Kapitel 20 - F I N N

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Thea unterhält sich mit uns, auch wenn ich stark vermute, dass sie das nur macht, um von ihrem Mann abzulenken. Theo starrt das Bild nämlich immer noch an.

Ich schätze das ist ein gutes Zeichen, aber wer weiß das schon.

Immer wieder sehe ich zu ihm hin und hoffe, dass er langsam fertig wird, sich ein Urteil zu bilden. Ich muss ihn nämlich abfangen und etwas unter vier Augen mit ihm besprechen. Theoretisch könnte ich das auch in Anwesenheit von Allie tun, doch ich weiß nicht, ob sie meine Hilfe zu schätzen wüsste.

Endlich! Endlich sieht Theo auf und wagt einen Blick in unsere Richtung. Er sieht Allie für eine Sekunde interessiert an, genauer gesagt ihre Hände. Ich stöhne auf als er sich wieder umdreht und von vorn anfängt Allies Gemälde zu betrachten.

Thea tätschelt mir gutmütig die Schulter. „Das kann noch eine Weile dauern."

„Meinst du, er ist irgendwann an diesem Abend noch ansprechbar?"

Ein leichtes Lächeln ziert ihr Gesicht. „Vielleicht."

Am liebsten hätte ich nochmal gestöhnt. Notiz an mich: Gib Theo ein Bild und komm erst am nächsten Tag wieder.

„Ist es denn dringend?"

Ich wiege den Kopf hin und her. Schon ein wenig. Natürlich hätte es noch Zeit, aber besser früher als später.

„Ok Geheimniskrämer. Ich bohre nicht weiter nach. Viel Glück." Thea geht. Sie streicht ihrem Mann über den Rücken und flüstert ihm etwas ins Ohr. Für einen Moment richtet er seine Aufmerksamkeit auf sie und antwortet. Als sie weggeht, ist sein Blick wieder auf das Bild gerichtet.

„Was denkst du, sieht er?"

Allie ist näher an mich gerückt und sieht Theo mit gerunzelter Stirn dabei zu.
Ich beuge mich zu ihr runter und flüstere: „Keine Ahnung. Vielleicht fühlt er sich cool dabei."

„Nein das ist es nicht. Er hat Ahnung. Ich weiß nur nicht warum er das macht."

„Was macht er den?" Für mich sieht es einfach nur albern aus.

„Er hat meinen Pinselschwung verfolgt und jetzt sieht er sich die Farbkombination an."

„Ah." Was auch immer das heißen soll, ich versteh kein Wort. Zwangsläufig werde ich für Allie auch einmal Kunst verstehen lernen müssen, doch ich hoffe, dass ich nie wie Theo ende. Wenn er das Bild jetzt noch ableckt, um die Farbe zu testen, bin ich raus.

„Was steckt ihr denn so die Köpfe zusammen?"

Ein Wunder ist geschehen. Theo ist fertig und gesellt sich zu uns.

„Es ist gut."

Allies Augen leuchten bei seinem Kompliment auf. „Findest du?"

„Ja. Die Technik ist gut, aber selten. Ich habe sie noch nicht bei vielen Bildern gesehen. Hast du Ölfarben verwendet?"

„Ja, aber ich habe sie ein wenig verdünnt."

„Ah! Das erklärt einiges. Warum bevorzugst du keine Borstenpinsel?"

Ich sehe Theo an, als wäre ihm ein zweiter Kopf gewachsen. Wie will er das denn alles wissen? Und warum hat er wirklich so viel Ahnung? Ich wusste ja, dass er auf Kunst steht. Das beweisen die vielen Bilder um uns herum, doch das toppt meine Erwartungen erheblich.

„Ich mag es filigraner. Bei Borstenpinseln habe ich immer das Gefühl gleich ein Haus zu streichen. Außerdem würde es die Harmonie zerstören, wenn ich für den Hintergrund und das eigentliche Motiv verschiedene Techniken anwende."

„Meinen Respekt. Das muss doch dann ewig gedauert haben."

„Es hat seine Zeit gebraucht, ja", spielt Allie herunter. Ihre Wangen sind ein wenig gerötet. Ich wünschte, ich könnte auch so mit ihr über Kunst reden. Dass ich dafür verantwortlich wäre.

Verdammt! Dieser Abend ist verrückt. Jetzt bin ich schon neidisch über Theos Kunstkenntnisse!

Die beiden unterhalten sich noch eine Ewigkeit über Kunst. Ich lege meinen Arm um Allie und höre den beiden einfach nur zu. Theo quittiert mein Annäherungsversuch mit einem Lächeln, sagt aber nichts weiter dazu.

„Ähm wo ist denn hier die Toilette?"

„Da hinten links."

Sobald Allie außer Hörweite ist, stürze ich mich auf Theo.

„Also? Es ist gut, oder?"

„Richtig gut sogar."

„Hör mal, Theo. Meinst du, du könntest das Bild zufällig mal in einer Instagramm Story im Hintergrund haben. Allie würde nie auf die Idee kommen zu fragen, aber ein wenig Werbung schadet doch nie."

„Gern, Mann. Das tue ich wirklich sehr gern. So ein hübsches Kunstwerk darf nicht einfach nur in der Ecke stehen. Es muss gezeigt werden." Theo reckt die Faust nach oben, so als würde gleich heldenhafte Musik gespielt werden, wie in diesem Spartakus Film, den Allie und ich uns vor ein paar Tagen angesehen haben.

Lachend bedanke ich mich bei ihm. „Eine Frage hätte ich da noch. Was zum Teufel ist Aquarell?"

„Aua!" Theo stöhnt als wäre er verwundet. „Du kennst dich wirklich gar nicht aus, oder?"

„Sehe ich so aus?"

„Definitiv nicht!", lacht er mich aus. „Aber wenn du willst und du dich an meine Zeiten anpasst, kann ich es dir im Kraftraum die nächsten Tage erklären. Zumindest die Grundlagen. Ich weiß nicht, ob dir zu mehr das gewisse Etwas fehlt", zieht er mich auf.

„Danke, Kumpel! Vielen Dank!"

„Aber wenn du dich jetzt für Kunst interessierst, könnte ich dir eine Ausstellung empfehlen. Sie hat erst vor ein paar Tagen geöffnet, ist aber super."

Allie gesellt sich wieder zu uns und sofort ziehe ich sie wieder an mich. Nicht das sie mir im Gedränge verloren geht. Theos Wohnzimmer ist vielleicht groß, aber selbst das wird irgendwann voll. Aber wem mache ich etwas vor? Ich tue das ganz sicher nicht deswegen.

„Über was unterhaltet ihr euch gerade?"

„Theo hat eine Kunstausstellung erwähnt."

Allie sieht zu mir auf und ihre Augen weiten sich. „Du meinst die im Bondy-Viertel?"

Theo nickt und Allies Augen beginnen zu leuchten. „Ich habe davon gelesen. Sie soll super sein."

„Das ist sie. Selbst Thea und meinem Sohn haben die Kunstwerke gefallen. Es ist wirklich für jeden etwas dabei."

Ich merke wie sich Allie mehr an mich lehnt, während sie spricht und ich genieße es.

So wie sie von der Galerie und dem Künstler spricht, ist sie ein Fan. Damit wäre wohl klar, dass ich dort hingehe. Mit ihr natürlich. Sonst würden mich keine zehn Elefanten dort hinein bekommen.

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