Habe ich eigentlich erwähnt, dass Tristan anstrengend ist?
Tristan ist definitiv sehr anstrengend.
Kathy, er und ich sitzen auf der Couch im Wohnzimmer im Haus meiner Tante und lernen für einen bevorstehenden Latein-Test.
Also zumindest wollte Kathy lernen. Ich muss nicht lernen, habe mich aber dazu bereit erklärt, ihr zu helfen und Tristan ist allem Anschein nach dabei, um uns zu nerven.
Es ist Samstag, dass Zach hier war, ist fast zwei Wochen her. Wir haben nicht mehr miteinander geredet und Kathy und ich - wahlweise auch Tristan, wenn er Zeit hatte - haben uns nur noch bei mir getroffen.
Auch ihr scheint aufgefallen zu sein, dass zwischen Zach und mir etwas vorgefallen ist, deshalb hat sie nicht danach gefragt und einfach nachgegeben.
Tristan wedelt vor Kathy's Nase herum, während sie versucht, ihn zu ignorieren, was schwierig ist.
Und wenn ich sage schwierig, dann meine ich wirklich verdammt schwierig.
"Was willst du, Tristan?", fragt Kathy - nur ganz leicht - genervt von dem großen Footballer.
"Eure schwer zu ergatternde, ungeteilte Aufmerksamkeit." Er wartet bis sowohl Kathy als auch meine bescheidene Persönlichkeit ihn ansehen. "In ein paar Wochen ist ja das Homecoming und ich wollte fragen, ob ihr auf den Ball geht."
"Wer geht denn bitte nicht auf den Ball?", frage ich, im Theoretischen verwirrt nach außen hin aber komplett unbeteiligt und fange wie automatisch an, auf Latein zu denken.
Manchmal hasse ich das Etwas in meinem Kopf, das viele Menschen wahrscheinlich Gehirn nennen würden.
"Leute, die zu cool für den Ball sind." Die Antwort kommt prompt, Kathy beginnt zu lachen, aber ich muss die Informationen erst zusammen basteln.
"Dann subtrahier' mich bitte von der Gästeliste", erwidere ich total ernst, was Kathy schon wieder - oder immer noch - in schallendes Gelächter ausbrechen lässt.
"Hab ich schon lange, Carter", grinst Tristan in meine Richtung, während die Blondine neben mir, genannt Kathy, beleidigt die Arme verschränkt.
"Was ist mit mir? Hallo, ich bin ja wohl die allercoolste Person in diesem Universum."
"In diesem und allen weiteren, Kaths", lacht er, während ich nur verdattert und immer noch völlig überfordert mit der Situation daneben sitzen kann.
Die Stimmen verschwimmen und ich befinde mich in einer anderen Realität, die eine Zeit in der Vergangenheit mimt, aber nicht die ganze Wahrheit erzählt.
Irgendwie muss ich schließlich an Zach denken und an das, was nach seinem Outing passiert ist.
Ich dachte viel darüber nach, was ich zu ihm sagen könnte, mir fiel aber nichts ein, was ihn auch nur halbwegs aufmuntern würde.
Dinge wie 'Willkommen im Club', 'Keine Sorge, ich bin auch schwul' oder 'Jeder darf lieben, wen er liebt' schwirrten mir im Kopf herum, aber ich sprach nichts davon aus, was ein unangenehmes Schweigen zur Folge hatte.
Zach starrte mich an und hoffte sichtlich auf eine Reaktion meinerseits, aber ich wusste ehrlich nicht, was ich sagen sollte.
Gedanken schwirrten wie Funken in der Nacht in meinem Gehirn hin und her, aber ich konnte keinen von ihnen greifen, weshalb ich einfach das erste aussprach, was zumindest halbwegs einen Sinn ergab:
"An deiner Stelle hätte ich Marco auch verprügelt."
Zach schien danach genauso sprachlos zu sein, wie ich mich fühlte und ein winziger Teil von mir war erfreut über diese Tatsache.
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Nobody | ✓
Teen Fiction-1. Teil der Social Distances Dilogie- -ABGESCHLOSSEN- Carter hat nicht nur mit seiner Intelligenz, sondern auch mit einem Wort, das andere Menschen Liebe nennen, zu kämpfen. Nur ist diese Liebe eben manchmal kein Wort, sondern ein Gefühl - und Gefü...