Kapitel 28

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„Okay, die Küche ist aufgeräumt, die Wäsche ist gewaschen und der Kühlschrank ist voll. Jetzt können sie kommen."
Jughead stemmt zufrieden die Hände in die Hüften und betrachtet den aufgeräumten Trailer. Es war zuvor noch nie so ordentlich gewesen wie heute.
Ich drücke ihm liebevoll die Hand und küsse Jug auf die Wange. „Das hast du super gemacht, Jug. Deine Mom wird stolz auf dich sein."
Jughead zwinkert mir zu und hält ebenfalls meine Hand. Er redet weiter darüber, wie sehr er sich auf seine Mom freut und wie aufgeregt er ist, da er seine kleine Schwester Jellybean wiedersehen wird.
Aber ich höre nur mit einem Ohr zu. Ich kann nicht aufhören, an den gestrigen Abend zu denken. Einen Arzt ... ich bin doch nicht krank! Weder physisch noch psychisch. Mir geht es gut. Ich bin doch glücklich.
„Ich hoffe, Jellybean wird Riverdale gefallen. Ich weiß ja nicht, wie es bei ihr und Mom in Toledo aussieht."
Jughead und ich lassen uns aufs Sofa fallen und verschränken die Finger miteinander. Er fährt langsam mit der anderen Hand über meinen nackten Arm, was bei mir sofort Gänsehaut ausbrechen lässt.
„Wünschst du dir, dass deine Mom und Jellybean auch nach Riverdale ziehen?", frage ich irgendwann in die angenehme Stille hinein.
Jughead macht einen tiefen Atemzug, während seine Finger weiter über meinen Arm gleiten. „Ich weiß es nicht. Ja, vielleicht. Allerdings habe ich selbst ja auch nicht vor, lange in Riverdale zu bleiben. Außerdem habe ich den Traum von einer richtigen Familie schon längst aufgegeben."
Ich drehe mich leicht nach links, um in sein Gesicht zu sehen. Er lächelt. Er ist schön.
„Was möchtest du eigentlich machen? Ich meine, nach der Schule? Wir haben nie darüber gesprochen, Jug. An welche Uni willst du? Was willst du studieren? Wo willst du hin?"
All diese Fragen liegen mir schon so lange auf der Zunge. Ich liebe Jughead, ich will eine Zukunft mit ihm. Aber dafür muss ich wissen, was er will. Was seine Träume und Ziele sind.
„Ach, ich weiß auch nicht. Am liebsten ... würde ich mit dir an der gleichen Uni studieren", antwortet er zögernd. Warum ist ihm das Thema nur so unangenehm?
Ich setze mich auf. „Du willst also auch nach Yale? Dann sollten wir uns mal an deine Bewerbung setzen."
Ich schaue mich schon suchend nach Jug's altem Laptop um, doch er hält mich zurück.
„Das hat doch noch Zeit, Betts."
Ich schüttele heftig den Kopf. „Nein, hat es nicht. Meine Yale-Bewerbung ist schon seit Wochen raus. Wenn wir Pech haben, sind vielleicht schon alle Stipendien vergeben. Oder hast du Geld für die Uni gespart?"
Ich bezweifele, dass Jug gespartes Geld besitzt. Und mein College-Geld reicht ganz bestimmt nicht für uns zwei. Nicht, wenn ich nach Yale will. Und das steht gar nicht zur Debatte.
Jughead seufzt und vergräbt das blasse Gesicht in seinen Händen. „Betty, bitte. Lass es. Es hat Zeit."
Seine Stimme klingt kläglich, als könnte er diese Unterhaltung wirklich nicht ertragen.
„Jughead? Was ist es? Warum ist dir die Uni so egal?"
Ich merke, wie ich wütend werde. Ich greife nach seinen Händen und halte sie fest in meinen. Ich will, dass er mir in die Augen schaut und mir die Wahrheit sagt. Doch er hält meinen Blick nicht stand, seine matten grünen Augen weichen meinen aus.
„Betty, mir ist die Uni nicht egal. Ich sehe das ganz nun mal nicht so eng wie du."
Wie bitte? „Was soll das denn jetzt heißen, Jughead? Es ist eine lebenswichtige Entscheidung, die wir da treffen! Und du hast selbst gesagt, dass du eine Zukunft mit mir haben willst. Also rede mit mir! Rede einfach mit mir."
Meine Stimme zittert, als ich den letzten Satz ausspreche. Ich habe mich ihm noch nie so fremd gefühlt. Als wäre ich jemand Außenstehendes. Dabei bin ich doch so viel mehr, dachte ich zumindest.
„Betty", seufzt Jug. „Natürlich will ich eine Zukunft für mich. Alles andere wäre keine Option. Aber gerade habe ich wirklich wichtigeres, um das ich mir Sorgen machen muss. Ja klar, es ist eine lebenswichtige Entscheidung, aber was ist mit meinem Dad? Er sitzt im Knast. Darum muss ich mich jetzt zuerst kümmern, verstehst du? Ich muss ihm helfen, selbst wenn ich es nicht will."
Natürlich muss er das. Gott, wie dumm bin ich nur? Ich halte meinem Freund hier eine Rede von wichtigen Dingen im Leben, dabei versucht er gerade seinem Dad das Leben zu retten. Manchmal könnte ich mir glatt selbst eine scheuern.
„Es tut mir ja so leid", flüstere ich und presse meine Stirn gegen Jug's schmale Brust. Seine Hände ruhen auf meinem Rücken und er küsst mich auf den Scheitel.
„Das muss es nicht", sagt er leise. „Ich will es ja selbst nicht. Aber denk immer schön an das 1. Serpentgesetzt: Jeder Serpent ist Familie."
Er lacht kurz und drückt mich fest an sich.
Ich kenne kein einziges der Serpentgesetzte, obwohl ich doch die Queen bin.
„Juggie, wie viele Serpentgesetze gibt es überhaupt?", frage ich, als wir uns aus unserer Umarmung lösen und uns hinsetzen. Jug zuckt mit den Schultern.
„Keine Ahnung. Ich glaube, niemand kennt die wirklich auswendig."
Ich lache laut. „Jug, du bist der King! Du solltest sie vermutlich auswendig können."
Jughead reibt sich theatralisch die Schläfen und stöhnt. „Das sind bestimmt über Vierzig! Wie soll ich die denn alle auswendig lernen? Außerdem treten wir ja eh bald aus, weißt du noch?"
Ich nicke. Natürlich erinnere ich mich. Eigentlich sind Jug und ich keine richtigen Serpents. Wir sind Heuchler. Wir heucheln es den anderen nur vor. „Besser Heuchler als Schlange", sage ich laut, obwohl ich es eigentlich nur denken wollte. Doch Jug bricht in schallendes Gelächter aus.
„Das stimmt", ruft er und küsst mich unters Ohr. Es kitzelt dort immer, wenn Jughead mich an dieser Stelle küsst.
Auf einmal hören wir ein ohrenbetäubendes Geräusch draußen, es klingt wie ein Motor. Jughead und ich fahren vor Schreck auseinander. Daraufhin sind Stimmen zu hören, eine weibliche und eine kindliche.
„Mom ... Jellybean!", murmelt Jug außer Atem und springt auf. Er lächelt mich aufgeregt an und greift nach meiner Hand.
Ich zucke leicht zusammen, als seine kühlen Finger meine blutigen Halbmonde berühren. Aber er scheint nichts zu merken. Er drückt meine Hand leicht und atmet einmal tief ein und aus.
Dann öffnet Jug die Haustür.

I'm still in Love with You Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt