𝔊𝔢𝔦𝔰𝔱

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𝔊𝔢𝔦𝔰𝔱


Letztes Jahr

Was in der St. Pauls Cathedral passiert war, fiel unter die Hand des Vatikans. Auf dem Platz vor der Kirche ging die Sonne auf.

Cal wankte in die herbstlich kühle Morgenluft hinaus.

Um sie herum parkten acht Polizeiwagen, ein Kommissar telefonierte mit seinen Vorgesetzten, aber Cal blieb unbehelligt.

Schweigend blieb sie mitten in der Masse aus hin und her hastenden Menschen stehen. Sie sah, dass Blake mit jemandem sprach und die Situation mit knappen Worten regelte.

Ein dünner Mann schlängelte sich durch die Polizisten auf Cal zu und zückte eine Kamera.

„Darf ich?", fragte er. Ein Blitz blendete sie, noch ehe sie etwas erwidern konnte.

Cal hielt die Hand gegen das Licht der aufgehenden Sonne.

„Stimmt es, dass da drinnen sieben Menschen abgeschlachtet wurden?"

Er hielt ihr ein Diktiergerät unter die Nase.

Vor Cals geistigem Auge tauchte das Bild des toten Ascensen auf, wie er blutüberströmt auf dem Altar der St. Pauls Cathedral lag und leer in seinen göttlichen Himmel starrte.

Fahrig fuhr sie sich mit der Hand über das Gesicht.

„Wie sind Sie entkommen? Wer ist für das Massaker verantwortlich?"

Entkommen?

Cal fiel ein, dass sie blutverschmiert war.

„Ich werden keine Fragen zu dem Vorfall beantworten.", erwiderte sie und ging.

„Nein, nein, warten Sie! Die sieben Toten, wie haben sie ausgesehen? Waren ihre Gesichter zerfetzt? Was können Sie über die Bestie sagen, die das getan hat?"

Keine Bestie, dachte Cal. Am Ende waren auch das nur Menschen. Wie du und ich und jeder andere auch.

Sie hörte, dass der Mann ihr folgen wollte, aber New Orleans hielt ihn auf. Am Rand des Platzes wartete ein altbekanntes schwarzes Auto.

Aubrey hielt ihr mit einem freundlichen Lächeln die Tür auf. Cal war froh, ihn zu sehen. Sie war auch froh, Blake zu sehen, der zu ihr rüberkam und ihr ein anerkennendes Nicken schenkte.

Es war vorbei, zumindest vorerst.

„Wohin darf ich Sie bringen, Miss?", fragte Aubrey.

„Zur Festung.", antwortete Blake an ihrer statt.


-


Schläfrig spielte Cal mit dem Wasser in der Badewanne.

Sie spürte, wie ihr Körper sich erholte, aber das Gefühl ging mit Unruhe einher. Die plötzliche Stille im Haus war unwirklich.

Als sie die Festung betreten hatten, waren die Spuren ihres Kampfes noch unberührt an jeder Stelle des Erdgeschosses zu sehen gewesen.

Das ganze Blut in der Bibliothek.

Das in der Eingangshalle.

Im Badezimmer hinter der Küche lief das Wasser immer noch, unverändert, und Blake musste einige Experten kommen lassen, die die Sauerei beseitigten, ohne Fragen zu stellen.

Cal erinnerte sich daran, wie sie knöcheltief in dem hellrot gefärbten See gestanden und um ihr Leben gefürchtet hatte. Apathie breitete sich in ihrem Körper aus.

Vitriol. Der SchakalWo Geschichten leben. Entdecke jetzt