𝔊𝔢𝔦𝔰𝔱
Letztes Jahr
Einen Moment lang war sie der Überzeugung, Ascensen hätte New Orleans getroffen, aber dann ging der Anwalt selbst in die Knie.
Mit einem Stöhnen presste er sich die Hand auf den rechten Oberschenkel, Blut sprudelte aus einer Wunde.
New Orleans handelte sehr schnell.
Er trat Ascensen die Waffe aus den Händen und schob sie Cal zu, die sie in letzte Sekunde fangen konnte. Dann warf er sich auf Ascensen, verdrehte ihm die Arme auf dem Rücken und benutzte seine eigene Jacke, um ihm die Hände zu fesseln.
Es passierte so schnell, dass Cal kaum mitkam.
Sekunden später lehnte Ascensen am Bücherregal, das verletzte Bein ausgestreckt, trotz des Schmerzes ein anerkennendes Lächeln auf den Lippen.
„Ich habs dir leicht gemacht, oder, New Orleans? Zu leicht."
New Orleans antwortete nicht. Er nahm Cal die Waffe aus den Fingern und entfernte die Ladung aus ihrer Kammer. Cal stand der Mund offen.
Ihre Handflächen waren schweißnass, sie hatte noch immer das Gefühl, eine Pistole vor der Stirn zu haben.
„Weißt du, es wird dir nichts bringen. Solange die Inquisition da draußen ist, werden sie euch jagen. Ohne Blake und Silence seid ihr aufgeschmissen. Sie werden Cal finden. Noch heute."
„Werden wir ja sehen."
„Du kannst deiner kleinen Freundin das Leben retten, es wird euch aber nichts bringen."
„Was meinst du, warum ich dir den Oberschenkelknochen zerschossen hab und nicht den Schädel?"
„Ich werde vor Gericht kein Wort sagen. Ihr habt nichts in der Hand."
New Orleans kniete sich auf den Boden und brachte sein Gesicht so nah an Ascensens, dass seine Nasenspitze die des Anwalts fast berührte.
„Werden wir ja sehen.", knurrte er erneut.
Ascensen brachte ein herablassendes Lächeln zustande.
New Orleans wandte sich zum Gehen, er winkte Cal zu sich heran. Mit zittrigen Beinen verließ sie die Bibliothek.
In Cals Hirn kam nur sehr langsam an, was passiert war. Sie griff nach New Orleans Shirt, nur um sich zu vergewissern, dass das alles wirklich war.
Ascensen saß gefesselt in der Bibliothek und Cal vertraute New Orleans, dass er ihn wirklich unschädlich gemacht hatte. Jetzt begann ein Wettlauf gegen die Zeit.
Sie brauchten Blake und Silence, um sich gegen die Inquisition zu wehren. Sie brauchten sie, weil jemand den anderen Mitgliedern des Kolloquiums Bescheid geben musste.
Cal hatte nicht den blassesten Schimmer, wie sie Blake und Silence aus der Untersuchungshaft argumentieren sollten, aber New Orleans hatte sicher einen Plan. Er musste einen haben. Sonst waren sie am Ende.
Aus der Bibliothek folgte ihnen ein sprödes Lachen.
„Carolines Peiniger war ein fetter Mann, nicht wahr? Er führt ein bequemes Leben. Ich habe vor ein paar Tagen mit ihm gesprochen. Ganz lobenswert, was er mit der Kleinen gemacht hat. Ich hätte mich dabei nicht so höflich benommen."
New Orleans blieb so abrupt stehen, dass Cal fast in ihn hineingerannt wäre.
Sie wusste, dass Ascensen versuchte, ihn wütend zu machen, aber auch sie wollte sich bei seinen Worten am liebsten übergeben. Sie griff nach New Orleans Hand.
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Vitriol. Der Schakal
Mystery / Thriller[ABGESCHLOSSEN] VISITA INTERIORA TERRAE RECTIFICANDO INVENIES OCCULTUM LAPIDEM. Der Leitsatz der Alchemisten. LASCIATE OGNI SPERANZA, VOI CH'ENTRATE! Dante Alighieri, Göttliche Komödie. - Das Kolloquium existiert seit Jahrhunderten. Eine mächtige G...