Kapitel 19 - F I N N

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Ich starre Allie hinterher. Ich weiß, dass sie sich hier an meiner Seite sicherer fühlt, aber ich muss etwas Wichtiges mit Theo allein besprechen und in Theas Armen ist sie gut aufgehoben.

„Sie mag dich.“

Verwundert sehe ich zu Theo hinüber, der den beiden Frauen ebenso nach sieht.

„Was meinst du?“

Theo sieht mich grinsend an. „Allie. Sie sieht dich an.“

„Na und? Das tun einige Frauen in diesem Raum.“

„Jaja. Verarsche mich ruhig, aber ich meine es ernst. Ich glaube, du hast es fast geschafft.“

„Kannst du nicht einfach sagen was du denkst?“, frage ich ihn genervt. Er soll einfach mit der Sprache raus rücken.

Er sieht mich kopfschüttelnd an, als wäre ich bescheuert. Na vielen Dank auch!

„Ich glaube, dass Allie“, fängt er an und spricht dabei extra langsam und deutlich, „dich mehr mag als einen Freund.“

Ich runzle die Stirn. „Dann hätten wir eine Stufe übersprungen.“

„Ach was, Finn. Ihr seid Freunde. Gute Freunde. Sehr gute sogar. Ich denke nur, dass Allie endlich aufgefallen ist, dass du mehr zu bieten hast, als nur das.“

„Dann erzählst du mir aber nicht viel Neues. Wir waren letztens auf einem Date.“

Theo sieht mich mit großen Augen an und klappt den Mund gespielt weit auf. „Haben die Schweine angefangen zu fliegen?“

„Offenbar.“

„Mann, Mann, Mann, dass ich das noch erleben darf.“

„Mach dich nur lustig über mich.“

Lächelnd beobachte ich Thea und Allie, wie sie unser Bild auspacken und anfangen darüber zu reden. Allies verkrampfte Schultern lockern sich zunehmend und nach einem Satz von Thea strahlt sie. Ich wüsste zu gern was Thea ihr gesagt hat, um sie so zum Lächeln zu bringen. Allie fängt mit großen unterstützenden Gesten an zu reden. Sie hört gar nicht mehr auf.

„Offenbar ist sie nicht die einzige von euch beiden, die die Freundschaftsstufe überspringen will.“

„Was?“

Theo sieht mich wohl wissend an und nickt dauernd wie einer dieser Wackelkopfdackeln.

„Ich wusste es. Da läuft etwas zwischen euch.“

Genervt seufze ich auf. „Nein, Theo. Und wenn dann würdest du es natürlich sofort erfahren“, trällere ich ihn süßem Ton.

„Das hoffe ich doch.“

Ich beobachte Allie noch eine Weile, während ich warte, dass Theo endlich das sagt, was er schon von Anfang an sagen will. Ich kenne ihn, lese ihn seit drei Jahren auf dem Spielfeld und bin seit zwei Jahren mit ihm befreundet. Er redet gern meilenweit um das Ziel herum, aber wenn man nur lang genug still ist, dann sagt er einem genau das, was er denkt. Das schätze ich an ihm. Auch wenn, diese Eigenschaft manchmal wirklich nervig ist.

„Ok was ich also eigentlich damit sagen wollte...“

Ich versuche mein Grinsen zu unterdrücken. Ich liebe es mit meiner Menschenkenntnis recht zu haben.

„Ich glaube, du könntest ruhig etwas riskieren. Denn nächsten Schritt machen. Keine Ahnung wie du das nennen willst.“

Ich nicke nur, denn ich bin mir dabei nicht so sicher. Allie fühlt sich wohler in meiner Gegenwart. Sie lacht viel und wirkt glücklich, aber ich weiß nicht, ob sie ihre Probleme nur verdrängt und mich als Ablenkung benutzt, oder ob ich Erfolg hatte. Von Anfang an war ich nur als Ablenkung gedacht, aber wenn ich jetzt daran denke, dreht sich mir der Magen um. Ich will nicht, dass Allie mich als nur das wahr nimmt. Ich wollte von Anfang an mehr, habe mich aber zurück gehalten. Ich will nicht alles kaputt machen, indem ich jetzt zu schnell agiere und sie möglicherweise unter Druck setze. Das, was wir gerade haben, ist gut und ich will nicht, dass sie mich wieder weg schiebt.

„Denk darüber nach, Kumpel. Aber mach schnell, bevor du auf der Nur-Freunde-Liste stehst.“

Er schlägt mir aufmunternd auf die Schultern und geht zur Tür, um die nächsten Gäste lautstark zu begrüßen und ihnen schon Getränke in die Hand zu drücken.

Ich warte noch einen Moment und lasse Theos Worte sacken. Ich werde erst darüber nachdenken müssen.

Allies Lachen schallt über die Gäste und ich sehe lächelnd zu den beiden. Sie sieht wahnsinnig glücklich und zufrieden aus. Sie liebt es, liebt es wirklich. Ihre Kunst und auch über diese zu reden.

Oh! Fast hätte ich es vergessen. Ich halte meine Hand zurück, bevor sie mir gegen die Stirn schlägt. Würde wahrscheinlich nicht so gut bei den anderen Gästen ankommen, wenn ich mich ohne Grund selbst schlage.

Ich kämpfe mich zu Theo durch und setze mein bestes gefaktes Lächeln auf. Coach Rey ist hier. Warum zum Teufel hat er ihn eingeladen? Natürlich steht sich unsere Mannschaft nahe. Wir sind Freunde und meist nicht nur Kollegen, aber das gilt nicht für den Coach.

Theo sieht mit einem Blick, dass mein Lächeln nur oberflächlich ist und ich mit ihm reden will. Genauso wie ich sofort erkenne, dass er dafür dankbar ist.

Trotzdem begrüße ich Coach Rey mit einem Handschlag und wechsle ein paar Worte Smalltalk mit ihm. Es gehört sich eben.

Sobald es nicht mehr unhöflich ist zu gehen, ziehe ich Theo mit mir.

„Ich habe noch etwas wichtiges vergessen.“

Theos Stirn runzelt sich und Fragezeichen stehen in seinen Augen. „Aha?“

Ich drehe seine Schultern und positioniere ihn in den perfekten Blickwinkel, um Allies Bild zu betrachten, denn ehrlicherweise ist es nicht unseres, sondern allein ihr Werk.

„Also was sagst du?“

„Ist nicht schlecht.“

„Nicht schlecht? Es ist großartig.“

„Verstehst du denn auf einmal etwas von Kunst?“

„Nein, aber ich sehe trotzdem, dass dieses Bild potenzial hat.“

„Bild“, murmelt Theo abfällig und schüttelt den Kopf. „Du hast nicht einmal den blassesten Schimmer von Kunst.“

Theo geht automatisch näher hin und kneift die Augen zusammen. Er betrachtet – nein er studiert das ... Bild, oder welchen Ausdruck Theo auch immer dafür verwenden will, eingehend. Er dreht den Kopf einige Male hin und her und geht wieder nach hinten. Dann nach vorn und bleibt dann in der Denkerpose stehen. Die Faust am Mund, einen Finger ans Kinn klopfend, die Stirn nachdenklich gerunzelt. Oh Mann! Jetzt kräuselt er sogar die Lippen.

Das hat er früher schon gemacht, als er noch keine Ahnung von Kunst hatte, aber fachmännisch aussehen wollte. Leider hat er nun Ahnung und hat diese Geste perfektioniert.

Ich fand sie schon immer bekloppt, aber die Menschen haben sie ihm schon damals abgekauft, als sie noch aufgesetzt war.

„Also was sagt dein fachmännisches Urteil?“, frage ich und versuche das Lachen zu unterdrücken.

Theo stoppt mich ruckartig, indem er die Hand hebt und mich keines Blickes würdigt. Sein Blick ist immer noch auf das Bild gerichtet. Er geht nach vorn neben Allie und Thea. Allie runzelt kurz die Stirn bei seinem Anblick, doch Thea zieht sie ein wenig zur Seite. Ich höre sie „Lass ihn einfach machen. Er fühlt sich dabei unglaublich cool“ murmeln.

„Leider hat er davon wirklich Ahnung.“ Ich geselle mich zu ihnen. Allie lächelt mich warm an und automatisch stelle ich mich mehr auf ihre Seite, um näher bei ihr zu sein.

Ich muss wegsehen, als Theo auch noch anfängt seinen Arsch raus zu strecken, um seine Nase fast an die Leinwand stoßen zu lassen.

Ich fange Allies etwas besorgten Blick auf und lächle ihr ermutigend zu. „Keine Sorge. Er ruiniert das Bild nicht. Nicht wahr, Theo?“, rufe ich ihm zu.

Er hebt nur wieder ruckartig die Hand, um mich zur Stille zu zwingen.

Ach ja. Theo und Kunst... Das ist jedesmal amüsant.

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