07 - This Feeling

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"Sie sagen mir, ich soll mit meinem Kopf denken, nicht mit dem Ding in meiner Brust.
Sie haben diesmal ihr Hände um meinen Hals,
aber du bist derjenige, den ich will."
(The Chainsmokers - This Feeling)

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Während wir am nächsten Morgen runter zum Frühstück gingen kam uns Frau Jehner wieder entgegen. Sie schaute uns drei kritisch an, sagte aber nichts.
Wir wussten alle, dass wir gestern mit einem blauen Auge davongekommen waren und wir nicht nochmal zu spät kommen sollten. Die fünf Minuten, die wir gestern zu spät waren hatten gereicht.

Wir frühstückten kurz und verschwanden dann wieder in unserem Zimmer. Bis zum Treffen mit dem Kurs hatten wir noch knapp eine Stunde Zeit.
Im Zimmer angekommen putzte ich meine Zähne und kämmte mir dann meine Haare. Für Schminke war ich heute schlichtweg zu faul.
Nachdem ich im Bad fertig war ging ich zum Schrank um mir etwas zum anziehen heraus zu suchen.

Vorher warf ich einen Blick aus dem Fenster hinaus.
Der Himmel war bewölkt aber es regnete nicht und laut meiner Wetterapp war heute auch keiner angesagt. In ein paar Stunden war sogar angesagt, dass die Sonne herauskommen sollte.
Also nahm ich meinen hellblauen Jeansjumpsuit und ein schwarzes T-Shirt, zum darunterziehen, aus dem Schrank.
Ennie und Finja waren fast zeitgleich mit mir fertig. Also packten wir noch kurz unseren Rucksack und gingen dann hinunter in die Eingangshalle.

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Drei Stunden später befanden wir uns auf einem Boot, einem großen Touristendampfer der langsam durch den Golf von Neapel fuhr. Zu jeder kleinsten Besonderheit sagte die Besatzung irgendwas, so dass wir auf dem Schiff nie wirklich unsere Ruhe hatten. Und leider war die Rundfahrt nicht sonderlich interessant gewesen.

Ennie, Finja und ich waren aber glücklicherweise als einer der ersten auf dem Schiff gewesen, so dass wir uns einen Platz auf dem Sonnendeck in drei Liegestühlen sichern konnten. Mittlerweile war zum Glück auch die Sonne herausgekommen und so konnten wir uns von dieser noch ein kleines bisschen bräunen lassen.

Das Sonnendeck war etwas abseits der Menschenmengen und die Durchsagen waren nur leise zu verstehen. Aber das war nicht wirklich schlimm, denn in Wirklichkeit unterhielten wir uns deutlich mehr, als dass wir den englischen Durchsagen der Schiffscrew unser Gehör schenkten.

Hauptsächlich ging es bei unseren Gesprächen um die Geschehnisse des gestrigen Abends. Da wir direkt ins Bett gefallen waren, war ein Gespräch offengeblieben und nun hatten wir eine gute Gelegenheit dazu.
Es standen immerhin viele Fragen im Raum, die dringend Gesprächsbedarf hatten.

„Ich fand es voll niedlich, wie Tobias gestern gebeichtet hat, dass er verliebt sei."
Finja war die erste, die anfing über unser Flaschendrehen zu reden.

Ich fand es süß, keine Frage, aber irgendetwas sagte mir, dass da mehr war als eine einfache Beichte, dass er verliebt sei.
„Und wenn er in jemanden von uns verliebt ist?"

„Ich weiß es nicht. Glaube ich eigentlich nicht, ich meine wir haben bisher ja nur in der Gruppe miteinander geredet. In wen sollte er sich denn verliebt haben?"
Finja wirkte verwundert über meine Theorie.
Ich hatte bisher nicht viel Zeit mit Tobias verbracht. Ein großer Teil meiner Aufmerksamkeit galt Robin, daher wusste ich auch nicht wie Ennie und Finja zu Robin standen.

„Ich kann es mir eigentlich auch nicht vorstellen."
Ennie machte eine kurze Pause.
„Aber theoretisch interessiert mich das recht wenig, ich würde viel lieber wissen, wie es zwischen Svenja und Robin läuft."
Ich wusste, dass diese Frage kommen würde und dass sie von Ennie kommt war mir eigentlich auch schon im Vorhinein klar. Sie war viel zu neugierig.

„Ich bin mir sicher, er hat die Aufgabe mit dem Küssen nur gemacht damit er dich oder du ihn küssen kann."
Ennie äußerte das, was ich gestern auch schon vermutet hatte und Finja stimmte ihr nickend zu.

„Er wirkte irgendwie enttäuscht als du Ennie geküsst hast anstatt ihn.
Warum hast du ihn eigentlich nicht geküsst?"
Ich atmete durch. Über Finjas Neugierde war ich verwundert, normalerweise hielt sie sich aus so Situationen eher raus und das war eigentlich Ennies Aufgabe. Wobei wenn jemand bei Flaschendrehen einen Jungen küssen würde, dann wäre es Finja. Sowas machte Ennie eigentlich auch nicht.

„Ich weiß es nicht, irgendwie erschien es mir nicht ansatzweise so, als wäre es der richtige Zeitpunkt."
Ennie lächelte überzeugt.
„Aha, ich wusste es also doch. Du hattest mit dem Gedanken gespielt ihn zu küssen."

Ich antwortete nicht. Ich wusste nicht was ich antworten sollte, aber ich merkte wie ich rot wurde und bei dem Gedanken Robin zu küssen, kribbelte es in meinem Bauch. Besonders wenn ich an den Kuss dachte, den er mir gestern zum Abschied auf die Wange gegeben hatte.

Ennie wendete sich Finja zu.
„Svenja ist verlieeeebt!"

Ich wehrte mich protestierend.
„Ich kenne ihn nicht mal vier Tage, so schnell können sich keine Gefühle entwickeln. Ich bin ganz sicher nicht in Robin verliebt."

Ennie erhob sich von ihrem Liegestuhl und setzte sich auf diesen.
„Svenja, du kannst mir nicht erklären, dass du keine Gefühle für ihn hast, hast du dich mal beobachtet?"

Ich zog fragend meine linke Augenbraue hoch.
„Du läufst lächelnd durch die Gegend, wirst aufgeregt, wenn du ihn siehst und es gibt kein anderes Gesprächthema mehr für dich."
Ich lächelte und fühlte mich ertappt, irgendwie konnte ich Ennies Aussagen nicht leugnen, das wäre gelogen.

„Ja, kann schon stimmen..."
Ich antwortete ihr unsicher.

„Was fühlst du, wenn du ihn siehst oder an ihn denkst?"
Auch Finja mischte sich nun ins Gespräch ein und setzte sich zu Ennie auf die Sonnenliege.

„Ich bin nervös und ja, also eigentlich keine Ahnung."
Ich war ziemlich überfordert mit dieser Situation und wusste nicht im Geringsten was ich antworten sollte. Ich konnte das was ich fühlte nicht in Worte packen. Sowohl Ennie als auch Finja wussten, dass ich noch nie einen Freund hatte, geschweige denn verliebt war.
Nicht mal im Kindergarten und nicht mal eine von diesen Schwärmereien als Teenager für irgendeinen Star. Bisher war mein Leben komplett ohne Jungs ausgekommen und eigentlich war ich da auch glücklich drüber.

„Du siehst ihn und hast ein Kribbeln im Bauch, du willst im nah sein, am liebsten so nah, dass es gar nicht mehr näher geht. Du wärst gerne mal mit ihm alleine und eigentlich würdest du ihm am liebsten genau beschreiben wie du dich fühlst.
Immer, wenn du an ihn denkst ist da dieses Gefühl, dieses Gefühl was dich glücklich macht und du lächeln musst obwohl du nicht wirklich weißt wieso. Ist es so?"

Ich nickte Ennie zu, sie hatte dieses Gefühl ziemlich genau beschrieben, besser hätte ich es auch nicht machen können.
„Woher weißt du..."

Weiter kam ich gar nicht, denn Ennie unterbrach mich.
„Mir ging es doch damals kein bisschen anders, als ich vor zwei Jahren Aaron kennengelernt habe. Es war genau das gleiche, das Kribbeln im Bauch, das Lächeln was nicht mehr weg ging und das unbeschreibliche Gefühl, wenn ich ihn gesehen habe."
Ennie machte eine kurze Pause bevor sie ihren Satz fortsetzte.
„Svenja, dieses Gefühl nennt sich Verliebtsein."

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