Kapitel 44

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Einerseits viel zu müde und andererseits unglaublich aufgeregt verlasse ich am letzten Schultag die Wohnung meiner Eltern, heute werde ich sogar für ganze zwei einhalb Wochen zu Angel gehen und kann dort dann auch lange bleiben worauf ich mich auch wirklich sehr freue. Sich einfach bei ihr vor der ganzen Welt zu verstecken und all die Reibereien mit meinen Eltern und alles was mit Jonas zu tun auszublenden.

Außerdem freue ich mich schon jetzt unglaublich sehr darauf mit Angel Weihnachten zu feiern, so lange habe ich das nicht mehr und irgendwie habe ich es schon vermisst, wenn auch nicht mit meiner Familie. An Weihnachten war dann schließlich immer alles schlimmer als sonst.

Wenn ich nicht aus meinem Zimmer gekommen bin wurde ich die ganze Zeit genervt, laute Weihnachtsmusik, ständiges klopfen an meiner Tür und das Locken mit Geschenken. Als ob ich irgendwas von meinen Eltern noch geschenkt bekommen haben wollte, vor allem an Weihnachten.

Noch schlimmer war es allerdings wenn ich mein Zimmer doch verlassen habe, war es auch nur um ins Bad zu gehen. Sofort war meine Familie um mich, meine Eltern haben mich nicht wieder gehen lassen. Dann gab es großes Essen, meine Schwester hatten sie davor tatsächlich in die Kirche geschleppt und wir mussten vor dem Essen beten. Danach gab es dann Wein... etwas für das ich meine Eltern nur umso mehr hasse. Jedes Mal die gleiche Marke, jedes Mal die Flasche die mein Vater vor Jahren nach mir geworfen hat. Meistens war mir zu schlecht irgendwas zu mir zu nehmen während Elsa sich mit Keksen vollgestopft hat. Bis es dann Geschenke gab, mit einer läutenden Glocke und all dem. Und danach das obligatorische Weihnachtsfoto. Egal wie sehr ich mir Mühe gegeben habe es zu zerstören haben meine Eltern es immer geschafft uns darauf wie eine perfekte, glückliche Kleinfamilie darzustellen. Als gäbe es in unserem Leben nichts schlechtes, keine Schattenseiten und nichts über das man nicht spricht. Wie ich dieses Getue doch hasse.

Aber ich muss glücklicherweise nie wieder mit ihnen feiern. Stattdessen kann ich das mit Angel tun, mit ihr wird alles viel schöner und besser werden. Alleine der Besuch auf dem Weihnachtsmarkt war unglaublich schön und ich freue mich sehr darauf zu sehen was sie vielleicht sogar schon vorbereitet hat. Vielleicht backen wir auch etwas zusammen, ich glaube dann würde ich Weihnachtskekse auch wieder mögen.

Schon alleine von dem Gedanken von Angel mit etwas Mehl im Haar und ihrem warmen lächeln werden all die düsteren Gedanken die ich seit Jahren mit Weihnachten verbinde weggewischt. So wird es nie wieder sein, meine zukünftigen Weihnachtsfeste werden voller Licht, Freude und Zuneigung sein. Und dieses Jahr fange ich bei Angel damit an.

„Ich bin zurück wenn die Schule wieder anfängt, schöne Weihnachten zu dritt" rufe ich noch kurz in die Wohnung, wohl wissend das meine Eltern bereits Urlaub haben und vermutlich nichts weiter wollen als schlafen. Aber mir ist das vollkommen egal, ich wollte jahrelang auch nichts weiter als weniges ein Funken Reue, ein Wort der Entschuldigung und meine Ruhe um an Weihnachten nicht an diese Familie denken zu müssen. Davon habe ich nie etwas bekommen, warum sollten meine Eltern dann ausschlafen dürfen.

Mit einem lauten Rums, mir ist es wirklich vollkommen egal wer sich dadurch gestört fühlt, ich bin für zwei Wochen weg, lasse ich dir Türe hinter mir und schloss fallen und merke wie viel leichter ich mich mit jeder einzelnen Treppenstufe spüre welche ich nach unten gehe.

Die Schule heute wird schließlich nicht mehr wirklich anspruchsvoll sein, nicht mal kurz vor dem Abi macht irgendwer am letzten Tag vor den Weihnachtsferien Unterricht. Heute werden Filme geschaut und in den jüngeren Klassen sogar etwas zu essen organisiert. Den Gottesdienst heute Morgen habe ich schon ausfallen lassen und konnte so eine Stunde länger schlafen, schon ein ziemlich guter Start in den Tag, auch wenn es noch immer viel zu früh ist.

Trotz dessen das ich Angel schon in wenigen Stunden sehen werde, immerhin habe ich nur bis ungefähr elf Uhr Schule, war meine Sehnsucht nach ihr gestern einfach viel zu groß um sie nicht anzurufen und mit ihr zu reden viel zu groß. Da sie allerdings schon mit ihrer Hausarbeit angefangen hat um mehr Zeit für mich zu haben konnte sie erst etwas später am Abend. Da ich heute aber auch nicht aufpassen muss und bei Angel einfach bei ihr sein werde und keinen Gedanken an schlafen verschwenden werde ist auch das kein Problem.

Mit einem leichten Lächeln, das erste seit langer Zeit an einem letzten Schultag, stecke ich schließlich meine Kopfhörer ein und stelle dir Musik laut während ich zur Bushaltestelle laufe. Ich weiß noch immer nicht genau was es ist, aber Angel macht mich unglaublich glücklich. Wenn ich ihre Stimme höre fühle ich mich wie in einer Blase durch die niemand kommen kann, die die Außenwelt und alles außer Angel und mir ausschließt. Und auch wenn Ich weiß das wir irgendwann über alles sprechen müssen um das zwischen uns zu klären genieße ich jeden einzelnen Moment den ich noch mit ihr habe.

Nach der Busfahrt an der Schule angekommen nehme ich meine Kopfhörer allerdings doch wieder aus meinen Ohren, immerhin will ich sie nicht abgenommen bekommen oder so, und sehe mich nach Quinn um welche gerade an dem Eingang zum Schulhof steht. Leicht grinsend laufe ich zu ihr bevor ich ihr fast schon um den Hals falle.

„Hey, ich freu mich auch dich zu sehen?" begrüßt sie mich leicht grinsend und drückt mich kurz bevor ich mich wieder von ihr löse und wir uns langsam auf den Weg ins Gebäude machen. „Wann warst du das letzte mal vor Weihnachten so glücklich? Angel scheint dir gut zu tun" stellt Quinn sofort fest, auch ohne das ich viel mit ihr rede weiß sie wie es mir geht und was los ist. Selbst wenn ich manchmal das Gefühl habe unsere Freundschaft sei ein wenig oberflächlich zeigt mir Quinn immer wieder das es absolut nicht so ist.

„Das scheint sie wohl wirklich, auf jeden Fall geht es mir wirklich gut. Ich freue mich sogar auf Weihnachten" erkläre ich ihr grinsend, sie weiß wie sehr ich Weihnachten gehasst habe, selbst wenn ich ihr nicht alles so erzählt habe wie Angel konnte sie nicht anders als das mitzubekommen.

„Du bist kaputt" erwidert sie darauf nur wieder grinsend während wir in unser Klassenzimmer treten. 

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