27 - In My Mind

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"Die Träume, die wir haben, die Liebe, die wir teilen,
das ist das worauf wir warten."
(Dynoro - In My Mind)

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Als am nächsten Morgen der Wecker klingelte, schien die Sonne schon wieder durch unsere Vorhänge in unser Hotelzimmer. Die letzten zehn Tage hatten wir uns fast wirklich daran gewöhnt, dass die Sonnenstrahlen morgens in unser Zimmer hinein strahlten.

Mir wurde schlagartig wieder bewusst, dass dies heute der letzte richtige Tag der Abschlussfahrt war. Wir würden noch einmal hier schlafen und morgen dann in aller Frühe aufstehen um zum Flughafen zu gelangen.
Ich hätte gerne die Zeit angehalten, ähnlich wie in "Täglich grüßt das Murmeltier", diesen Tag einfach ganz oft zu wiederholen und in einer Zeitschleife festzuhängen.

Ich war mir sicher, dass dieser Tag gut werden würde. Ich fühlte es einfach.
Programm gab es heute keins. Wir hatten geplant in die Innenstadt zu fahren und dort kleine Mitbringsel und Andenken zu kaufen und danach schonmal unsere Sachen einzupacken.
Abends würden wir hoffentlich die Jungs treffen können. Wir waren aber noch nicht sicher, was wir machen wollten.

Also zogen wir uns an und gingen dann unten frühstücken. Wie an jeden anderem Tag machte ich mir ein Brötchen mit Nutella und holte mir eine Tasse Kaffee.
Wir frühstückten ausgiebig, denn theoretisch hatten wir heute ja alle Zeit der Welt.

Nach dem Frühstück machten wir uns dann auf den allbekannten Weg zur Straßenbahn die uns in die Altstadt Neapels fuhr.
Mittlerweile war es fast eine Gewohnheit geworden. Als wären wir hier schon dutzende Male in den Urlaub hingefahren.

In der Altstadt angekommen schlenderten wir durch die kleinen Gassen, vorbei an vielen kleinen Markständen die allmöglichen Kram bereit hielten.
Während Finja etwas für ihre Eltern und ihre kleine Schwester aussuchte, schaute Ennie nach etwas für ihren Freund und ihre Eltern.

Theoretisch hätte ich nur meinen Eltern etwas mitbringen wollen, aber als wir durch die ganzen Gassen wanderten und in jeden kleinen Souvenirshop gingen, beschloss ich auch Robin etwas zu schenken. Immerhin würden wir diese Stadt immer miteinander verbinden.
Also entschied ich mich dazu ihm eines der kleinen Hörnchen zu schenken, die als Glückbringer fungieren sollen, wenn es verschenkt wurde. Das Corno, oder Corni, sieht aus wie eine kleine Chillischote und irgendwie war es wirklich in jedem Laden zu finden. Also hatten wir es gegoogelt und es war eines der typischen Souvenirs in Neapel.

Ich hätte mir auch gerne eines geholt, aber sie sollten angeblich Unglück bringen, wenn sie für sich selber kauft und nicht verschenkt wurden.
Also ließ ich das Corno an der Kette im Laden und nahm nur das am Schlüsselanhänger mit, welches ich Robin schenken wollte.
Mir selber kaufte ich einen deswegen Magneten. Ich fand einen der mir gut gefiel und perfekt zu meinen anderen an meiner Magnetwand passen würde.

Meinen Eltern kaufte ich den gleichen Magneten, da meine Eltern diese am Kühlschrank sammelten und außerdem einen typischen Limoncello, also einen Zitronenlikör. Beziehungsweise Ennie kauften ihn für mich, da ich selber ja noch nichts Hochprozentiges kaufen durfte.

Mit vollgepackten Tüten machten wir uns zurück auf den Weg ins Hotel. Wir sahen wahrscheinlich eins zu eins aus wie die typischen Touristen. Aber nachdem wir in den letzten Tagen so viele Führungen mitgemacht hatten, war das ja auch nichts neues mehr.

Als wir auf dem Rückweg noch an einem Supermarkt vorbeikamen, kauften wir noch ein paar Süßigkeiten ein. Wie am ersten Tag, als wir einfach alles einkauften, was wir nicht kannten. Dieses Mal jedoch wussten wir, was wir einkaufen sollten, denn wir hatten uns einmal komplett durchgetestet.

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Wieder im Hotel angekommen platzierten wir unsere Ausbeute an unseren Betten.

„Haben wir jetzt heute Abend eigentlich schon was mit den Jungs geplant?“
Finja schüttelte den Kopf und ich tat es ihr gleich.
„Ach uns wird schon noch was einfallen. Wenn es nichts mit schwimmen zu tun hat, wäre ich aber froh, denn ich würde meine Bikinis gerne schon einpacken, so dass die nicht nass im Koffer liegen.“
Ennies Einwand war gut.

„Vielleicht sollten wir schonmal anfangen einzupacken, ich weiß ja nicht wann wir heute Abend zurückkommen und ich will nicht bis nach Mitternacht packen.“
Ennie stimmte mir zu aber Finja unterbrach mein Aufstehen um die Koffer hervor zu holen.
„Stopp, vorher habe ich noch etwas für euch.“
Ich schaute Finja fragend an und Ennie sah sie mindestens genauso verwundert an.

„Ich habe uns drei ein gemeinsames Andenken geholt.“
Aus einer kleinen Tasche holte sie drei geflochtene Armbänder aus Leder hervor. Auf dem Magnetverschluss stand Neapel darauf.
„Oh, voll schön, Dankeschön!“
Finja lächelte.
„Was würden wir ohne dich nur machen.“
Auch ich lächelte und legte mir dann das Armband um.

„Gruppenumarmung!“
Es war Ennie, die ihre Arme austreckte und darauf wartete, dass wir zu ihr kamen. Und lange musste sie nicht auf uns warten, denn nur wenige Sekunden später lagen wir uns alle drei in den Armen.
„Auf, dass wir irgendwann noch unseren Urenkeln von dieser Abschlussfahrt erzählen.“

Dann lösten wir uns wieder aus der Umarmung und ich ging zum Schrank, unter welchen wir unsere Koffer verstaut hatten.
Ennies lag ganz vorne, sie hatte beim Auspacken am längsten gebraucht und wegen ihr waren wir fast zu spät gewesen.
Ich schwelgte in Erinnerungen.
Dabei sortierte ich zuerst den noch ungenutzten Teil meiner Anziehsachen in den Koffer, ließ aber noch etwas für heute Abend und morgen zum Flug draußen liegen.
Dann räumte ich die Wäsche ein die ich getragen hatte, die zuhause in die Wäsche müsste.

Nach und nach wurde der Haufen dieser Sachen im Koffer immer größer und je nachdem was ich gerade einräumte, schweiften meine Gedanken ab.
Als ich das lange rote T-Shirt mit der Aufschrift "unique" in den Koffer legte, waren meine Gedanken bei dem Abend als wir in der italienischen Bar waren. Es war der Abend an dem ich Robin das erste Mal bewusst getroffen hab und als wir das erste Mal miteinander gesprochen hatten.
Es war der erste gemeinsame Abend mit der Clique mit der wir die letzten Tage verbracht hatten und die mir alle ziemlich ans Herz gewachsen waren.

Als nächsten hielt ich meinen hellblauen Jeansjumpsuit in der Hand und das weiße T-Shirt welches ich dazu anhatte.
Als ich das getragen hatte, war es kein anderer Tag gewesen, als der aller erste den wir hier verbracht hatten.
Ich hatte ihn angezogen nachdem ich vollkommen verschwitzt von der Stadttour kamen, als wir abends ins Restaurant gegangen waren und ich Robin das erste Mal gesehen habe.
War das Schicksal? Gab es so große Zufälle, dass wir am gleichen Ort, für den gleichen Zeitraum auf Abschlussfahrt waren? Und dann noch am gleichen Abend im gleichen Restaurant zur gleichen Uhrzeit essen gingen?

Und dann durchfuhr mich eine Idee wie ein Blitz.
„Das Restaurant!“
Ennie schaute ruckartig zu mir und Finja wirkte fast ein wenig erschrocken, dass ich plötzlich etwas gesagt hatte, denn bis gerade, war es außergewöhnlich still gewesen.
„Was ist damit?“

„Wir gehen heute Abend mit en Jungs zusammen in das Restaurant wo wir am ersten Abend essen waren. Da wo die Reise anfing und wo ich Robin das erste Mal gesehen hatte.“
Ich erklärte meine Idee und die beiden schienen sichtlich begeistert.
„Geniale Idee, dann frag Robin doch einfach mal und dann kann ich gleich beim Restaurant anrufen.“
Ennie lächelte.

Gesagt getan, also schrieb ich Robin an.
Als würde er gerade nichts Besseres zu tun haben, war meine Nachricht innerhalb von einer Minute gelesen.
'Die Idee können wir nicht überbieten. Wir sind dabei, können theoretisch ab in einer Stunde bis heute Nacht durchgehend.'
Ich lächelte und berichtete Ennie davon.

„Du kannst beim Restaurant anrufen. Geht klar!“
Ennie lächelte ebenfalls und nahm sich ihr Handy.
Dann fing sie an, sich auf italienisch mit ihrem Telefon zu unterhalten.
Gespannt schaute ich zu Ennie rüber und als sie mir einen Daumen hoch zeigte, verbreiterte sich mein Lächeln.

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