Point of view Noah
Auf dem Dach des siebenstöckigen Hotelkomplexes ist man den Sternen näher als überall sonst in Madison.
Vielleicht liege ich ja genau deshalb hier und stelle mir vor, nicht allein zu sein.
Nicht allein nur mit meinen Gedanken unter einem wolkenverhangenen Himmel, der feine Regenspuren durch die Nacht ziehen lässt, als sei es seine letzte Aufgabe, bevor der Morgen anbricht und die Sonne die Wolken durchbrechen wird.
Vielleicht bin ich aber auch völlig durch, weil ich seit Wochen nicht mehr ruhig schlafen kann.
Elyia und ich sind uns in sehr wenigen Dingen uneinig, aber wenn wir es sind, dann artet das meistens in einem Streit aus.
Dass sie mich vor der ganzen Schule als homophoben Mistkerl dargestellt hat, habe ich ihr bis jetzt nicht verziehen und seit diesem Vorfall vor drei Wochen haben wir auch nicht mehr miteinander geredet.
Was definitiv für uns beide besser ist.
Sie hätte wissen können, dass ich nicht homophob bin. Nein, eigentlich hätte sie es wissen müssen.
"Noah, hier bist du ja. Ich hab dich an der Lichtung vermutet, deshalb bin ich erst dorthin gefahren. Kannst du mir beim nächsten Mal bitte vorher Bescheid sagen, dann muss ich nicht noch zusätzlich 153 Treppenstufen steigen." Mein bester Freund Daniel kommt durch die - eigentlich abgeschlossene - Tür auf das Dach.
Seine roten Haare, die zumindest teilweise seine schottische Herkunft preisgeben, stehen so wie immer in alle Richtungen ab und seine silbernen Augen scheinen mich von oben nach unten und wieder zurück abzuscannen.
Ich kenne Daniel seit ich klein bin, wir haben uns einfach von Anfang an verstanden. Genau weiß ich nicht einmal mehr, wie diese Freundschaft zustande gekommen ist, aber eigentlich ist das auch ziemlich egal.
Er ist weder abgehoben noch arrogant, sondern gegenteilig nett und zuvorkommend, was ihm nicht nur bei Gleichaltrigen, sondern vor allem bei Erwachsenen Pluspunkte einbringt.
Daniel ist ein Jahr jünger als ich. Das hat uns nie gestört, sondern eher bereichert, so konnte ich ihm in seinen schwächeren Fächern helfen. Er war immer sowas wie ein Bruder für mich und ist es immer noch.
"Hey", erwidere ich schlicht und wir klatschen ab, bevor er sich schließlich zu mir legt.
"Geht's dir besser?" Seinen besorgten Blick auf mir spürend, trotz allem aber in die Sterne sehend, kratze ich mich am Arm. "Noah." Er nimmt meine Hand in seine, wissend, dass ich nicht aufhören würde, zu kratzen, wenn er mich nicht aufhalten würde.
"Ich ..." Keine Ahnung, wie ich eine ehrliche Antwort zustande bringen soll, ohne ihn über meine Gefühle aufzuklären.
Wir haben eigentlich nie über Gefühle geredet, warum sollten wir jetzt damit anfangen? Das sehe ich definitiv nicht ein.
Denn es gibt da so eine Sache. Eine Sache, über die ich schon früher mit ihm hätte reden müssen, mich aber nicht getraut habe.
Ich kann Daniel nicht ansehen. Das geht nicht. Er kennt mich in- und auswendig und würde es wissen. Er würde wissen, dass ich es weiß.
Wie ich es herausgefunden habe, tut hier nichts zur Sache. Das Problem ist, dass ich es herausgefunden habe. Hätte ich es nicht, wäre das alles nicht so verdammt kompliziert.
Bin ich eigentlich wirklich so dumm, dass ich es vorher nicht bemerkt habe, oder wusste ich es mein Leben lang, wollte es mir aber nicht eingestehen?
Spätestens bei der Party hätte ich es merken müssen, hätte es Klick machen müssen.
Aber das hat es nicht, sondern leider erst viel später.
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Nobody | ✓
Ficção Adolescente-1. Teil der Social Distances Dilogie- -ABGESCHLOSSEN- Carter hat nicht nur mit seiner Intelligenz, sondern auch mit einem Wort, das andere Menschen Liebe nennen, zu kämpfen. Nur ist diese Liebe eben manchmal kein Wort, sondern ein Gefühl - und Gefü...