Kapitel 6 (Jughead's Sicht)

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Am nächsten Tag fange ich Betty gleich nach der dritten Stunde ab. Ich komme gerade vom Sportunterricht, doch unter körperliche Anstrengung fehlt regloses auf-der-Bank-sitzen wohl nicht.
Gerade als ich mein wunderschönes Mädchen erblicke, lehnt sie an ihrem Spind und tippt hastig auf ihrem Smartphone rum. Sie bemerkt mich gar nicht, als ich mich von hinten anschleiche und ihr die Arme um die Hüften schlinge.
„Guten Morgen, meine Hübsche", flüstere ich in Betty's Ohr. Sie zickt leicht zusammen und mein kleiner Streich ist wohl gelungen.
„Gott, Jug, du hast mich erschreckt."
Ich lehne mich ebenfalls an den Spind und zucke mit den Schultern.
„So schwer ist das ja nicht."
Normalerweise hätte ich ihr liebliches Lachen erwartet, oder eine scherzhafte, stichelnde Bemerkung, doch Betty rollt bloß genervt ihre großen, grünen Augen.
„Ist alles in okay? Ist gestern noch irgendwas pass–"
–Doch sie schneidet mir das Wort ab. „Nein, es ist nichts passiert. Buchstäblich "nichts". Warum melden sich die Colleges denn nur nicht?"
Wütend schmettert Betty ihre Bücher in den Spind, dabei löst sich ein Foto, das sie an die Innenseite der Tür geklebt hat. Es ist ein Foto vom letzten Schulball. Auf dem Foto küsse ich Betty sanft auf die Wangen und ihre strahlend weißen Zähne bilden ein wunderschönes Lächeln.
Seufzend hebt Betty das Foto auf und streicht darüber. Als ihr Zeigefinger über mein Gesicht fährt, schmunzelt sie. Dann hängt sie es wieder an die Tür und überprüft, ob es diesmal auch richtig klebt.
„Was ist mit dir? Hast du zumindest gute Neuigkeiten?", fragt Betty, nachdem sie schnell meine Hand ergriffen hat und mit mir in Richtung Cafeteria geht.
„Was meinst du?", frage ich abwesend und nicke dabei ausdruckslos Sweet Pea zu, der mit ein paar anderen Serpents ein Poster an's schwarze Brett heftet. Im Vorbeigehen versuche ich die wichtigsten Informationen des Posters aufzuschnappen.
„Deine Bewerbungen, für's College. Du hast sie doch abgeschickt, oder?"
Als ich wieder zu Betty blicke, sehe ich die sich ausbreitende Panik in ihren Augen. Ich nicke heftig und versuche unter meiner Notlüge nicht rot anzulaufen. „Ja, klar. Toni und ich haben sie gestern zusammen fertiggestellt, im Whyte Wyrm."
Betty verlangsamt ihren Schritt.
„Toni hat dir dabei geholfen?", fragt sie verwundert. Ich nicke wieder, diesmal etwas langsamer. Dass ich gestern mit Toni im Whyte Wyrm war stimmt schon, allerdings haben wir über die anstehende Party gesprochen und keine Langeweile Bewerbungen geschrieben.
„Ja, schon. Aber Peaches war auch dabei."
Als der Name von Toni's Freundin fällt, beruhigt Betty sich allmählich, und ich lache leise in mich hinein, wegen ihren süßen Eifersucht.
„Übrigens, übermorgen findet eine kleine Party im Wyrm statt. Also, eigentlich ist es gar keine kleine Party, sie ist ziemlich groß. Das 70. Jubiläum der Serpents in Riverdale."
Nachdem ich Sweet Pea's Poster und Plakate gesehen habe, ist es mir wieder eingefallen.
„Wow, schon 70 Jahre?",murmelt Betty fassungslos. Dann bleibt sie plötzlich stehen greift ebenfalls nach meiner anderen Hand.
„Jug, das wäre doch der perfekte Anlass!", ruft sie und hüpft fröhlich auf und ab.
„Was meinst du?", frage ich und versuche, ihre Andeutungen zu deuten. „Du weißt schon", murmelt Betty verführerisch. „Das wäre der perfekte Anlass für mich, um den Serpents wirklich beizutreten."
Ihr Blick verrät mir, was sie meint.
Erst starre ich sie an, dann werde ich rot und dann werde ich wütend. Sauer ziehe ich Betty hinter mir her und öffne die Tür zur Cafeteria und lass mich dan auf einen freien Stuhl fallen.
„Auf gar keine Fall, Betty", grummele ich und nicke in Richtung der anderen Serpents, die sich schon ab unserem Stammtisch versammelt haben.
„Wieso denn nicht?", quengelt Betty. Ich schnaube verächtlich und reiße mir dann die Stoffmütze, die ich jeden Tag (auch im Sommer!) trage.
„Ist es denn nicht verständlich, dass ich, als dein fester Freund, nicht will, dass du dich dort an einer Stange räkelst, als wenn du eine billige Prostituierte wärst? Du gehörst auch so zu den Serpents, dazu bist du noch die Queen."
Obwohl ich jetzt Serpent King und somit der Leader der ganzen Southside war, war es mir nicht anbei gestellt, alle Regeln neu zu erfinden. Denn wenn es so wäre, wäre dies die erste Regel, die ich vernichten würde. So war es nun mal. All männlichen angehenden Serpent Mitglieder mussten sich gewissen Mutproben stellen, die viel Blut, Blaueflecke und eventuelle Knochenbrüche riskierten.
Und alle weiblichen mussten eben ... tanzen.
„Jughead, nur weil du der King bist und ich deine Queen ist das kein Sonderticket. Um richtig bei den Serpents dabei zu sein, muss ich es tun. Je früher, desto besser."
Ein wütendes Grollen entkommt meiner Brust. „Betty, du wirst ganz bestimmt nicht auf der Jubiläumsfeier strippen. Da kommen hunderte von Serpents aus aller Welt. Die müssen dich nicht alle halbnackt sehen, kapier's doch endlich!", knurre ich.
Doch Betty bleibt unbeeindruckt. Sie zuckt unschuldig mit den Schultern und spielt mit einem losen Faden an meiner Mütze.
„Wenn du nicht willst, dass ich richtig dazugehöre, dann ist es eben so", antwortet sie patzig und reißt den Faden ab.
Seufzend vergrabe ich mein Gesicht in den Händen. Wie unglaublich nervtötend sie doch manchmal ist!
„Betty, verstehe mich doch", bitte ich. „Nein, Jughead! Es ist ein verdammtes Lied, das ich dort oben auf der Bühne stehe. Hör endlich auf dir Sorgen zu machen. Das ist mein Ding und ich ziehe es durch, wann ich will."
Mit diesen Worten steht Betty auf und schnappt sich ihre Tasche.
„Wo gehst du hin?", stöhne ich und setze mir wieder meine Mütze auf.
„Ich gehe zu Toni", antwortet Betty schnippisch, „ich habe einige Fragen, bezüglich meiner ... Performance."
Mit einem übertrieben Lächeln, das schon eher einer Grimasse ähnelt, verlässt Betty die Cafeteria und lässt mich zurück.

I'm still in Love with You Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt