Sekretär Teil 9

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Mein neuer Job ist wie für mich gemacht. Nachdem Magnus das Haus verlässt kümmer ich mich um den Haushalt, abwaschen, Wäsche waschen, das übliche eben. Danach schaue ich die Emails durch und beantworte was ich sofort beantworten kann, den Rest speicher ich für später. Nicht alle Kundenbeschwerden verlangen Wissen über Gesetze. Manche sind einfach nur seltsam und sollten normalerweise nicht bei Raphael landen sondern von anderen Mitarbeitern bearbeitet werden. Aber manchmal landen fälschlicherweise auch solche Fälle bei uns. Ich habe den Verdacht dass Raphael mir diese weiterleitet um mich zu ärgern.
Gestern schrieb Mrs. Verlac
Beschwerde
Sehr geehrter Mr. Bane
Vermutlich wissen Sie es nicht aber der dortige Mitarbeiter ist äußerst unhöflich und hat keine Ahnung von Kleidergrößen. Ich rate Ihnen dringend regelmäßig Schulungen abzuhalten damit Ihre Verkäufer auch wissen was sie tun. Ansonsten ist das doch recht peinlich für ein so bekanntes Unternehmen wie Ihres.
Er hat wiederholt versucht mir einzureden dass mir ein Kleid in der Größe 40 nicht passen wird und wollte mir eins in 46 andrehen. Ausserdem besaß er noch die Frechheit mir zu sagen dass er einen Blick für Größen hat und sich niemals irrt. Ich habe Ihr Geschäft natürlich unverzüglich verlassen und auch direkt die Kundin gewarnt der ich an der Tür begegnet bin.
Im Anhang finden Sie eine Beschreibung des Verkäufers sowie die Uhrzeit, zu der ich da war. Mit diesen Angaben ist es Ihnen bestimmt möglich den fraglichen Herrn ausfindig zu machen und dementsprechend zu bestrafen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre Mrs.Verlac.

Ich ließ mir von Raphael dass Überwachungsvideo besorgen um mir die Kundin anzusehen. Selbst ich konnte erkennen dass sie nicht in ein Kleid der Größe 40 passt. Nachdem ich mir die Geschichte aus der Sicht des Verkäufers angehört hatte begab ich mich an das Antwortschreiben. Ich gab mir Mühe ihr höflich zuverklären dass der Verkäufer tatsächlich sehr gut in seinem Job ist und es doch nicht schlimm ist wenn man im Laufe des Lebens seine Kleidergröße ändert. .....
Anscheinend war ich nicht höflich genug, denn heute morgen ist wieder eine Mail von Mrs. Verlac im Postfach. Dieses mal beschwert sie sich über mich und besteht auf einem Telefontermin mit Magnus. Stöhnend wische ich mir mit der Hand durch's Gesicht und rufe Raphael an.  Der bricht in schallendes Gelächter aus, und ich warte die ganze Zeit auf den Plumps der anzeigt dass er vor Lachen vom Stuhl gefallen ist. Als er sich endlich beruhigt hat einigen wir uns darauf dass wir uns in dem kleinen Cafe neben der Firma treffen. Die haben ein privates Hinterzimmer das er organisieren wird ausserdem will er versuchen meinen Mann mitzubringen. So können wir direkt abklären wie wir vorgehen. Denn leider ist Mrs. Verlac eine einflussreiche Frau. Oder besser gesagt ihr Mann hat viel Einfluss aber sie hat die Macht über ihren Mann.

Ich will gerade das Cafe betreten als mich jemand am Arm zurück zieht. Ein abgehetzter Raphael steht vor mir. "Mitkommen", presst er hervor. Anscheinend bin ich zu langsam. Denn er zieht mich einfach hinter sich her zum Hintereingang von Magnus Gebäude.
"Ist etwas passiert"?, versuche ich Informationen von ihm zu bekommen.
"Dein Mann liebt Dich und braucht Dich nachher weil er gleich vermutlich etwas dummes macht"
"Ich verstehe kein Wort"
"Er hat per Firmenchat eine Versammlung einberufen, die in 5 Minuten beginnt. In dem Schreiben stand nur dass er mit allen reden will, es herrscht Anwesenheitspflicht, und er etwas aufklären muss das längst überfällig ist. Ich denke das kann nur eins bedeuten. Leider konnte ich ihn nicht finden und sein Telefon ist aus".
Entsetzt schnappe ich nach Luft. "Das kann er nicht tun. Das könnte ihn ruinieren".

Wir sind zu spät. Magnus betritt gerade die Bühne im Versammlungsraum. Raphael und ich stehen,  unbemerkt von den anderen, ganz hinten im Schatten. Magnus spielt nervös mit seiner Ohrmanschette und blickt sich im Raum um. Alle Augen sind auf ihn gerichtet, es ist fast leise bis auf gelegentliches Gemurmel. Vermutlich fragen sie sich was sie hier erwartet.

Als Magnus sich räuspert ist es schlagartig still.
"Hallo zusammen, ich danke Ihnen dass sie alle gekommen sind, wobei ich ihnen da wohl keine Wahl gelassen habe.
Ich habe keine Rede vorbereitet und weiß eigentlich auch gar nicht wie ich anfangen soll oder wie ich ihnen erklären soll was passiert ist. Ich bitte sie nur darum mich ausreden zu lassen. Wenn danach jemand mein Unternehmen verlassen möchte werde ich demjenigen keine Steine in den Weg legen. Das verspreche ich". Die Leute fangen wieder an zu tuscheln, doch sie werden mit einer Handbewegung zum Schweigen gebracht.
"Wie sie alle wissen habe ich klein angefangen und mein Unternehmen nach und nach aufgebaut. Ich hatte natürlich Hilfe von vielen lieben Menschen die mir zum Teil heute noch zur Seite stehen egal wie viel Blödsinn ich mache. Was sie aber nicht wissen ist das ich seit 5 Jahren verheiratet bin, mit dem wunderbarsten, verständnisvollsten Mann den es gibt. Als er vor ein paar Jahren nich mehr in seinem Beruf arbeiten konnte habe ich ihm angeboten für mich zu arbeiten. Meine einzige Bedingung war dass erst einmal niemand erfährt dass wir verheiratet sind. Ich hatte befürchtet er würde von den anderen abgelehnt wenn jemand denkt ich würde ihn bevorzugen oder besser behandeln. Verständnisvoll wie er ist hat er zugestimmt. Leider fand ich nie denMut ihnen die Wahrheit zu sagen und es wurde immer schwieriger. Ich habe meinen Mann dadurch in eine beschissene Situation gebracht, er konnte sich mit euch nie über private Sachen unterhalten oder von seinem dämlichen Ehemann erzählen". Die Leute vor mir werden immer unruhiger und rätseln bestimmt schon werd der geheimnisvolle Mann ist. Ich kann die ganze Zeit daran denken wie falsch es ist dass er da oben ganz alleine und ungeschützt steht.
"Ich fing an ihn härter als andere zu behandeln damit niemand sagen kann er wird anderen vorgezogen. Ich habe ihn dazu verdonnert einsam zu sein und ihm die Chance geraubt hier Freunde zu finden. Es tut mir so unsagbar leid. Ich weiß nicht ob mein Mann mir das jemals verzeihen kann und ich erwarte es auch nicht. Genausowenig wie ich es von ihnen erwarte. Ich weiß es ist nicht zu entschuldigen, trotzdem habe ich dass Bedürfnis ihnen zu sagen wie leid es mir tut sie jahrelang belogen zu haben und so ein schlechtes Vorbild zu sein. Mein Mann hat es hier nicht mehr ausgehalten und ist mitvder Ausrede eines besseren Angebot, gegangen. Sein Name ist Alexander Lightwood-Bane".
Seine letzten Worte lösen einen Tumult aus. "WAS"?, rufen viele gleichzeitig. Einige fangen an ihn zu beschimpfen. Mein armer Mann steht tapfer da oben und lässt alles über sich ergehen. Mein Herz kann das nicht ertragen. Ich laufe rechts an der schimpfenden Menge vorbei, direkt auf die Bühne rauf. Oben angekommen ziehe ich Magnus beschützend hinter mich und blaffe in's Mikrofon:"Die Versammlung ist beendet, gehen sie zurück an die Arbeit". Ich warte nicht um zu sehen ob alle gehen. Statt dessen schnappe ich mir Magnus, schaufel ihn in meine Arme und trage ihn hinter die Bühne. Am Rande bekomme ich mit dass Raphael das Mikro übernommen hat, aber was er sagt registriere ich nicht. Wichtig ist nur mein Mann der gerade weinend in meinen Armen zusammen bricht.

Malec  Kurzgeschichten 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt