ich ihr Engel bin und immer wieder das ich süß bin oder so. Und trotz all dem gelingt es mir nicht sie anders zu sehen, sie ist einfach Angel wie sie immer war und das ist nur eine weitere Kleinigkeit die ich über sie weiß. Nur das es für mich alles andere als eine Kleinigkeit ist.

Es ist nicht so das es mich stört, aber es bringt mich durcheinander. Will Angel dann etwas von mir? Wenn sie so mit mir schreibt? Und wenn ja, wie würde ich damit umgehen? Stört es mich? Nicht wirklich... nichtmal ein kleines bisschen. Aber das muss ja nichts heißen oder? Nur weil mich das nicht stört und ich mir auch vorstellen könnte so wie sie es geschrieben hat kuschelnd auf der Couch zu liegen, heißt das noch lange nicht das ich lesbisch bin. Hoffe ich zumindest.

Ich will einfach nicht das sich mein Leben noch weiter verändert oder seltsam wird, ich will einfach nur meinen Freund lieben und ausziehen. So wie jeder Teenager es eben tut. Nicht mehr... nur funktioniert das irgendwie nicht. Irgendwas mit mir funktioniert nicht. Es wäre immerhin so viel leichter einfach Jonas zu lieben anstatt mir solche Gedanken zu machen. Es wäre wirklich schön ein einfaches, ruhiges ungeordnetes Leben zu haben.

Stattdessen muss ich mich jetzt entscheiden ob ich mit Jonas schlafe oder Schluss mache, jetzt wird er einfach keine Ausreden mehr tolerieren. Selbst wenn ich gerade inmitten einer Identitätskrise stecke und vollkommen durcheinander bin, entweder ganz oder gar nicht.

Nur leider weiß ich das selbst noch nicht, ich habe keine Ahnung was ich tun soll. Ich brauche Jonas, ich möchte ihn nicht als meinen Freund verlieren auch wenn nichts zwischen uns so ist wie es sein soll. Aber ich brauche diese Beziehung trotzdem, ich brauche meinen Zufluchtsort, vor allem jetzt an Weihnachten. Ich halte es nicht die gesamten Ferien hier aus, selbst Wochenende sind dafür viel zu lang, jedoch weiß ich auch nicht wie es wird wenn ich mit Jonas schlafe.

Vollkommen durcheinander streiche ich mir meine Haare nach hinten während ich einfach nur für einen Moment versuche an nichts zu denken, meine Gedanken weit von mir schiebe und so weiter an die wand starre. So werde ich nicht weiterkommen. Eigentlich sollte ich Jonas ja gar nicht erst immer nur mit einem Zufluchtsort verbinden der besser ist als zuhause, das ist ihm gegenüber eigentlich gar nicht fair. Doch das bin ich sowieso nicht und auch sonst niemand. Wäre die Welt fair gäbe es diesen ganzen Mist ja auch gar nicht.

Von meinen wieder ins negative abgleitenden Gedanken, welche mir vor allem die Schuld nehmen sollen, werde ich von dem leisen Summen meines Handys abgelenkt welches mich auf neue Nachrichten hinweist.

Leise aufseufzend greife ich danach und öffne den Startbildschirm. Natürlich ist es Angel die mir geschrieben hat, wer auch sonst. Seufzend lass ich mir alle Nachrichten anzeigen welche ich mir dann durchlese.

Fallen_Angel
Geht es dir gut? Ist was passiert?

Ist was mit deinen Eltern? Oder ist das einfach ein Problem für dich? Liegt es daran das ich lesbisch bin?

Lauten ihre Nachrichten während ich mir gestresst durch die Haare fahre. Es ist eigentlich wirklich süß von ihr das sie sich sorgen macht und ich freue mich auch darüber, nur hilft mir das gerade überhaupt nicht weiter.

Dabei sind die Antworten auf ihre Fragen so einfach: nein, es geht mir nicht gut. Ja es ist etwas passiert. Es ist nichts mit meinen Eltern. Das ist kein Problem für mich. Und nein, irgendwie ist genau das kein Problem für mich und ich verstehe nicht warum.

Doch trotz dessen das ich weiß das ich mit Angel über alles reden kann und sie es verstehen würde oder mich zumindest nicht verurteilen würde, schaffe ich es nicht ihr das zu schreiben.

Stattdessen lege ich mein Handy nur wieder weg, ich habe zumindest einen Entschluss gefasst. Wie gut der ist wird sich dann herausstellen. Aber ich bin es mir, Jonas und auch Angel schuldig mir darüber klar zu werden was mit mir los ist. Und wie könnte ich das besser herausfinden als einfach mit Jonas zu schlafen. Immerhin ist es ja nur Sex, nichts weiter. 

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