Kapitel 23 - Neugewonnene Freiheit

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Die kommende Woche hatte Allison sich noch komplett frei genommen, so dass wir die Zeit ausschließlich mit Dingen verbringen konnten, die uns gut taten.
An einem Tag unternahmen wir einen Ausflug zum Runyon Canyon Park, der gerade mal zwei Blocks vom Hollywood Boulevard entfernt lag und in dem man die stille Seite von L.A. genießen konnte, von der viele noch nicht einmal wussten, dass es sie überhaupt gab. Gerade, wenn man hier auf die kleinen Seitenpfade auswich, konnte man die herrlichsten Ausblicke erleben. Hier gab es nur Allison und mich und wir fühlten einander so verbunden, wie niemals zuvor. Selbst dann, wenn uns irgendwelche Hollywood-Prominenz über den Weg lief, die diesen Ort bevorzugt als Alltagsflucht aufsuchte, war uns das mehr als egal. Wenn ich Zeit mit Allison verbrachte, schaffte ich es tatsächlich, alle anderen Menschen um mich herum auszublenden und einfach nur den Moment zu genießen.

Einen anderen Tag entführte sie mich ins ‚n/naka', dem besten Sushi-Restaurant in der Stadt. Hierher hatte sie auch das Sushi, von dem ich auf unserer Party so angetan war.
Der Küchenchef dort war definitiv ein Künstler und ich würde den Abend eher als einen Besuch in einer Feinschmecker-Kunstgalerie bezeichnen, als einen Restaurant-Besuch.

Mit Allison lernte ich so viele neue Seiten des Lebens kennen, dass es einfach unbeschreiblich war und sie überraschte mich jeden Tag mit etwas Neuem.
Wir hatten die vergangenen Monate, aufgrund der Umstände, beide kein Fitnesstraining machen können, obwohl das für jede von uns ein fester Bestandteil unseres Lebens war. Darum begannen wir in dieser Woche auch damit wieder. Mit Allison zu trainieren war wie das Tüpfelchen auf dem I. Ich liebte es, sie zwischendurch zu beobachten und dem Spiel ihrer Muskeln und Sehnen zuzuschauen. Auch, wenn sie mich jedes Mal ermahnte, mit meinen Übungen weiterzumachen, wenn sie mich dabei erwischte. Beim Sport war Allison knallhart und erbarmungslos. Aber es hätte mich auch enttäuscht, wenn es nicht so gewesen wäre. Sie war halt Sternzeichen Jungfrau und diesem machte sie auch alle Ehre. Und da ich eh der Mensch war, der manchmal einen Tritt in den Hintern brauchte und mir diese strenge Seite an ihr zudem auch noch sehr gefiel, hatte ich keinen Grund, mich zu beklagen.

Wie knallhart Allison wirklich war, sollte ich dann aber am Freitag so richtig erleben. Es war mal wieder eine Überraschung und ich wusste vorher nicht, wo wir hinfuhren. Meine Angebetete gab mir lediglich ein paar Tipps zu meinem Sportoutfit, die mich aber auch nicht schlauer machten.
Völlig ahnungslos packte ich also meine Sporttasche, lud sie mit Allisons in den Kofferraum ihres Autos und ließ mich von ihr ins Ungewisse entführen. Irgendwann bogen wir in den Santa
Monica Boulevard ein, wo Allison dann, einige Augenblicke später, ihren Wagen auf dem Parkplatz eines Sportstudios mit dem bedeutungsvollen Namen ‚Dynamix MMA' zum Stehen brachte.
Mixed Martial Arts? Das war doch wohl nicht ihr Ernst ... Und genau das fragte ich sie auch. Allison prustete vor Lachen los. Ich muss sie aber auch angesehen haben, als hätte mir gerade ein Elefant auf den Kopf gekackt.
„Hast Du etwa Schiss?", neckte sie mich.
Das kratze an meiner Ehre.
„Schiss? Das hat doch damit nichts zu tun. Aber ... hallooo? Das ist eine Vollkontakt-Kampfsportart, das ist dir schon klar, oder? Ich meine, wenn du mich verprügeln willst, dann such dir doch einfach andere Situationen dafür aus, dann finde ich vielleicht sogar noch Gefallen daran ..."
Nun konnte sich Allison definitiv vor Lachen nicht mehr halten.
„Jamie, du bist echt süß!"
„Du weißt aber schon, dass süß die kleine Schwester von total bescheuert ist, oder?"
Während sie einfach weiter lachte, stand ich mit verschränkten Armen vor ihr und starrte sie fassungslos an.
Irgendwann konnte ich dann aber auch nicht mehr ernst bleiben und fing ebenfalls an zu lachen.
„Man ... jetzt aber mal im Ernst. Was hast du hier vor?"
Ich konnte es nicht zugeben, aber etwas mulmig war mir schon zumute und ich war froh, dass Allison sich mittlerweile beruhigt hatte, um mir eine Erklärung zu liefern.
„Jamie... Das ist mein altes Kampfsport-Studio. Hier habe ich früher jeden Abend trainiert. Zunächst, weil ich irgendwo den Frust über mein Leben rauslassen musste, später dann, weil ich richtig Gefallen daran fand und sogar eine der Allerbesten geworden bin."
„Aber warum hast du dann damit aufgehört, wenn du so einen Spaß daran gefunden hast?"
Allison lachte verbittert.
„Was glaubst du denn? Dreimal darfst du raten. Mein Vater mal wieder. Da ich so gut war, nahm ich auch an Wettkämpfen teil, was er irgendwann mitbekommen hat. Natürlich passte das für ihn auch nicht in das Bild einer perfekten Frau. Er drohte mir damit, dass er den Club dichtmachen lassen würde, wenn ich das nicht beende. Also blieb mir nichts anderes übrig, als damit aufzuhören. Aber jetzt kann ich, dank dir, machen, was ich will und da dachte ich, dass das eine Seite an mir ist, die du noch gar nicht kennst und die ich dir unbedingt zeigen wollte.
Und, wer weiß, vielleicht hast du ja auch Spaß daran. Ich will nicht wieder an Wettkämpfen teilnehmen, aber zumindest könnten wir doch ab und an mal zusammen trainieren, wenn es dir gefällt."
Ich schaute zwar immer noch etwas skeptisch, doch so langsam fing die Idee an, mir zu gefallen.
„Was sagst du?"
„Ich glaube, das hört sich gar nicht mal so schlecht an."
Allison strahlte über das ganze Gesicht, nahm mich an der Hand und gemeinsam betraten wir die Höhle des Löwen.

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