Kapitel 15 - Pläne

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Irgendwann war ich kraftlos in einen unruhigen Schlaf gefallen. Nur, um dann immer wieder weinend oder schreiend aufzuwachen. Hätte Scarlett nicht die ganze Nacht an meinem Bett
gesessen, keine Ahnung, was ich dann gemacht hätte.
Das Erlebte war einfach zu viel für meine Seele und meinen Verstand.

Gegen 6 Uhr morgens war dann auch die Nacht für mich zu Ende. Ich hielt es einfach nicht länger im Bett aus. In dem Bett, in dem ich noch vor Kurzem Allison beim Schlafen zugesehen hatte. Scarlett musste auch irgendwann eingeschlafen sein.
Ich hob sie vorsichtig von ihrem Stuhl hoch und legte sie in mein Bett.
„Jamie ... ich ..."
„Pssssst! Schlaf weiter, es ist alles gut."
Es war zwar gar nichts gut, aber meine beste Freundin war schon genug für mich da gewesen. Ich deckte sie zu und, so erschlagen, wie sie war, schlief sie auch weiter.
Ich griff nach meinem Handy, nur um festzustellen, dass ich immer noch keine Nachricht von Allison hatte. Auch mein Versuch, sie anzurufen, blieb erfolglos, ihr Handy war immer noch aus.
Irgendetwas musste ich tun. Also griff ich mir mein Notebook, ging damit in die Küche und versuchte etwas über Allisons Vater herauszubekommen. Das gestaltete sich allerdings schwieriger, als gedacht. Über ihn selber war nicht viel in Erfahrung zu bringen. Ich fand lediglich heraus, dass sich der Hauptsitz seines Unternehmens in Chicago befand und dass dieses mehrere Milliarden Dollar schwer war. Ich versuchte trotzdem, weiter etwas herauszufinden und bekam so gar nicht mit, dass Eric die Küche betreten hatte.
„Hey Jamie, wie geht es dir? Was machst du da?"
„Wie soll es mir schon gehen? Ehrlich gesagt, beschissen. Ich habe Allison auch immer noch nicht erreichen können. Im Moment versuche ich gerade etwas über ihren Vater herauszufinden, bzw. sein Unternehmen. Irgendwelche Anhaltspunkte, wo sie sich aufhalten könnte."
Eric setzte sich zu mir.
„Hm ... selbst, wenn du da etwas herausfinden solltest ... ich weiß nicht, ob es so klug ist, nach Allison zu suchen."
Ich schaute ihn verwirrt an, da sie zu finden doch meine einzige Intention sein konnte.
„Ja, jetzt schau nicht so. Selbst, wenn du sie findest, wird dir das nichts bringen. Du glaubst doch wohl nicht, dass du sie dann einfach so mitnehmen kannst. Sie ist ja bestimmt auch nicht freiwillig mit ihrem Vater mitgegangen und wenn sie irgendeine Möglichkeit wüsste, zu dir zurückzukommen, würde sie das auch tun. Sie liebt dich, Jamie. Egal, wie irrational sie sich auch gerade verhält, das darfst du nicht vergessen."
Ich musste schlucken.
„Und was soll ich, deiner Meinung nach, dann tun?"
„Pass auf ... ich habe gestern noch spät mit einem Freund gesprochen. Er ist Anwalt. Ich wollte wissen, was er zu der ganzen Situation sagt und ob er eine Idee hat, was man am besten tun sollte. Er meinte, damit Allison auf lange Sicht ihre Ruhe vor ihm hat, müsse man ihn richtig außer Gefecht setzen."
„Soll ich mir jetzt einen Auftragsmörder suchen, oder was?"
Ich schaute ihn geschockt an. Obwohl ... wenn das die Lösung all unserer Probleme wäre ...
„Nein, Jamie", lachte Eric, „natürlich sollst du ihren Vater nicht umbringen lassen. Man, du kommst auf Ideen. Aber so große Unternehmen haben immer irgendwelche Leichen im Keller.
Ich will sagen, dass du herausfinden musst, ob Allisons Vater Dreck am Stecken hat. Zwar wäre alleine die Tatsache, dass er Allison gegen ihren Willen festhält, wenn das denn der Fall sein sollte, schon eine Straftat, aber so was meine ich nicht. Das würde nichts bringen. Da zahlt der ein paar Tausend Dollar an irgendjemanden, der was zu sagen hat und ist wieder aus dem Schneider. Man müsste richtig tief graben. Irgendwas, was ihn und das Unternehmen derart belastet, dass er entweder jahrelang eingesperrt wird oder aber, was zumindest so belastend ist, dass man ihn damit unter Druck setzen kann. Das Problem hierbei ist nur, dass man bei derart großen Konzernen nicht einfach so an solche Informationen kommt. Und selbst Menschen, die davon wissen, dieses aber nicht unterstützen, so unter Druck gesetzt werden, dass sie niemals etwas preisgeben würden."
In meinem Kopf herrschte gerade ein Chaos aus Gedanken.
Wie sollte ich so etwas anstellen?
In diesem Moment betrat auch Scarlett die Küche.
„Hey, ihr beiden ... Jamie, warum hast du mich nicht geweckt als du aufgestanden bist?"
Sie legte eine Hand auf meiner Schulter ab und schaute zu mir herunter.
„Weil du schon genug für mich da warst und auch mal deinen Schlaf brauchtest. Mach dir keine Gedanken. Aber ich muss dir etwas erzählen. Eric hatte eine Idee."
Nun wiederholte ich alles, was Eric eben noch mir erzählt hatte.
Scarlett setzte sich jetzt auch zu uns an den Küchentisch und ihre Augen wanderten nachdenklich erst zu Eric und dann zu mir.
„Hast du irgendeine Idee, wie du das anstellen willst?"
„Nicht wirklich. Aber ich habe Zeit. In der Firma bin ich erst einmal krankgemeldet und selbst wenn diese Zeit nicht ausreichen sollte, dann ... ganz ehrlich? Dann scheiße ich auf den Job.
Allison ist jetzt wichtiger, als jeder noch so tolle Job. So was werde ich immer wieder finden. Also habe ich alle Zeit der Welt."
Eric hatte jedoch einen Einwand.
„Nicht wirklich, Jamie. Man weiß nicht, was ihr Vater alles plant. Und du kannst davon ausgehen, wenn er sie jetzt schon mitgenommen hat, anstatt ihr einfach nur ihr Leben zur Hölle zu machen, so wie vorher auch, dann plant er auf jeden Fall etwas."
Das klang, in der Tat, logisch. Ich hatte eh schon eine wahnsinnige Angst um Allison, aber die Gedanken daran, dass ihr Vater sonst was planen könnte, machte alles noch mal schlimmer.
Ich hatte ihr versprochen, dass ich immer für sie da sein würde - also fasste ich einen Entschluss.
„Scarlett? Du musst mir einen riesigen Gefallen tun."
„Jeden."
„Du musst mir bitte deinen Wagen leihen. Ich kann dir nicht sagen, wie lange, aber ... ich muss alles versuchen, etwas über diesen Typen und den Konzern herauszufinden und das kann ich nicht von meinem Notebook aus. Der Hauptsitz ist in Chicago und wer weiß, wo ich sonst noch hinfahren muss. Das kann ich nicht alles mit dem Motorrad machen."
Scarlett schaute zunächst etwas unschlüssig.
„Bitte, Scarlett, ich werde auch auf aufpassen, dass dein Wagen keinen Schaden nimmt. Und wenn doch, werde ich ihn dir ersetzen."
„Aber es geht mir doch nicht um den Wagen", antwortete sie empört, „es geht darum, dass du alleine durch halb Amerika fahren willst. Bis du in Chicago bist, fährst du mindestens 30 Stunden. Du solltest mittlerweile wissen, dass Amerika nicht Deutschland ist. Wenn dort eine Frau, alleine, so lange unterwegs ist, dann ist das vielleicht ungefährlich, hier aber nicht."
„Das weiß ich, Scarlett, aber wenn ich das nicht mache, dann gebe ich Allison auf ... dann gebe ich uns auf. Und das kann ich nicht. Ich sagte ihr einmal, dass ich alles dafür tun würde, dass sich ihr Vater nicht zwischen uns stellt. Und genau das werde ich jetzt tun. Und ganz ehrlich ... selbst, wenn es dann das Letzte sein sollte, was ich tue ... ohne Allison bringt mir mein Leben auch nichts."
Scarletts Gesichtsausdruck wandelte sich von zuerst geschockt zu traurig.
„Aber wir brauchen dich auch, Jamie. Denkst du, du bist uns total egal? Wir lieben dich. Wir sind eine Familie!"
„Ja, und ich liebe euch auch ... aber ... ich kann nicht ohne Allison leben. Verstehst du das denn nicht?"
Ich konnte ihr ansehen, dass sie immer noch getroffen war, was ich ja auch verstehen konnte.
„Ich gebe dir meinen Wagen. Aber nur unter einer Bedingung."
Ich schaute sie fragend an.
„Du meldest dich jeden Tag bei uns, zu einer vorher festgelegten Zeit. Wenn du zu der Zeit mal nicht telefonieren kannst, schreib eine Nachricht. Und du lässt auf jeden Fall immer dein GPS am Handy eingeschaltet. Und wo immer wir dich unterstützen können, beziehst du uns mit ein."
Obwohl es mir so dreckig ging, schlich sich nun ein leichtes Lächeln auf mein Gesicht. Ich ging zu Scarlett und nahm sie in den Arm.
„Danke! Du bist die Beste! Ich liebe dich!"
„Ja, ja ... schon gut. Ich habe ja wohl keine andere Wahl, oder?"
„Nein, als meine beste Freundin nicht."
Eric kam nun zu uns und reihte sich in die Umarmung ein.
„Und auf mich kannst du auch immer zählen. Was immer ich dabei tun kann, lass es mich wissen und ich tue es. Zusammen kriegen wir diesen Drecksack schon klein."
Ich war stolz auf meine Freunde, auf meine Familie, auf die ich mich wirklich immer verlassen konnte. Ohne sie hätte ich jetzt wohl jegliche Hoffnung verloren.

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