Das Wohl der Kinder steht an erster Stelle Teil 14 (50)

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Max' Sicht:

Müde reibe ich mit den Handrücken über meine Augen und strecke mich bis ich auf einen Widerstand stoße der sich als Tante Cat raus stellt. Schläfrig blinzel ich zu ihr hoch woraufhin sie mich näher an sich zieht und flüstert: „Es wird alles gut, wir bekommen das hin". Mein Bruder liegt auf ihrer anderen Seite und sieht so erschöpft aus wie ich mich fühle. Seine Augen sind vom weinen gerötet und noch leicht geschwollen. Der Abend war sehr emotional und verheult. Wir haben über alles geredet, zusammen geweint und viel gekuschelt. Darüber sind wir wahrscheinlich eingeschlafen. Irgendjemand, vermutlich unser Dad, hat uns später zugedeckt.

Nach einer gefühlten Ewigkeit rührt Cat sich: „Auf geht's. Wir machen uns jetzt alle fertig, frühstücken zusammen und holen Magnus aus dem Krankenhaus ab" erklärt sie uns ihren Plan und zieht uns noch mal kurz enger an sich bevor sie auf steht.

Als Raf und ich in die Küche schlurfen sitzt Dad bereits am Tisch und notiert etwas auf einem Block neben seinem Teller. Unser gleichzeitig genuscheltes „Guten Morgen" lässt ihn aufblicken. Abwesend lächelt er uns an , erwidert den Gruß und will sich wieder seinen Notizen zu wenden. Doch diese Rechnung hat er ohne Tante Cat gemacht. Blitzschnell entwendet sie ihm Block und Stift und wirft beides außerhalb seiner Reichweite auf die Arbeitsplatte. Dad kann seinen Sachen nur dümmlich hinterher sehen. „Essenszeit ist Familienzeit", stellt sie klar. „Wenn Magnus hier ist darfst Du während der Mahlzeiten auch nicht arbeiten".

Von Dad kommt ein leises gegrummeltes „Hast ja recht" bevor er sich den Brötchenkorb schnappt und herum reicht.

Während des Frühstück erkundigt Cat sich bei ihm nach seinem neuen Job und den Kollegen. Raf und ich hören nur zu und hängen unseren Gedanken nach.

Papa sitzt auf der Bettkante und strahlt uns alle regelrecht an als wir sein Zimmer betreten. „Da seid ihr ja endlich", ruft er begeistert aus und zieht uns nacheinander in eine feste Umarmung. „Ich warte schon die ganze Zeit ungeduldig auf euch". Nachdem ich aus seiner Knuddelattacke entlässt mustert er mich prüfend. „ Ist etwas passiert", fragt er und sieht uns der Reihe nach an. Dad schüttelt nur verwirrt den Kopf während Cat wieder das Ruder übernimmt.

„Wir packen Dich jetzt erst mal in's Auto und bringen Dich... in eure Wohnung". An der kurz zuckenden Augenbraue kann ich erkennen dass Papa die Satzpause bemerkt hat aber er sagt nichts. Er sieht Cat misstrauisch an, nickt aber schließlich. Vermutlich schien ihr dass Wort nach Hause in diesem Fall nicht passend.

Unterwegs hat Papa uns von der heutigen Visite erzählt. Laut dem Arzt verheilt alles gut, wird aber noch eine Weile weh tun. „Also vorerst keine Kissenschlachten oder Piratenabenteuer", versuchte er die Stimmung zu heben.

In der Wohnung geht er langsam zum Sofa und lässt sich mit Dads Hilfe langsam darauf nieder. Tante Cat ist direkt in der Küche verschwunden und kommt nun beladen mit einem Tablett mit Gläsern, Wasserflaschen und einer Taschentuchbox zu uns. Papa fixiert die Box mit großen Augen und zieht Dad, am Arm, ruckartig neben sich auf die Couch. „Setzt euch", ordnet er an. „Ich will endlich wissen was los ist".

Unsere Tante setzt sich seufzend in den großen Sessel und zieht uns rechts und links neben sich während Dad nur irritiert von einem zum andern sieht. Raf und ich sehen Cat verzweifelt an, nicht wissend wo wir anfangen sollen. „Rafael, möchtest Du vielleicht anfangen und uns erzählen wie die Menschen Dich hier aufgenommen haben und Dich behandeln", wendet sie sich fragend an meinen großen Bruder.

Er überlegt kurz und sieht unsere Eltern entschlossen an. „Meine Lehrer sind alle sehr freundlich und erwähnen immer wieder wie schön es ist dass nun wieder ein Vertreter meiner ursprünglichen Familie in Idris ist und dass ich nun da bin wo ich hin gehöre. Die anderen Kinder sind nett zu mir aber irgendwie schon jetzt sehr Idris fixiert, genau wie die Erwachsenen".

„Die sind bestimmt nur stolz auf ihre Stadt", wirft Dad ein wird aber von Papa sofort mit einem „Hör zu" zum schweigen gebracht.

„Ich denke die ursprünglichen ortsansässigen Familien möchten lieber unter sich bleiben", fährt Rafael fort. „Fremde werden hier nicht gerne gesehen. Selbst Hodge, unseren Hausmeister behandeln sie immer noch nicht wie einen der ihren, obwohl der schon seit Jahren hier lebt". Eindringlich sieht er unseren Dad an und scheint kurz unschlüssig ob er weiterreden soll. „Es tut mir leid Dad, die Gegend ist ja schön aber ich mag die Stadtbewohner nicht besonders", sagt er leise und schaut auf seine Hände.

Nach einer kurzen Schweigepause räuspert unser Vater sich. „Ach Raf, das sind nur Startschwierigkeiten", erklärt er während Papa ihn ungläubig von der Seite an starrt.

„Ok", geht Cat dazwischen und schaut mich fragend an. Max. Möchtest Du uns nun erzählen wie Du Dich hier aufgenommen fühlst". Ängstlich schaue ich sie an. Erst als Cat meine Hand nimmt und mir aufmunternd zu nickt drehe ich mich zu meinen Eltern um. Ich hole noch einmal tief Luft und fixiere eine Punkt zwischen meinen Eltern. Ich habe Angst dass ich nicht weiter reden kann wenn ich ihre Gesichtsausdrücke richtig sehe. „Die Leute hier mögen mich nicht weil ich hier keine Wurzeln habe. Sie sehen mich als Störung und möchten nichts mit mir zu tun haben".

„Ich bin sicher dass kommt Dir nur so..", beginnt Dad wird aber sofort scharf von Papa mit einem „Alexander, sei ruhig und hör zu" angeblafft. Cat stupst mich zaghaft an damit ich weiter rede.

„Die Lehrer sprechen mich nur an wenn sie etwas zu kritisieren haben und das dann immer vor der ganzen Klasse. Die anderen Kinder ignorieren mich entweder oder ärgern mich, teilweise sogar im Beisein der Lehrer. Aber die tun eh nichts um mir zu helfen, bei denen bin ich nur der Bane Junge der nicht hier her gehört. Sie hassen mich regelrecht und wenn es Hodge nicht gäbe wäre ich vielleicht schon tot". Ich kann hören wie Papa entsetzt nach Luft schnappt, ignoriere es aber. Jetzt wo ich einmal angefangen habe zu reden kann ich nicht mehr aufhören. Ich erzähle ihnen von den zusammen gebundenen Schnürsenkeln, den Vorfällen im Sportunterricht, der ständigen Anrempelei, den Beleidigungen, der Klassenarbeit und zuletzt von dem Vorfall im Schwimmbad. Irgendwo mitten drin sah ich aus den Augenwinkeln wie Papa Tränen über's Gesicht liefen. Der Bericht über den Schwimmunterricht gab ihm den Rest. Schluchzend stürzte er auf uns zu, warf sich auf die Knie und schaufelte uns alle in seine Arme, während Dad fassungslos auf dem Sofa saß, ein paar Tränen liefen ihm die Wange herunter. Papa zitterte regelrecht durch seinen Heulkrampf und bekam kaum Luft. Tante Cat redete beruhigend auf uns ein und streichelte abwechselnd unsere Köpfe. Es dauerte lange bis Papa wieder normal atmete. Die Tränen liefen weiterhin unaufhaltsam über sein sonst so fröhliches Gesicht. Vorsichtig löste Cat sich aus dem Gewirr von Armen und Beinen und sah Papa direkt an. „Ich gehe mit den Jungs eine Weile raus, die frische Luft wird ihnen gut tun. Alec braucht Dich jetzt, und ich denke ihr habt einiges zu besprechen".


Lieben Dank dass ihr diese Geschichte noch so fleißig verfolgt und kommentiert obwohl ich im Moment mit dem schreiben nicht hinter her komme. Ein besonders lieber Dank gilt einer unserer Wattpad Autorinen (ich möchte ihren Namen nicht ungefragt nennen) die so lieb war mir von ihren Schulerlebnissen erzählt und mir erlaubt hat sie hier in die Geschichte ein zu bauen. Alles was Max passiert ist musste sie leider wirklich erleben (ich habe es etwas abgeändert damit es zu Max passt). Es ist wirklich schade dass die Menschen sich gegenseitig so quälen.

Malec  Kurzgeschichten 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt