Kapitel 47 (Betty's Sicht)

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Als ich am nächsten Morgen aufwache, ist es bereits hell.
Ich brauche einige Sekunden, um meine Gedanken zu sammeln, bevor ich realisiere, wo ich überhaupt bin.
Mein Blick schnellt zum Fenster, von dem aus ich direkt ein ein anderes Zimmer blicken kann. Mein Zimmer, rosa Vorhänge, Tapete mit Blumenmuster und perfekt aufgeräumt.
Gerade jetzt befinde ich mich aber im kompletten Gegenteil, gegenüber. Ich liege in Archie's Bett!
Dunkelblaue Tapete und Vorhänge, ein unaufgeräumter Schreibtisch und Wäsche tummelt sich in diesem Zimmer.
Mein Herz klopft schnell, als ich mich beeile aus dem Bett zu kommen. Ich sehe an mir runter, trage immer noch Archie's Klamotten vom vorherigen Abend.
Suchend blicke ich mich um. Aber wo ist Archie?
In seinem Bett ist er nicht, da war ich ja gerade erst.
Schnell öffne ich die Tür und laufe direkt in ihn hinein, der mir gerade entgegenkommt.
„Woah, Betty!", ruft Archie aus und weicht nach hinten.
Beschämt schaue ich auf. „Tschuldigung, ich ... wollte dich nur gerade suchen."
Archie lächelt schief. Dann wird er wieder ernst. „Hast du gut geschlafen? Hast du dich erholt?"
Ich nicke und lächele ebenfalls. „Ja, danke noch mal. Wirklich, danke, Arch."
Archie's Wangen färben sich rosa, als er sich durch die Haare fährt. „Soll ich dir was zum Frühstück machen? Ich würde ja zum Pop's fahren, Aber es ist Sonntag. Liebst du die Milkshakes dort immer noch so?"
Er redet mal wieder wie ein Wasserfall, wie immer, wenn Archie nervös ist.
Erst will ich ablehnen, doch dann gefällt mir die Idee. „Klar, gerne. Ich gehe kurz nur rüber, um mir etwas frisches zum Anziehen zu holen, ja?"
Archie nickt und macht sich auf den Weg nach unten. Auf der Treppe dreht er sich noch einmal um.
„Hast du dich wieder mit deiner Mom vertragen?"
Ich straffe die Schultern und schüttele den Kopf. „Nein. Aber das werde ich. Ich muss ihr noch wegen Yale Bescheid sagen, du weißt schon."
Die schmerzhafte Erinnerung kommt zurück. Bloß nicht schwach werden, Betty.
Archie hält mir die Hand hin, ich nehme sie und er zieht mich ein paar Treppenstufen zu sich runter.
„Du schaffst das", haucht er leise.
Sein Atem liegt kühl auf meinen Wangen und verschafft mir Gänsehaut. Ich merke, wie meine Knie weich werden.
Er drückt meine Hand und läuft dann die Treppenstufen runter, die Letzte überspringt er.
„Wenn du wiederkommst, gibt es leckere Pancakes!"

Wenige Minuten später stehe ich vor meiner Haustür. Es ist komisch, sie „‚meine" Haustür zu nennen, zumal ich eigentlich nicht mehr hier wohne.
Wobei ... vielleicht müsste ich das bald wieder.
Es versetzt meinem Herz einen Stich, an Jughead zu denken. Das, was zwischen Archie und mir letzten Abend passiert ist, ist nicht okay. Das weiß ich auch. Aber ich kann es auch nicht verdrängen, so einfach ist das nicht.
Ich sammele all meinen Mut, atme tief ein und drücke dann fest auf die Klingel.
Es ist Sonntagmorgen, circa 11 Uhr am Vormittag. Ich weiß genau, was meine Mom gerade macht. Bis gerade hat sie noch die Küche aufgeräumt, vom Frühstück, jetzt sitzt sie auf der cremefarbenen Couch und liest ein Magazin oder ein Buch. Wenn das Wetter schön ist, liegt sie draußen im Garten auf ihrer Liege.
Aber heute ist es doch etwas zu frisch, um sich im Garten zu sonnen.
Ich kenne die Routinen meiner Mutter einfach, schließlich bin so aufgewachsen.
Ich zähle langsam von 23 runter und bei der 18 öffnet sich schon die Tür.
Meine Mom trägt eine elegante himmelblaue Stoffhose. Dazu eine lockere Bluse mit Stickereien, ihre Fingernägel sind in einem passenden Blau zu der Hose lackiert.
Klar, sie sieht mal wieder atemberaubend aus, wie jeden Tag. Elegant und wunderschön.
Trotzdem scheint sie ziemlich überrascht. „Elizabeth", sagt sie völlig verblüfft.
Ich lächele schüchtern. „Hi, Mom."
Er blickt mustert mich von oben bis unten, ihr Pokerface ist aufgesetzt, keine Emotionen kommen durch.
„Das sind nicht deine Klamotten", stellt sie fest und zuckt mit der linken Augenbraue.
Ich nicke und erröte ein bisschen. „Ich, äh, weiß, Mom. Ich wollte mich kurz umziehen. Und ... ich wollte reden. Mit dir."
Die Gesichtszüge meiner Mutter werden etwas weicher und entspannen sich leicht. Sie tritt leicht zur Seite und öffnet mir die Tür. „Ich habe gerade ein wenig Zeit übrig", erklärt sie und lässt mich eintreten.
„Zieh dich um, ich setze Tee auf und dann reden wir."
Ich nicke, laufe dann schnell hoch, bis ich in meinem Zimmer angekommen bin. Auf einmal fühlt es sich so an, als wäre ich nie weggewesen. Die gleiche Bettwäsche, die gleichen Poster, der gleiche Geruch.
Alles ist mir so vertraut.
Ich lasse mich kurz auf mein Bett sinken und schließe die Augen.
Zuhause. Endlich bin ich Zuhause.
Dann höre ich vom unten das Pfeifen des Teekochers. Schnell springe ich wieder auf und laufe zum Kleiderschrank.
Ich entscheide mich für eine helle Jeans und einem rosa Pullover aus dünnem Stoff mir U-Boot-Ausschnitt. Dann kämme ich meine Haare und frisiere sie zu einem strengen Pferdeschwanz, so wie meine Mom es mag. Dann beeile ich mich und laufe die Treppe runter.
Im Wohnzimmer wartet meine Mutter bereits, sie räumt gerade noch ein Magazin über Sommerdekoration weg.
„Ich bin soweit", sage ich laut.
Genau jetzt möchte ich ihr Mädchen sein, die Betty, die ich sonst immer so hasse. Die Betty, die innen wie außen perfekt ist. Perfekte Noten, perfektes Aussehen, perfekte Freunde. Die Betty, die meine Mutter liebt, auf die sie stolz sein kann.
Ich möchte ihre Prinzessin, ihr Baby, das sie großgezogen hat.
Ich will Elizabeth sein.
Es scheint auf sie zu wirken. Meine Mom lächelt ein wenig, als sie mich sieht und faltet die Hände im Schoß. „Hübsch siehst du aus, Elizabeth. Ich mag dein Oberteil."
Ich bedanke mich und setzt mich dann gegenüber in den Ledersessel. Mom reicht mir eine Tasse mit Kamillentee, ihr Lieblingstee. Er ist noch etwas zu heiß, um ihn jetzt zu trinken, ich würde mich verbrühen. Deswegen halte ich die Tasse bloß in meinen Händen und puste ein wenig.
„Wie geht es dir?", fragt meine Mutter nach einer Weile. Sie scheint wirklich interessiert zu sein.
„Gut", antworte ich zögerlich. Auf einmal ist es unfassbar still in Haus.
„Schön", murmelt sie.
Ich schaue in meine Tasse, als würde ich in den Teeblättern lesen wollen, aber eigentlich versuche ich nur ihrem Blick auszuweichen.
„Wie geht es deinem Freund? Jug-head?"
Vor Schreck verschütte ich den Tee.

I'm still in Love with You Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt