05 - Pompeii

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"Aber wenn du deine Augen schließt, fühlt es sich fast so an als ob sich überhaupt nichts geändert hätte?"
(Bastille - Pompeii)

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Nachdem der Wecker zum fünften Mal geklingelt hatte, konnte auch ich mich aus dem Bett bewegen.

Die Jungs hatten uns gestern Abend noch zurück bis vor die Hoteltür gebracht, bevor sie selber zurück in ihr Hotel gefahren waren.
Als wir uns in die Liste eintrugen, vervollständigten wir diese. Scheinbar waren wir die letzten gewesen und gerade noch pünktlich, denn als wir hoch in unser Zimmer gingen kam uns Frau Jehner entgegen. Wir waren uns sicher, dass sie gerade auf dem Weg war, die Liste einzusammeln.

In unserem Zimmer angekommen, war aber keineswegs an schlafen zu denken.
Wir hatten noch bis weit nach Mitternacht über den Abend und vor allem über die Jungs geredet. Selbst als wir uns dann irgendwann hingelegt hatten um zu schlafen, war ich noch viel zu wach um zu schlafen. Meine Gedanken kreisten noch eine ganze Weile bevor ich einschlief.

„Svenja, auch wieder unter den Lebenden?“
Ennie kam grade aus dem Bad und sah wie ich mich aus dem Bett quälte.

„Ich steh nicht jeden Tag um sieben auf, das kann ich nicht. Dann schlafe ich lieber bis elf.“

„Hast du wenigstens schön von Robin geträumt?“
Sie lächelte verschmitzt.

„Haha, wie lustig.“
Ich hob gespielt meine Mundwinkel und schenkte ihr ein falsches Lächeln.

„Wäre doch nicht schlimm, so wie er dich gestern teilweise angeschaut hatte, steht er sowas von auf dich.“
Ihr Lächeln veränderte sich und wurde sanfter.

Ich merkte wie ich rot wurde.
Das hatte Ennie gestern auch schon gesagt und Finja hatte ihr zugestimmt. Ich wusste nicht was ich drüber denken sollte. Ich wusste auch nicht ob ich was von ihm wollte. Vielleicht wusste ich es irgendwo in mir drinnen sehr wohl, aber wollte es zu diesem Zeitpunkt einfach nicht zugeben. Es war doch noch viel zu früh. Wir kannten uns gar nicht.

„Ich kenn ihn nicht mal zwei Tage, in so einem kurzen Zeitraum entwickeln sich doch keine Gefühle.“
Protestierend schaute ich zu Ennie.
„Was nicht ist, kann ja noch werden.“

-

Die Busfahrt nach Pompeji dauerte nicht lange.
Dort angekommen hatten wir wieder eine Stadtführung. Wenn es noch so genannt werden konnte, bei dem was von Pompeji nach dem Vulkanausbruch übrig geblieben war. Eigentlich würde ich es eher als ein riesengroßes, archäologisches Gebiet bezeichnen.

Normalerweise interessierte mich das Thema rund um Pompeji und den Vesuv sehr, aber heute schweiften meine Gedanken immer wieder ab und landeten beim Treffen heute Abend und damit bei Robin.

In meinem Kopf schwirrten die Gedanken rum, was wir heute Abend machen würden und ob Robin auch grade dran dachte.
Aber warum sollte er?

„Svenja, was haben Sie dazu zu sagen? Wissen sie wann der Vesuv Pompeji unter sich vergraben hatte?“
Frau Jehner schaute mich prüfend an, sie hatte wohl mitbekommen, dass ich der Führung nicht ganz zuhörte.

„Der Vesuv ist wahrscheinlich am 24.August im Jahr 79 nach Christus ausgebrochen, wobei das Datum nicht ganz sicher ist, denn es könnte sich auch um Mitte Oktober gehandelt haben.
Die erste Eruption fand gegen Mittag statt. Schon am Nachmittag war Pompeji mit einer halben Meter hohen Schicht aus Vulkanmaterial bedeckt, wobei der Höhepunkt der ersten Eruption erst gegen Mitternacht erreicht war.“

Frau Jehner zog die Mundwinkel leicht hoch und nickte anerkennend zustimmend. Selbst der Stadtführer schaute mich überrascht an, ich hatte wohl mehr erzählt als er vorher dem Kurs erzählt hatte.
Ich wusste nämlich nicht was er gesagt hatte, ich hatte lediglich das wiedergegeben, was ich durch Dokus und Filme herausgefunden hatte.

Vom weiteren Verlauf bekam ich auch nicht viel mit. Als der Stadtführer sich aber von uns entfernte und Frau Jehner das Wort ergriff bemerkte ich das die Führung nun beendet war. Also hatten wir jetzt Freizeit.

„Ihr habt jetzt drei Stunden Zeit hier frei rumzulaufen, in einer halben Stunde findet eine begleitete Wanderung zum Vesuv statt, an der Sie freiwillig teilnehmen können. Wir treffen uns um vier Uhr am Bus. Seid pünktlich.“
Frau Jehner erklärte den weiteren Ablauf.

„Wollt ihr da hoch?“
Ennie warf die Frage in die Runde und deutete dabei auf den Vesuv.

Ich schaute hoch zum Vesuv und nickte.
„Wenn ich schonmal hier bin, würde ich das gerne mitmachen, so eine Chance habe ich wahrscheinlich nicht nochmal so schnell.“
„Sehe ich genauso wie Svenja.“
Auch Finja stimmte schnell zu.

„Gut, dann sind wir uns ja einig. Also auf gehts.“

Wir fragten Frau Jehner nach dem Standort, an dem die Wanderung begann und sie schickte uns zu einer Infotafel an der bereits drei weitere aus unserem LK standen.

"Sag mal Svenja..."
Finja drehte sich zu mir als wir ebenfalls an der Infotafel angekommen waren und darauf warteten, dass es los ging.

„Woher wusstest du das alles? Also mit dem Vulkanausbruch.“
Ich lachte.
"Tja!"

Ennie lachte auch.
„So und jetzt ernsthaft? Das interessiert mich auch, ich wusste gar nicht, dass ich sowas wie ein Genie in meinem Freundeskreis habe. Und Frau Jehner schien ziemlich beeindruckt.“

Ich erzählte den beiden davon, dass ich schon relativ viele Dokus über das Thema gesehen hatte und daher so viele Informationen wusste.

„Na dann, ist das ja klar. Auch wenn ich mir in meiner Freizeit keine Dokus über Geschichten von vor zweitausend Jahren anschauen würde.“
Finja nickte Ennie zustimmend zu.

-

Die Wanderung zum Vesuv hoch war wirklich interessant und auch der Ausblick oben am Krater war unglaublich. Wir hatten viele Fotos gemacht und ich war sehr glücklich darüber, dass wir dort hoch gewandert waren. Wir hätten etwas verpasst, wenn wir in der Stadt geblieben wären.

Trotzdem war ich irgendwie froh, als wir wieder unten waren und der Ausflug sich dem Ende zuneigte. Denn das Treffen mit den Jungs heute Abend blieb mir die ganze Zeit im Hinterkopf und schwirrte immer wieder durch meine Gedanken.
Ich hatte heute ein paar Nachrichten mit Robin geschrieben, aber nicht wirklich viel.
In den paar Nachrichten hatte er mir den Standort des Hotels geschickt und wir hatten einen Zeitpunkt festgelegt, wann wir uns treffen wollten.

Als hätte er auch gerade dran gedacht, bekam ich eine Nachricht von ihm, als wir im Bus saßen auf dem Rückweg ins Hotel.
'Freue mich auf gleich.'
Ich lächelte.

Ennie stupste Finja an.
„Svenja hat eine neue Nachricht von Robin.“

Ich drehte mich zu ihr um.
„Woher weißt du das?“

„Hmm, ganz schwere Frage.“
Finja antworte für Ennie.
Ich lachte und schüttelte etwas meinen Kopf.

„Hast du denn wenigstens schon was abgemacht, wann wir uns heute Abend treffen?“
Ennie wechselte das Thema. Aber eigentlich nur indirekt, denn bei dem Gedanken an heute Abend wurde mein Lächeln noch größer.

Ich erzählte den beiden, dass wir uns gegen sechs Uhr treffen könnten und zeigte den beiden auf Google Maps wo das Hotel lag.

„Robin meinte, sie können uns von der Straßenbahnstation abholen.“
Ennie nickte und Finja antwortete.
„Super, dann machen wir das so, haben dann ja etwa eine Stunde Zeit, wenn wir wieder im Hotel sind.“

Ein Blick auf mein Handy verriet mir, dass wir zwanzig nach vier hatten.
Ich stimmte Finja nickend zu. Mein Lächeln verschwand immer noch nicht, denn meine Vorfreude auf den heutigen Abend stieg von Minute zu Minute weiter.

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