𝔊𝔢𝔦𝔰𝔱

56 12 155
                                    

𝔊𝔢𝔦𝔰𝔱


Letztes Jahr


Cal stöhnte laut auf. Alles in ihr drehte sich um und sie betete, dass New Orleans wusste, was er tat.

„Ein Spiel. Danach verschwinden Cal und ich von hier, und zwar mit den Informationen, die du uns gegeben hast."

Das eigenartige Lächeln auf den Lippen des Anwalts blieb unverändert.

Cals Beine zitterten so sehr, dass sie sich gerne gesetzt hätte, aber dieses Zugeständnis wollte sie Ascensen nicht machen.

New Orleans wandte sich nochmal zu ihr um und strich ihr über die Wange.

„Keine Sorge, ich weiß, was ich tue.", sagte er leise, aber Cal drehte das Gesicht weg. Sie kam sich vor wie eine betrogene Ehefrau.

„Ich werde verschwinden, wenn du diese Runde hinter dich gebracht hast. Ich schwöre dir, ich lass dich allein hier sitzen. Dann kannst du so lange wetten, wie du willst.", presste sie hervor.

„Okay, okay, versprochen. Nur das eine Mal. Mit den Informationen kann ich uns regelrecht freikaufen."

Cal sah die Qual in seinen Augen. Es tat weh zu sehen, wie kaputt ein Mensch in seinem Innern sein konnte. Sie ekelte sich vor ihm, weil sie sich selbst in seinem Blick wiedererkannte. Drogenabhängige und Spieler waren nicht wirklich verschieden.

„Ja.", flüsterte sie. Mehr brachte sie nicht hervor.

Noch während New Orleans begann, die Bedingungen mit Ascensen auszuhandeln, fragte sie sich, was sie hier eigentlich tat. Sie sollte gehen. Einfach gehen und New Orleans mit dieser wahnsinnigen Idee alleine lassen. Immerhin ging es um ihr Leben. Das klang gemein, aber New Orleans war nur ein Leibwächter, mit Cal hingegen fiel und stand das Kolloquium.

Sie sah den Mann an, wie er vor Ascensen auf und ab lief, und wusste noch im selben Augenblick, dass sie es nicht konnte. Noch nicht. New Orleans war für das Kolloquium vielleicht wertlos, für Cal aber sicher nicht.

Und außerdem würde Cal vor den Türen der Festung ohne seinen Beistand keine fünf Minuten überleben.

Komm. Ertrag das Spiel. Nur das eine, danach kannst du immer noch abhauen.

Cal begann, an ihrem Daumennagel zu kauen. Horn knackte zwischen ihren Zähnen und ihre Zunge spielte mit Nagelresten. Ohne auch nur zu blinzeln beobachtete sie, wie New Orleans endlich stehenblieb.

„Okay. Dann also das einfachste Spiel der Welt."

„Das einfachste."

„Was meint ihr?", fragte Cal nervös. Stille folgte. „Was meint ihr? Ich habe nicht zugehört."

Ascensen lächelte nachsichtig. Das Sprechen fiel ihm sichtlich schwer.

„Er denkt sich eine Zahl zwischen eins und zehn aus, ich werde sie erraten."

„Was? Das ist kein Rätsel. Das ist Glück."

„Du hast es begriffen. Es heißt ja auch Glücksspiel.", gab der Anwalt zurück. Cal wollte ihm in die hässliche Visage treten, aber im Moment war sie viel zu unruhig dafür.

„Nein. Nein, auf so einen Scheiß lassen wir uns nicht ein.", sagte sie und sah New Orleans hilfesuchend an.

Aber der sagte nichts dazu. Sein Blick blieb verschlossen, als er an sie herantrat und ihr einen Zettel in die Hand drückte.

Vitriol. Der SchakalWo Geschichten leben. Entdecke jetzt