Den restlichen Mittwoch verbrachte ich damit, alle Dokumente zusammenzusuchen, die ich für meine Reise brauchte und packte meine Taschen mit allen für mich wichtigen Dingen.
Scarlett und Eric besorgten mir noch Getränke, die ich ebenfalls im Wagen verstaute, sowie einige Lebensmittel. Die ganze Sache würde schon teuer genug werden. Da war es nicht schlecht, wenn ich mich so lange, wie es eben ging, selber versorgen konnte. Zwar hatte ich alle meine Ersparnisse zusammengekratzt und auch Scarlett und Eric hatten mir alles Geld zugesteckt, was sie eben entbehren konnten, aber das hieß ja nicht, dass ich dieses für unnütze Dinge ausgeben musste.
In der Nacht versuchte ich mir, auch wenn es mir schwerfiel, so viel Schlaf zu gönnen, wie es nur eben ging. So kraftlos, wie ich jetzt schon war, konnte das nicht schaden. Auch, wenn mir mein Vorhaben einen Adrenalinschub gab, wusste ich, dass sich mein Körper irgendwann dafür rächen würde, wenn ich ihm nicht etwas Beachtung schenkte.Donnerstagmorgen stand ich an Scarletts Wagen, um mich von meinen Freunden zu verabschieden. Gerade Scarlett merkte ich an, dass sie mich nicht gerne gehen ließ und auch mir war nicht wirklich wohl dabei.
Aber ich hatte keine andere Wahl.
„Pass bitte auf dich auf und denke daran, dich zu melden!"
„Das mache ich, versprochen! Ach, Scarlett ..."
„Ja?"
„Versuche bitte immer mal wieder etwas aus Emma herauszubekommen. Ich weiß, dass sie Allison geschworen hat, nichts zu sagen, aber sie ist die einzige, die wenigstens ab und zu mit ihr in Kontakt steht und vielleicht rutscht ihr ja mal etwas raus."
„Das hätte ich sowieso getan."
„Und bitte versuche es irgendwie hinzubekommen, dass die im Rage nicht ganz so angepisst sind. Meinen Job in der Agentur zu verlieren, ist eine Sache, aber ich würde nur ungern auf
unsere Gigs verzichten, wenn ich wieder da bin. Ihr meint wirklich, ihr kriegt das auch ohne mich hin?"
„Mach dir darüber keine Gedanken. Ich werde das alles regeln. Es gibt jetzt Wichtigeres für dich. Nun hau schon ab, bevor ich es mir anders überlege und dich nicht gehen lasse."
Nun war es also so weit. Ich nahm die beiden noch einmal fest in den Arm, dann stieg ich in den Wagen und machte mich auf, zu einer Mission, von der ich nicht wusste, wie sie enden würde. Ich hatte knapp über 2.000 Meilen vor mir, musste quer durch die USA fahren und wechselte dabei sogar die Zeitzone.
Das musste ich erst einmal unbeschadet überstehen.Ich fuhr durch Nevada, Utah, Colorado, Nebraska, Iowa, bis ich dann irgendwann in Illinois und somit dann auch in Chicago angekommen war. Zwischendurch schlief ich im Wagen, an irgendwelchen Raststätten, die auf dem Weg lagen und machte mich auch dort frisch. Natürlich vergaß ich auch nicht, mich zwischendurch immer wieder bei Scarlett und Eric zu melden. Ich versuchte auch ständig, Allison anzurufen, ihr Handy blieb jedoch aus. Als ich es, kurz vor Chicago, das letzte Mal versuchte, bekam ich die Ansage, dass es keinen Anschluss unter dieser Nummer gäbe. Ich musste erst einmal rechts ranfahren und diesen Schock verdauen.
Mir wurde bewusst, dass mir wohl noch weniger Zeit blieb, als ohnehin schon vermutet.
Es gab ihren Anschluss nicht mehr.
Ich betete zu Gott, dass Allison ok war, zumindest den Umständen entsprechend. Doch ich hatte keine Zeit, mir jetzt weiter Gedanken darüber zu machen oder mich davon aufhalten zu lassen. Also setzte ich meine Fahrt fort.
Ich hatte mir ein Zimmer im ‚Amber Inn' gemietet, einem
2-Sterne-Hotel, für ca. 98 Dollar am Tag. Eigentlich hätte ich ein Motel bevorzugt, was günstiger gewesen wäre, da ich jedoch in der Nähe des Konzerns von Allisons Vater bleiben wollte, um nicht ständig so weit fahren zu müssen, blieb mir keine andere Wahl. Ein Hostel wäre auch keine Lösung gewesen, da ich mir hier ein Zimmer mit mehreren Leuten hätte teilen müssen und das war schon alleine deswegen nicht möglich, weil ich meine Ruhe für meine Recherchen brauchte.Dort kam ich dann auch Freitagabend, gegen 23 Uhr, an.
Dadurch, dass ich zwischendurch, zum Schlafen, Rast machen musste, hatte es länger gedauert, als mir lieb war. In meinem Zimmer angekommen, brauchte ich erst einmal eine Dusche.
So viel Zeit musste jetzt sein.
Heute Abend würde ich eh nichts mehr ausrichten können.
Bevor ich mich hinlegte, rief ich noch kurz Scarlett an, um ihr zu sagen, dass alles ok sei und sie zu fragen, ob Emma eventuell schon etwas gesagt hatte. Leider gab es von dieser keine
Neuigkeiten.Den Samstag nutzte ich dazu, mir die Gegend anzuschauen und mir das Gebäude von Luthor Electrics anzusehen. Natürlich nur von außen.
Die nächsten Tage folgten alle dem gleichen Muster: ich versuchte herauszubekommen, aus welchen Gegenden die Mitarbeiter des Konzerns kamen, indem ich an der Bushaltestelle vor dem Firmengelände stand und versuchte, mit denen, die das Gebäude verlassen hatten, ins Gespräch zu kommen. Vorwiegend interessierten mich hier allerdings die Mitarbeiter, die aus den unteren Schichten kamen und keine hohen Stellen bekleideten.
Wenn man etwas herausbekommen konnte, dann nur aus Menschen, die ohnehin schon genervt von dem System waren, sich unterdrückt fühlten und den Job nur noch machten, weil sie nicht wussten, wie sie sonst ihre Familie ernähren sollten.
Das war natürlich schwieriger und langwieriger, als es mir lieb war, denn wer erzählte einer Fremden schon seine Lebensgeschichte? Also versuchte ich herauszubekommen, in welchen Bars diese Menschen sich nach Feierabend aufhielten.
Alkohol lockerte bekanntlich die Zunge. Und wenn man erst einmal den einen oder anderen Drink miteinander getrunken hatte, dann war man auch keine Fremde mehr.Trotzdem dauerte es knapp zwei Wochen, um überhaupt erst einmal herauszufinden, dass es da tatsächlich einige Mitarbeiter gab, die so ganz und gar nicht mit dem ganzen System des Energiekonzerns zufrieden waren.
Einigen erzählte ich, dass ich Journalistin sei und korrupte Großkonzerne aufdecken wollte. Auch, wenn ich dabei doch manchmal ein schlechtes Gewissen bekam, denn diese Leute versprachen sich davon, dass sich durch mich vielleicht etwas ändern könnte. Dabei handelte ich nur in eigenem Interesse. Doch wahrscheinlich hätte jeder einzelne, wäre er in meiner Situation gewesen, genauso gehandelt.Spät nachts fiel ich dann meistens völlig entkräftet in das Bett meines Hotelzimmers. Mein Körper geriet langsam an seine Grenzen. Ich war den ganzen Tag nur auf den Beinen und aß nur dann, wenn es gar nicht anders ging. Mal ganz abgesehen, von meiner seelischen Verfassung. Eigentlich fehlte mir, ohne Allison, jeden Tag die Kraft, um überhaupt aufzustehen.
Und gleichzeitig war sie es, die mich antrieb, denn ich durfte sie nicht aufgeben. Damit hätte ich mein Leben aufgegeben.
Und so machte ich weiter, Tag für Tag. Bis spät in die Nacht schrieb ich dann oft meine zusammengetragenen Informationen zusammen.
DU LIEST GERADE
Love Changes Everything
RomanceIn L.A. möchte Jamie endlich ihre tragische Familiengeschichte hinter sich lassen und ein neues Leben beginnen. Alles scheint perfekt, nur in Sachen Liebe hat die Fotografin und leidenschaftliche Musikerin kein Glück. Doch als sie ihre neue Chefin...