-𝕊𝕖𝕧𝕖𝕟-

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"Was meinst du mit 'Männlichkeit'?", frage ich nach, aber Zach schüttelt den Kopf.

"Du hast gesagt, dass du keine weiteren Fragen stellst. Das ist unfair."

Fehlt nur noch, dass er die Arme vor der Brust verschränkt und mit dem Fuß stampft.

"Nörgel nicht rum, ich habe gesagt, dass ich wissen will, was das Hauptthema ist. Kein Wort habe ich darüber verloren, keine weiteren Fragen zu stellen, also sei jetzt bloß nicht sauer auf mich." Ich brumme genervt auf, während er nur stöhnt.

"Na meinetwegen. Also, es ist so: Marco ist sowas wie mein bester Freund gewesen. Dann habe ich ihm etwas erzählt, was er nicht so gut aufgefasst hat und daraufhin hat er ..."

Ich unterbreche ihn: "Was hast du ihm erzählt? Hast du jemanden umgebracht? Wenn ja, dann solltest du nicht meinen Onkel als Anwalt nehmen, der ist nämlich schrecklich im Gerichtssaal."

"Nein, ich habe niemanden umgebracht, was denkst du denn von mir?" Ein wenig geschockt sieht er mich an.

"Erzähl jetzt weiter. Tut mir leid, dass ich dich unterbrochen habe."

"Daraufhin hat er angefangen, immer und immer wieder zu sagen, ich sei nicht männlich ... wegen dieser einen Sache. Er hat mich so sehr provoziert, dass es mir irgendwann gereicht hat. Da habe ich ihn geschlagen. Ich habe seit diesem Vorfall nicht mehr mit ihm geredet, aber ich hoffe, dass seine Nase gebrochen ist. Er hat es definitiv verdient", endet er.

"Im Gericht würdest du damit nicht punkten. Sei froh, dass du einen spitzenmäßigen Anwalt haben wirst, dafür werde ich höchst persönlich sorgen.

Aber jetzt mal im Ernst: Was hast du ihm erzählt, das ihn an deiner Männlichkeit hat zweifeln lassen?", will ich dann doch wissen und komme wieder zurück auf den Boden der Tatsachen.

"Nichts Wichtiges", erwidert er schlicht, aber ich glaube ihm nicht, zu absurd ist die Tatsache, jemanden wegen 'Nichts' zu provozieren und dadurch eine möglicherweise gebrochene Nase zu kassieren.

Aber vielleicht denke ich wieder zu abstrus und eigentlich will Zach mir nur nicht anvertrauen, was genau er nun zu Marco gesagt hat.

"Nun sag' schon", dränge ich geflissentlich, während er nervös auf seiner Unterlippe herum kaut.

Wie könnte ich auch auf meine intuitive Reaktion vertrauen, dass Zach wirklich Nichts zu Marco gesagt hat?

"Nein."

"Bitte", flehe ich nun schon fast, aber ich hasse es, das tun zu müssen.

Auch, wenn es im Theoretischen kein Problem darstellt - in der Praxis fleht niemand jemand anderen gern an, da kann man mir erzählen, was immer man möchte.

"Ich ..." Zach ist nahezu gebrochen. Nur noch ein kleiner Stoß und er wird es mir erzählen, als sei er ein Wasserfall an dessen Quelle ein großer Stein entfernt wurde.

Wenn ich ihn so weit habe, wird er gar nicht mehr aufhören wollen, seine Gedanken auszusprechen und seiner Wut gegen Marco Luft zu machen.

Ich weiß nur zu gut wie man Menschen manipuliert, zu lange habe ich es gelernt, als dass ich es mir hätte abgewöhnen können.

Aber ist das eigentlich wirklich das, was ich tun soll? Ist es das, was einige, naive Menschen 'Bestimmung' nennen?

So richtig habe ich noch nicht darüber nachgedacht, was zu tun ich bestimmt bin, weshalb es mir auch herzlich egal sein kann, wenn andere Menschen so etwas wie Wachs in meinen Händen sind.

Viele würden ihre allerliebsten Dinge auf der Welt dafür aufgeben, Leute zu beeindrucken, die man niemals wird beeindrucken können.

Aber wer kümmert sich schon darum, anderen Menschen eine Freude zu machen und sie zu beeindrucken, die keine Ahnung davon haben, wer man ist und nicht einmal zur Kenntnis nehmen, dass man nicht nur jemand ist, der den Namen eines anderen trägt und den man irgendwann mal gekannt hat?

Nobody | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt