Das Haus der Churchills ist sehr südlich gelegen. Die beigen Wände werden hin und wieder von großen Fenstern unterbrochen, die weiträumige Küche wird dadurch sichtbar. Eine spiegelnde Fensterfront bildet einen Teil der südlichen Wand, aber durch die Reflexion kann ich nicht genau sagen, welches Zimmer sich dahinter befindet.
Da Madison einen Kleinstadt ist und jeder praktisch jeden kennt - oder zumindest fast jeden -, werde ich von den Nachbarn der Churchills angesprochen, dass ich doch bitte unbedingt meinen Onkel grüßen soll.
Ist notiert.
Zwei Minuten nachdem ich angekommen bin, fährt ein silberner Chevrolet Camaro vor und Sam und Elyia steigen aus.
"Wie kommt's, dass du vor uns da warst, aber wir dich gar nicht auf den Straßen gesehen haben? Einen dunkelblauen Lykan übersieht man nicht so schnell und überhören tut man ihn erst recht nicht."
Mein Onkel war der Meinung, mein erstes Auto solle statt einem einfachen Kia Optima ein Lykan Hypersport - das viertteuerste Auto, das es gibt - sein. Ich dagegen habe lediglich hinzugefügt, dass ich CO₂-Schleudern nicht leiden kann und den lauten Motor ausbauen werde, wenn er es nicht tut, weshalb das Auto jetzt leiser ist, als es wahrscheinlich sein sollte.
"Ich kenne da meine Schleichwege", erwidere ich schlicht, was Elyia unkommentiert stehen lässt und stattdessen sowohl Tor als auch Haustür aufschließt.
"Wir sind wieder da!", ruft sie dann durch das ganze Haus, erhält aber nur eine gedämpfte Antwort von links, wahrscheinlich ein Wohnzimmer.
Dort gehen wir jetzt auch hin. Auf dem weißen Ledersofa sitzen zwei unbekannte und eine bekannte Person. Die Unbekannten ordne ich als Elyias Eltern ein, der Bekannte ist Connor Churchill, der Senior Partner, der mit uns zu Abend gegessen hat und sich nicht mal verabschiedet hat.
"Carter Redwood? Victor Redwoods Neffe?" Anscheinend ist mein Wiedererkennungswert ziemlich hoch.
"Richtig." Ich bewege meinen Kopf rauf und runter und kassiere vier verwirrte Blicke seitens der Außenstehenden.
Elyia fängt sich als erstes. "Mom, Dad, das ist Carter. Wir müssen zusammen eine Präsentation in Spanisch machen und gehen deshalb jetzt nach oben."
Dass Victors Angestellter Noahs Bruder ist, erklärt auch, warum dieser zu mir gekommen ist. Wahrscheinlich hat er ihm von meiner 'Hochzeit' mit dem Schoko-Grafen erzählt und dass ich schwul sei - was ich bin, aber klar habe ich das ja nicht ausformuliert.
Ich werde in Richtung einer gefliesten Treppe geschoben, Sam folgt uns wie ein Schoßhund.
Mir ist aufgefallen, dass es hier in Madison viele mehrstöckige Häuser gibt, dessen Fassaden teilweise abbröckeln, da sie schon so alt sind. Andere Häuser - wie dieses - sind sehr modern und nahezu neu gebaut, weshalb es einen großen Unterschied gibt zwischen 'Alt'- und 'Neustadt'.
Als wir am oberen Treppenabsatz angekommen sind, öffnet sich eine Tür und Noah tritt heraus. Seine honigblonden Haare kleben verschwitzt an seiner Stirn, als hätte er eben Sport gemacht.
Aber Noah macht kein Sport. Das weiß jeder. Es ist jetzt nicht so, dass er fett ist, aber er wiegt wahrscheinlich fünfzehn Kilogramm mehr als ich, obwohl er ein paar Zentimeter kleiner ist.
Vielleicht hat er ja geduscht.
"Elli, hast du eine Ahnung, wo ... Was macht er hier?" Noahs Stimme wird schlagartig kalt, aber ich verstehe immer noch nicht, was genau ich ihm getan habe.
Er hat mich geküsst, um das nochmal zu betonen.
"Wir machen zusammen eine Präsentation in Spanisch, wenn dir das nicht passt, dann red' mit Mister Bennett", erwidert sie schnippisch und zieht mich mit der einen und Samantha mit der anderen Hand in ihr Zimmer.
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Nobody | ✓
Teen Fiction-1. Teil der Social Distances Dilogie- -ABGESCHLOSSEN- Carter hat nicht nur mit seiner Intelligenz, sondern auch mit einem Wort, das andere Menschen Liebe nennen, zu kämpfen. Nur ist diese Liebe eben manchmal kein Wort, sondern ein Gefühl - und Gefü...