Das Wohl der Kinder steht an erster Stelle Teil 2

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Magnus' Sicht:

Sobald das Auto verschlossen ist greift Alec nach meiner Hand und wir machen uns gemeinsam auf zum Eingang.

Allzu weit kommen wir allerdings nicht. Denn direkt hinter dem Eingangstor steht eine große Steinschildkrötenfamilie, die unsere Jungs erst einmal als Stuhlersatz ausprobieren müssen. Natürlich jede einzelne. Während ich ihre Sitzprobe fotografiere studiert Alec den Zooplan, den wir an der Kasse bekommen haben. „Oh seht mal", ruft mein Mann erfreut. „ Wir haben Glück, in 10 Minuten beginnt die Seehundfütterung. Das ist gar nicht weit von hier". Die Kinder wenden sich sofort von den Schildkröten ab und laufen in die Richtung in die ihr Vater zeigt. Alec streckt mir seine Hand entgegen die ich nur zu gern ergreife. Wir wandern an einem großen Vogelteich entlang an dessen Rand sich ein paar Enten niedergelassen haben und leise vor sich hin schnattern. Ein Schwanenpaar mit seinen Jungen gleitet majestätisch durchs Wasser, zwischen dem Schilf flattert ein Eisvogel und funkelt in den schönsten Blautönen. Eine alte Weide, deren Äste ins Wasser hängen und sich durch die Wellenbewegungen sanft bewegen, wird von einer bunten Vogelschar bevölkert. Ich kann Spatzen, Finken und Rotkehlchen ausmachen. Die anderen Arten kann ich nicht benennen. Irgendwo kreischen ein paar Aras um die Wette und stören das idyllische Bild.

Rafael und Max haben bereits einen guten Platz ergattert als wir bei ihnen ankommen. In dem Moment, in dem wir uns hinter sie stellen geht auch schon, im hinteren Teil des Geheges, die Tür auf und ein Tierpfleger tritt ein. Bewaffnet mit zwei Eimern schlängelt er sich vorsichtig durch die aufgeregte Seehundmeute durch. Er stellt sein Gepäck auf einem Felsen ab und sieht die Tiere erwartungsvoll an. Seine Schützlinge scheinen das Prozedere schon zu kennen, sie watscheln alle zum Beckenrand und stellen sich der Größe nach hintereinander auf. Sobald alle ruhig sind und niemand mehr wackelt greift er nach dem ersten Fisch und wirft ihn ins Wasser. Staunend sehe ich zu wie mehrere Fische, zügig nacheinander in's Wasser fliegen. Jedem Fisch folgt ein Seehund. Doch die Tiere schwimmen nicht willkürlich im Wasser rum. Nein, sie bilden einen Kreis, und jeder neue Seehund fügt sich nahtlos dort ein. Die Show erinnert mich stark an Synchronschwimmen. Weitere Fische fliegen in den Kreis und jeder zweite Seehund gleitet in die Mitte. Während sie nach ihrem Essen tauchen dreht sich die anderen auf die Seite und winken uns mit ihren Flossen zu. So etwas Unglaubliches habe ich noch nie gesehen, selbst die anderen Zootiere scheinen vorrübergehend sprachlos zu sein. Im Nachbargehege stehen 3 Pinguine ganz still vor dem großen Fenster und starren herüber, ok vermutlich sind sie eher an den Fischen interessiert als an den atemberaubenden Schauspiel das sich uns hier bietet. Überwältigt lehne ich mich an Alec, der auch sofort seinen Arm um mich legt und mich ganz nah an sich zieht. Nachdem die Tiere sich als Abschluss zu einem Dreieck formatiert und uns allen Flossenküsse zugeworfen haben brechen die Zuschauer in tosenden Applaus aus. Zeitgleich melden sich die anderen Zoobewohner auch wieder.

Selbst Rafael und Max scheint die Show stark beeindruckt zu haben. Auf dem Weg zum Löwengehe sind sie ungewöhnlich ruhig. Erst als wir bei den imposanten Raubkatzen ankommen finden sie wieder zu ihrem üblichen lebhaften selbst. Aufgeregt zeigen sie auf jedes Tier das sie entdecken. „Wusstet ihr dass der Löwe die zweit größte Katze ist", fragt er uns, was wir alle verneinen. „Die Löwenmänner können bis zu 2,50 Meter lang und 1,20 hoch werden", klärt er uns auf. „Sie leben in Rudeln zusammen, die meist aus untereinander verwandten Weibchen und ihrem Nachwuchs bestehen". Es ist süß zu hören mit welcher Begeisterung mein Mann uns alles erzählt. Ich fürchte nur unsere Kinder hören kaum zu, die beiden diskutieren gerade über die ihrer Meinung nach, doch sehr einfallslosen Namen der Katzen.

Am Schildkrötengehege wendet sich das Blatt. Nun bekommen Alec, Max und ich einen Vortrag von Rafael. „Es gibt ganz viele verschiedene Schildkrötenarten. Manche leben an Land und manche im Wasser. Die im Wasser fressen natürlich andere Sachen als die an Land" Rafael schildert uns alles genau so leidenschaftlich wie sein Vater. Es ist erstaunlich wie viel er über seine geliebten Kröten weiß. „Wir bekommen natürlich später Landschildkröten, die anderen würden sich bei uns ja nicht wohl fühlen. Wir müssen auch gar nicht so viel kaufen. Obst und Gemüse haben wir ja reichlich im Garten. Da können sie ja dann auch rumlaufen wenn wir draußen sind, so bekommen sie auch genug Bewegung". Wie es aussieht hat Rafael wirklich alles bedacht. „Und überwintern können sie im Gemüsefach".

„Wie bitte"? Alecs Kopf schnappt hoch. „.Kein Tier wird jemals einen Fuß in meinen Kühlschrank setzen", würgt er entsetzt hervor.

„Ach Dad, wir baden die natürlich vorher", erklärt unser Sohn Augen rollend, während ich mir Mühe gebe nicht über das entsetzte Gesicht meines Mannes zu lachen.

„Das wird nicht passieren", erwidert er und sieht mich böse an bevor er weitergeht.

Rafael sieht ihm kurz hinterher bevor er sich an mich wendet. „Gut, dann müssen wir uns wohl einen zusätzlichen Kühlschrank anschaffen. Der kann ja in meinem Zimmer stehen", schlägt er gnädig vor und folgt Alec zu den Echsen.

Im Gegensatz zu seinem Bruder hält Max uns keinen Vortrag. Er bestaunt seine Favoriten lieber in aller Ruhe. Nur kurz wirft er etwas ein."Darf ich das Futter für meine Echsen mit in Deinen Kühlschrank packen", will er von seinem Bruder wissen. Der sofort zustimmt, während Alec schon wieder leicht panisch aussieht.

Alles in allem war der Tag ein voller Erfolgt. Die Jungs sind todmüde und schlafen ein sobald sie im Bett liegen.

Wir lassen unseren Abend, aneinander gekuschelt mit einem Glas Wein, auf der Terrasse ausklingen. 

Malec  Kurzgeschichten 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt