Meine erste Nacht war schrecklich. Knackende Rohre, schnarchen, Randale. Ich wünschte mir, nie erwischt worden zu sein. Ich öffnete meine Augen und schaute an die einsturzgefährdete Decke. Sie war an manchen Stellen gerissen und überall mit feuchten Stellen versehen. Ich seufzte leise. Heute müsste mein Gerichtstermin sein, aber nach dem zu urteilen, was Zayn mir gestern gesagt hatte, wären sieben Wochen ein Minimum.
Schritte auf dem Gang ließen mich aufhören. Ich setzte mich auf und sah Zayn, wie er Klimmzüge an den Gitterstäben machte. Als jedoch ein Wachmann um die Ecke und zu unserer Zelle kam, ließ Zayn los und verzog sich, nach einem vernichtenden Blick, auf sein Bett. Der Bulle schloss die Zellentür auf und winkte mich zu sich. Ich stand langsam auf und warf Zayn einen flüchtigen Blick zu, aber dieser schaute nur irgendwo anders hin.
„Heute noch, Zecke!“, blaffte mich der Bulle an und kam mir einen Schritt entgegen, griff nach meinem Handgelenk und zog mich aus der Zelle. Bevor wir weiter gingen, legte er mir die Handschellen um, die meine bereits verwundete Haut noch mehr beanspruchten. Dann schubste er mich vor sich her. Ich erhaschte erneut die Blicke auf die anderen Sträflinge, die mich teilweise mit dem Todesblick ansahen. Der Bulle drängte mich in einen Aufzug und drückte einen Knopf. Dieser begann zu leuchten und kurz darauf schlossen sich die Türen. Der Fahrstuhl ruckelte etwas, bevor er sich in Bewegung setzte und in den vierten Stock tuckelte. Bevor wir am Ziel ankamen, blieb der Aufzug zweimal stehen, einmal im Erdgeschoss und im zweiten Stock. Nun stand ich dort, umringt von Bullen, die mich alle so ansahen, als hätte ich die Pest. Ich dankte Gott, als die Tür zuging und wir im vierten Stock ankamen. Der Bulle, der mit mir eingestiegen war, schubste mich grob aus dem kleinen Raum, wofür ich ihm unendlich dankbar war, denn erstens waren es mir ein Hauch zu viele Bullen und zweitens würde ich jetzt einen Ohrwurm von dieser beschissenen Fahrstuhlmusik haben.
Wir durchquerten die Wach und gelangten ins Gerichtsgebäude, wo viele Männer und Frauen in ihren Roben an uns vorbeirauschten und hinter geheimnisvollen Türen verschwanden. Wir blieben vor einer dieser rätselhaften Türen stehen. Hier drin würde wohl mein Urteil ausfallen, dachte ich und spürte, wie der Bulle die Handschellen löste. Zufrieden rieb ich mir die aufgescheuerten Stellen und wartete auf irgendeine Reaktion. Die Tür wurde geöffnet und ein Richter trat heraus. Er nickte meinem Begleiter zu und verschwand um die Ecke. Der Polizist schubste mich in den Saal und sofort schaute ich mich um. Viele Bänke an der Rückseite, ein Tisch einsam in der Mitte des Raumes und ein Pult am anderen Ende des Saals. Der Richtertisch war umgeben von weiteren Tischen, an dem die Geschworenen sitzen. Ob ich wohl einen Verteidiger haben würde? Der Saal füllte sich mit allen möglichen Leuten, die ich nicht kannte, aber wusste, was sie hier verloren hatten. Paparazzi. Ich wurde zu dem einsamen Platz in der Mitte gelotst und mehr oder weniger gewaltsam auf den Stuhl gedrückt. Hinter mir vernahm ich Stimmengewirr, welches jedoch abrupt verstummte, als die Geschworenen den Saal betraten. Als der Richter hineintrat, standen alle auf, so auch ich. Nach seinem Zeichen, setzten sich alle wieder hin und der Richter begutachtete meine Akte. Dann begann die Verhandlung.
Ich hatte einen Verteidiger und keine Ahnung, wie er es geschafft hatte, mir nur Sozialstunden aufzubrummen. Na gut, ich konnte mir besseres Vorstellen, aber wer sitzt lieber im Knast, als Sozialstunden zu machen? Ich wurde direkt nach der Verhandlung in ein Büro gebracht, wo ich schon mindesten zwanzig Minuten wartete und immer noch keiner gekommen war. Also beschloss ich, mich etwas umzusehen. Die hohen Fenster waren streifenfrei geputzt und die Vorhänge sauber zurückgehalten. Die Wände waren in einem Beigeton, der Boden in grauem Linoleum. Die Decke war verputzt und weiß gestrichen. Das Regal, in dem vermutlich Akten waren, der Schreibtisch und das Ordnerregal waren aus hellem Holz. An der Wand hinter dem Schreibtisch hing ein Bild, mit Sicherheit von Picasso, so wie das aussah. Als die Tür geöffnet wurde, schrak ich zusammen. Eine Frau, etwas älter stand mir gegenüber und musterte mich.
„Sie sollen Ihre Sozialstunden als in meiner Klinik abhalten?“ Es klang wie eine Frage, doch ich hörte ihren verächtlichen Unterton und nickte nur. Die Frau ging durch das Zimmer und setzte sich an ihren Schreibtisch. Nachdem sie ein paar Blätter sortiert hatte, blickte sie auf, traf meinen Blick für eine Sekunde und wand ihn wieder ab. Dann deutete sie auf den Platz vor sich, auf dem ich bis eben noch gesessen hatte. Ich verstand ihre Anweisung und setzte mich vor sie. Ich versuchte ihrem Blick standzuhalten, schaffte es jedoch nicht.
„Dann erzählen Sie mal“, brach die Frau die Stille und schenkte ihre Aufmerksamkeit den Dokumenten vor sich.
„Was wollen Sie wissen Ma’am?“, fragte ich und musterte ihr Gesicht. Es lag in leichten Falten und ihre angrauenden Haare hatte sie zu einem hohen, aber lockeren Dutt gebunden, aus dem sich einzelne Strähnen lösten. Sie trug einen Ring, was mich schließen ließ, dass sie verheiratet sei. Sie rückte grade die Brille auf ihrer Nase zurecht und schaute mich wieder an.
„Haben Sie Erfahrung mit Patienten?“ Ich war verwirrt. Patienten?
„Verzeihen Sie, Ma’am, aber könnten Sie mich aufklären, zu welch einer Sozialarbeit ich hier gezwungen bin?“ Ich versuchte ruhig zu reden. Die Dame seufzte.
„Mr Payne, Sie werden mir die nächste Zeit assistieren. Ich bin Therapeutin für die Patienten des Bethlem Royal Hospital“, erklärte sie mir.
Na toll. Ich sollte in eine Irrenanstalt?!
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Hello People ♥
wow fast schon 200 reads *-* danke dafür ♥
ich hoffe, euch hat das Kapitwl gefallen :)
freu mich über votes und Kritik.
Neverland3r xoxo
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Mute [*Abgeschlossen*]
Novela Juvenil»Und man weiß nicht, was mit ihr ist?« »Sie spricht nicht.« © Neverland3r 2014