13 - Fire

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"Ich stehe an deiner Seite,
weil ich das Licht in deinen Augen sehe."
(3LAU - Fire)

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Das Lagerfeuer knisterte und über uns funkelten die Sterne. Die Sonne war mittlerweile komplett untergegangen. Über uns leuchtete der helle Mond, der in ein paar Tagen voll sein müsste. Es war keine Wolke unterwegs und einige Sternchen funkelten über uns am Nachthimmel.

Frau Jehner packte gerade eine große Tüte Marshmallows aus und ließ diese einmal im Kreis herumwandern.
Ich nahm mir einen und steckte ihn auf meinen Stock, mit dem ich vorhin mein Stockbrot gemacht hatte. Dann gab ich die Tüte nach rechts an Ennie weiter.

Wir waren schon einige Zeit wieder im Hotel und waren auch pünktlich zum Lagerfeuer gekommen. Vorher hatten wir noch unsere Outfits gewechselt, da es abends doch wieder etwas frischer wurde. Da es aber nicht wirklich kalt war, hatte ich nur mein Top durch ein T-Shirt ersetzt.

Robin und die drei anderen Jungs hatten uns zum Hotel gebracht. Es war das erste Mal, dass ich Robin zum Abschied geküsst hatte und es fühlte sich so richtig und so perfekt an.
Normalerweise hätte ich ihn nicht direkt so offensichtlich geküsst, aber der Rest hatte uns zugesehen, sodass sie wussten, dass wir uns geküsst hatten.

Ennie hatte sich unglaublich gefreut als wir zurück zur Gruppe gekommen waren und meinte dann zu mir, dass das schon längst überfällig war.

Wir waren noch etwas am Strand geblieben, hatten dann aber auf Grund des Lagerfeuers unsere Sachen gepackt und gingen dann zusammen zurück zu unserem Hotel, wegen des Lagerfeuers.

Mit den Gedanken abdriftend schaute ich ins Lagerfeuer.
Fünf Tage. Die Hälfte der Abschlussfahrt ist vorbei. Hätte mir jemand vor einer Woche erzählt was ich alles erlebe und was passiert hätte ich der Person einfach einen Vogel gezeigt. Ich hätte bestimmt gesagt, dass ich der Kaiser von China werde oder ähnliches aber geglaubt? Geglaubt hätte ich das niemals, nicht mal geträumt.

Mich aus den Gedanken reißend, hakte sich Ennie bei mir ein und sang lautstark den Text des Liedes mit, welches im Hintergrund über zwei kleine Lautsprecher lief.
"Almost heaven, West Virginia
Blue Ridge Mountains, Shenandoah River.
Life is old there, older than the trees
Younger than the mountains, growin' like a breeze"

Ich lächelte, denn ich liebte dieses Lied. Entschlossen hakte ich mich auch bei Finja ein und wir schaukelten zum Takt des Liedes und sangen ebenfalls mit. Der gesamte Kurs schloss sich uns an.
"Country roooads, take me hooome
To the plaaace I belooong
West Virginiaaa, mountain mamaaa
Take me hooome, country roooads"

Aus dem Augenwinkel erkannte ich, dass sogar Frau Jehner und Frau Maisen mit in der Kette verbunden waren und mitsangen.

Es gab in meinem Leben bisher wohl kaum einen Abend an dem ich so glücklich gewesen war. Wenn nicht sogar keinen, den keiner war vergleichbar mit diesem.
Und das konnte ich sagen, obwohl ich bisher doch größtenteils nur positives erlebt hatte, aber dieser Abend toppte einfach alles.

Ich erinnerte mich zurück an die Klassenfahrt in der siebten. Auch in jener hatten wir ein Lagerfeuer gemacht, es war der letzte Abend und der Beginn unseres gemeinsamen Abenteuers.
Ennie und ich kannten uns schon ewig, eigentlich so lange wir denken konnten. Wir hatten schon im Kindergarten zusammen im Sand gebuddelt, waren dann in die gleiche Grundschulklasse gekommen und letztendlich in eine Klasse auf dem Gymnasium.

Finja war erst in der siebten Klasse zu uns in die Klasse gekommen. Die Klassenfahrt war ganz zu Beginn des Schuljahres und Ennie und ich hatten das einzige Zimmer in dem noch ein Platz frei war.

Wir beide waren anfangs wirklich enttäuscht, auf der Klassenfahrt nicht nur zu zweit auf einem Zimmer sein zu können. Aber wir freundeten uns so schnell mit Finja an, dass sie spätestens auf der Klassenfahrt in unsere Freundschaft fest eingebunden war. Und das was mir von der Klassenfahrt damals wirklich im Kopf geblieben war, war das Lagerfeuer.

Und nun saßen wir wieder hier. Wer hätte es damals gedacht. Im gleichen Leistungskurs und in einem halben Jahr können wir hoffentlich zusammen unser bestandenes Abitur feiern. Ich wünschte mir so sehr, dass unsere Freundschaft auch danach bestehen blieb wie sie jetzt war, aber zu diesem Zeitpunkt gab es da meinerseits nicht den kleinsten Zweifel dran.

Der Abend verging weiter. Wir genossen die Gemeinschaft, sangen Lieder und vernichteten nach und nach alle Marshmallows. Erst nach Mitternacht löste sich die Gruppe nach und nach auf und die ersten gingen schlafen.

Das Lagerfeuer wurde immer kleiner und erlosch wenig später. Dann machten sich auch die letzten Gruppen auf dem Weg in ihr Zimmer, wie auch wir drei. Und sobald wir im Bett lagen schliefen wir auch ein.

-

Am nächsten Morgen hatte der Wecker viel zu früh geklingelt. Aber theoretisch gab es ja die Möglichkeit im Bus weiter zu schlafen, immerhin waren wir zwei Stunden unterwegs.
Aber auch nur theoretisch.

Frau Jehner ließ es sich kein bisschen anmerken, dass die letzte Nacht vielleicht ein Stückchen zu kurz gewesen war. Lediglich ihre Augenringe verrieten sie.
Für die erste halbe Stunde hatte sie einen Vortrag vorbereitet.

Danach war die Sonne bereits aufgegangen und ich war zu lange wach um richtig einzuschlafen, im Gegensatz zu den anderen beiden.
Ennie schlief tief und fest, genau wie Finja. Irgendwie war ich immer die einzige die nicht schlafen konnte.

Also steckte ich mir meine Kopfhörer ein und machte meine Musik an. Dabei verlor ich mich wieder in meinen Gedanken aber irgendwann schlief ich dann doch für wenige Momente ein, bis mein Handy klingelte. Ich hatte eine Nachricht. Ohne den Absender zu sehen, wusste ich, dass sie von Robin war. Das rote Herz am Ende der Nachricht verriet ihn.

'Guten Morgen Svenja!
Ich hoffe du hast gut geschlafen. Ich wünsche dir einen schönen Tag in Rom und hoffe wir können uns heute Abend sehen. Ich vermisse dich bei mir.'
Ich zögerte keine Sekunde und antwortete ihm direkt.

Nur wenige Momente, nachdem ich die Nachricht an ihn verschickt hatte blieb der Bus stehen.
In der Sitzreihe neben mir streckte sich eine verschlafene Ennie.
„Sind wir schon da?“

Ich schaute aus dem Fenster. Die Sonne schien und wir waren umgeben von großen Gebäuden und auf den Straßen liefen einige Menschen rum.
„Ja, ich denke schon. Weck Finja besser mal!“

Ennie weckte Finja und auch der restliche Kurs im Bus wurde nach und nach aktiver. Einige packten ihre Rucksäcke zusammen und die ersten verließen bereits den Bus.

Ich zog mir meine Schuhe an, die ich vorhin ausgezogen hatte um mich in den Schneidersitz zu setzten. Eine schlechte Angewohnheit von mir, aber sobald die Fahrt länger als eine halbe Stunde dauert, sitze ich im Schneidersitz. Nach längeren Fahrten bedanken sich meine Knie.

Auch Ennie und Finja waren fertig und hatten ihre Sachen gepackt, sodass wir kurz darauf den Bus verließen.
Außerhalb des Busses begrüßte uns die warme Sonne Roms.

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