Kapitel 14 - Erbarmungslose Realität

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Montagmorgen - ich konnte es kaum abwarten, Allison endlich wiederzusehen, obwohl es eigentlich erst ein paar Stunden her war, dass sie bei mir gewesen ist.
Gut gelaunt, wie immer in der letzten Zeit, begann sie unser Wochenauftakt-Meeting.
Rick war gerade dabei, die letzte Woche Revue passieren zu lassen, als die Tür zu unserem Meetingraum aufgerissen wurde und ein mir unbekannter Mann diesen betrat. Dicht gefolgt von der jungen Frau, die normalerweise am Empfang saß und versuchte, sich zu erklären.
„Miss Luthor, es tut mir leid, dieser Herr ließ sich nicht von mir aufhalten. Ich ..."
Doch der Typ fiel ihr einfach ins Wort.
„Ich brauche ja wohl auch keine Erlaubnis, um meiner eigenen Tochter einen Besuch abzustatten."
Bei diesen Worten rutschte mir augenblicklich mein Herz in die Hose und ich schaute geschockt zu Allison. Dieser war jegliche Farbe aus dem Gesicht gewichen und man merkte ihr an, dass sie alle Mühe hatte, ihre Fassung zu bewahren.
„Dad", brachte sie mit erstickter Stimme hervor.
Der Mann mit den grau melierten Haaren, so um die 60, der da gerade so unverschämt in unseren Meetingraum gestürmt war, war also ihr Vater? Ich ahnte, dass das nichts Gutes zu bedeuten hatte.
„Allison, freust du dich denn gar nicht, deinen Vater zu sehen? Mit etwas mehr Begeisterung hätte ich schon gerechnet."
Er ließ wirklich nichts aus und ich merkte, wie sich meine Hände unter dem Tisch zu Fäusten ballten.
„Meine Herrschaften, Sie können gerne Ihr Meeting fortführen, allerdings habe ich etwas Wichtiges mit meiner Tochter zu besprechen. Allison, kommst du?"
Ich richtete mich ein wenig in meinem Stuhl auf, ich konnte doch nicht zulassen, dass er das jetzt abzog.
Allison warf mir einen kurzen, flehenden Blick zu, bevor sie aufstand, um ihm zu folgen. Sie wollte nicht, dass ich mich einmischte. Gut, man konnte nicht wissen, ob er von mir wusste und sie wollte mich nur beschützen, aber eigentlich müsste ich doch jetzt für sie da sein.
Mir blieb also nichts anderes übrig, als mit anzusehen, wie Allison, hinter ihrem Vater, das Büro verließ.
Ab jetzt konnte ich mich, beim besten Willen, nicht mehr auf das Meeting konzentrieren. Jede weitere Minute fühlte sich für mich an, wie eine halbe Ewigkeit. Aber wie musste sich Allison jetzt erst einmal fühlen? Und warum, zur Hölle, war ihr Vater jetzt hier aufgekreuzt?
Mein Unterbewusstsein wusste die Antwort auf diese Frage längst, mein Bewusstsein jedoch, wollte es einfach nicht wahrhaben.

Kaum hatte Rick das Meeting beendet, stürmte ich auch schon aus dem Raum. Ich war gerade auf dem Weg zu den Fahrstühlen, weil ich zu Allison wollte, da sah ich diese, zusammen mit ihrem Vater, aus dem Aufzug steigen und das Gebäude verlassen.
Man konnte ihr deutlich ansehen, dass sie geweint hatte, auch, wenn sie ihren Blick zu Boden richtete. Am liebsten währe ich zu ihr gelaufen, doch irgendwas in mir drinnen sagte mir, dass ich damit alles nur noch schlimmer machen würde. Also blieb ich dort stehen und wusste nicht mehr, was ich denken, geschweige denn fühlen sollte.
Eine Leere ergriff von mir Besitz, die mich unfähig machte, einen klaren Gedanken zu fassen.
Ich wusste nur, dass ich es hier nicht mehr aushielt.
Also sagte ich Rick Bescheid, dass es mir nicht gut ging und fuhr nach Hause. Dort wusste ich allerdings auch nichts mit mir anzufangen. Ich lief im Haus auf und ab, ging in den Garten, wo ich auch nur ziellos durch die Gegend lief. Immer wieder versuchte ich, Allison anzurufen, doch ihr Handy war aus und so blieb mir nur ihre Mailbox, auf der ich zig Nachrichten hinterließ. Gut, sie würde bestimmt noch mit ihrem Vater reden, aber gegen Abend würde sie sich bestimmt auf meine Nachrichten melden.
Irgendwann kam Scarlett nach Hause, der ich, so aufgewühlt, wie ich war, alles erzählte.
„Oh Gott, Jamie ... was macht ihr denn jetzt?"
„Verdammt, Scarlett", antwortete ich ein wenig zu schroff, „ich weiß es nicht. Meinst du, wenn ich einen Plan hätte, dann würde ich hier so bescheuert durch die Gegend laufen?"
Im selben Moment bereute ich es bereits, dass sich sie so angefahren hatte. Sie wollte ja nur für mich da sein und konnte für das alles ja auch nichts. Im Gegenteil ... sie selber hatte mich im Rage noch gewarnt, dass ich mir bewusst sein sollte, dass so eine Situation jederzeit auf uns zukommen könnte. Und ich Trottel hatte nichts besseres zu tun, als die Gedanken daran zu verdrängen. Aber wer konnte denn auch ahnen, dass es nun wirklich so kam und dann auch noch so schnell.
„Es tut mir leid, Scarlett."
„Ist schon gut. Du musst dich nicht entschuldigen. Ich glaube, ich kann mir nicht ansatzweise vorstellen, wie du dich gerade fühlen musst."
Ich sah sie verzweifelt an.
„Ich kann sie nicht verlieren, Scarlett, das darf nicht passieren."
Und ich fühlte, dass es genau in diesem Moment passierte.
Ich versuchte sie den ganzen Abend und die ganze Nacht zu erreichen, aber ihr Handy war und blieb aus.

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