-𝕊𝕚𝕩-

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Okay, Zach sollte nicht hier sein. Nicht um diese Uhrzeit. Eigentlich gar nicht.

"Was willst du hier?", frage ich (leicht) genervt.

"Ich wollte ... mich bei dir bedanken. Dass du mich da rausgeholt hast, meine ich. Das war echt ... cool." Er kratzt sich am Nacken und sieht von unten zu mir herauf. Er ist ungefähr zehn Zentimeter kleiner als ich, aber ich schätze, als Sechzehnjähriger darf man schon einen Meter dreiundsiebzig groß sein, wenn man so kleine Eltern hat, wie Zach.

Und wenn ich sage klein, dann meine ich winzig.

Jeder in meiner Familie ist verhältnismäßig groß. Meine Tante überragt meinen Onkel mit High Heels um ungefähr fünf Zentimeter und sie hat mir erzählt, dass mein Dad auch verdammt riesig ist. Meine Mutter dagegen sei ein Küken.

Maryse hat lange, dunkle Haare, die sie immer offen trägt und ebenso dunkle, mandelförmige Augen. Ihr Bruder - mein Vater - hat die gleichen dunklen Haare, wie sie und ich, dafür aber blaue Augen.

Auch meine Mom hat blau-graue Augen, aber das Blaue in ihrer Iris ähnelt mehr dem Blau-Grau meiner Augen. Das Blau von Dad ist sehr hell, fast wie ein sonniger Tag in Kalifornien, während Moms und meine Augen eher einer wolkenverhangenen Nacht ähneln.

Ich rede nicht viel über meine Eltern und das ist - zumindest meiner Meinung nach - ziemlich berechtigt. Schließlich kann ich selbst entscheiden, mit wem ich über was rede und das Thema 'Eltern' kommt nichtmal unter die Top 1000 meiner Lieblingsthemen.

Das soll schon was heißen.

Woran genau es liegt, dass ich nicht über sie spreche, weiß ich nicht. Vielleicht daran, dass es nicht viel zu sagen gibt oder einfach, weil es keinen Grund gibt, etwas über sie zu erzählen.

Streift irgendjemand das Thema oder fängt an, von seinen Eltern zu erzählen, verschließe ich mich. Nicht, weil ich meine Eltern nicht leiden kann, sondern einfach, weil ich sie nicht kennen gelernt habe.

Ich weiß nicht einmal, ob sie tot sind oder noch am Leben, in meiner Vergangenheit gab es immer nur Maryse und mich. Viele Fotos zeugen davon, dass sie wirklich existiert haben, aber das war es auch schon.

Erinnerungen habe ich keine, zumindest nicht an die beiden. Da war immer nur meine Tante, die an meiner Seite stand, egal was passiert ist. Keine Mutter, kein Vater, nur meine Tante.

Vielleicht habe ich die Erinnerungen auch gelöscht, weil es zu schmerzhaft ist, sich zu erinnern. Möglicherweise kannte ich sie, stelle mir heute aber vor, sie nie kennen gelernt zu haben.

Wahrscheinlicher ist aber, dass ich sie nicht kennen wollte. Dass sie in meinem Leben keinen Platz gefunden haben, weil sie nicht wichtig waren.

Wer weiß schon, was aus mir geworden wäre, wenn ich bei ihnen und nicht bei Maryse und später auch Victor aufgewachsen wäre.

Langsam komme ich zurück in die Realität. Zach steht vor mir und ich bin immer noch genervt von ihm, aber stelle mich trotzdem näher an die Tür - wir wären beste Freunde, wenn es Kathy nicht geben würde -, um Zach vorbei zu lassen.

Er schluckt, geht aber an mir vorbei ins Haus hinein.

"Genau, wie ich es mir vorgestellt habe", flüstert er in sich hinein.

"Oh, hallo, Zach, wie kommt es, dass du hierher kommst?", fragt Maryse aus dem Schatten links von der Treppe.

"Warum bist du noch wach? Ist morgen früh nicht Miss Pewterschmidt dran? Du solltest schlafen gehen." Ich versuche sie mit meinen Blicken ins Bett zu lotzen.

"Oh, sie kommt morgen nicht, da kann ich ausschlafen." Sie lächelt erst Zach, dann mich an.

"Ich glaube nicht, dass das ein Grund zum Feiern ist, schließlich hat eine deiner Patientinnen Selbstmord begangen. Nicht gerade ein Lob für dein psychologisches Talent, das du dir rahmen lassen und über den Kamin hängen solltest." Ich sehe sie an, als sei sie eine Geistesgestörte.

Nobody | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt