𝔊𝔢𝔦𝔰𝔱

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𝔊𝔢𝔦𝔰𝔱


Letztes Jahr


Dorcas hatte sie wirklich gut getäuscht.

Cal warf einen Haufen Klamotten in ihren neuen Kleiderschrank und stellte sich vor, sie würde Dorcas verprügeln, während sie einen Pullover an seinen Platz boxte.

Es war früh am Morgen, die Sonne zeigte sich erst als grauer Streifen am Horizont und Cal hatte auf dem Flug kein Auge zu getan, aber dafür, dass sie seit zwei Tagen kaum geschlafen hatte, fühlte sie sich erstaunlich wach.

Wie konnten sie jetzt am besten vorgehen?

Sie setzte sich aufs Bett. Ein Energydrink auf ihrem Nachttisch verbreitete strahlend die Kunde von unglaublichem Boost.

Sie nahm einen Schluck.

Schön, jetzt seid ihr in London. Die Festung ist leer, bis auf Aubrey, Ascensen sitzt da mit seinen dämlichen Schakalen und wartet.

Sie hatten keinen Plan. Nichtmal New Orleans.

Cal beobachtete ihn durch die halb offenstehende Schlafzimmertür. Er schlief. Genauso wie einen Tag zuvor.

Dorcas ist abgehauen. Wer weiß, was sie noch geplant haben.

Sie mussten Dorcas finden.

Sie war ihr einziger Anhaltspunkt.

Cal wusste das, aber weiter kam sie einfach nicht. Wenn Dorcas verschwunden war, hatte sie sich gut versteckt. Das Ziel vom Verschwinden war schließlich, nicht gefunden zu werden.

Sie konnte überall sein. Unter jedem Namen, mit jedem Beruf und jeder Haarfarbe. Himmel, sie konnte nach Amerika ausgewandert sein.

Cal vergrub das Gesicht in den Händen. Die Inquisition hatte ihr Vorhaben boykottiert und jetzt saßen sie wieder in Kensington, ohne Anhaltspunkt und Hinweise. Und ohne ihr Ziel erreicht zu haben.

Sie war unruhig, irgendetwas stimmte an der Sache nicht. Ganz gewaltig. Sie konnte nur nicht sagen, was es war, obwohl es wie ein ganzer Haufen Hundescheiße stank.

Dorcas lotst uns nach Paris.

Dorcas sucht das Weite, nachdem sie glaubte, ihre Aufgabe erfüllt zu haben.

Blake und Silence sitzen fest, du bist dem Tod wahrscheinlich nur knapp entkommen.

Warum dieser Umweg?

Dorcas hätte sie einfach vergiften können. Sie hätte ihr einfach ein Messer in den Hals rammen und abhauen können. Gut, vielleicht, nachdem sie Blake und Silence spielunfähig gemacht hatte.

Aber wozu Paris?

Vielleicht ist das nur ein netter kleiner Nebeneffekt. So weit wie möglich weg von denen, die dich beschützen wollen.

„Wach auf.", rief Cal und warf ihren Schuh nach New Orleans. „Die Frucht ist von innen verfault. Was sagt dir das?"

Hatte Blakes Versteckspiel vielleicht damit zu tun?

New Orleans rieb sich den Schlaf aus den Augen.

„Gibst du denn nie Ruhe?"

„Was sagt dir das? Bei mir klingelt es irgendwo, aber ich hab keine Ahnung, wo."

„Bist du wahnsinnig? Es bringt nichts, darüber nachzudenken, wenn man keinen Schlaf bekommen hat."

Er stand auf, kam zu ihr ins Zimmer und kippte den Rest des Energydrinks aus dem offenen Fenster.

Vitriol. Der SchakalWo Geschichten leben. Entdecke jetzt