Kapitel 29 (Jughead's Sicht)

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Mein Herz klopft so laut, ich kann mich nicht daran erinnern, dass ich je so aufgeregt war.
Gleich würde ich meine kleine Schwester Jellybean das erste Mal seit Jahren sehen.
Als ich die Tür öffne, steht ein knatterndes Auto, das vollkommen verschmutzt und staubig ist, vor unserer Haustür. Es dröhnt und keucht laut und ich hoffe, dass meine Mutter es schnell abstellt.
Wie auf Knopfdruck geht der röhrende Motor aus, und meine Mutter erscheint.
„Jughead, Betty. Hallo!", ruft sie uns zu und winkt. Sie läuft einmal ums Auto rum und nimmt uns beide jeweils in den Arm.
„Wo ... wo ist Jellybean?", frage ich, nachdem ich meine Mutter an mich gedrückt habe. Mom wischt sich eine verschwitzte Strähne aus der Stirn und deutet auf den Beifahrersitz.
„Noch im Auto."
Erst jetzt sehe ich sie.
Meine Schwester, Jellybean, hockt auf dem Beifahrersitz und starrt mich an. Sofort sehe ich, dass sie die gleichen hellgrünen Augen wie ich hat. Als sie meinen Blick bemerkt, schaut sie schnell weg.
Etwas verwirrt sehe ich zu Mom, die bereits einen Haufen Gepäck aus dem Kofferraum holt.
„Warte, ich helfe dir", sage ich hastig und nehme ihr den großen Lederkoffer ab.
Mom klopft an Jellybean's Fenster, das ebenfalls dreckig und staubig ist.
„Wir sind da, Jelly."
Während ich den Koffer im auf der Couch anstelle, beobachte ich Mom und meine Schwester durchs Fenster. Jellybean rollt genervt mit den Augen, als Mom wie wild vor dem Auto rumtanzt, um sie rauszulocken. Endlich öffnet Jellybean die Tür und steigt aus.
Für Dreizehn scheint sie mir ziemlich groß und dünn, sie hat also die gleichen Gene wie ich geerbt. Auch ihre Haut ist blass, wie meine, aber ihr Haar ist hellbraun und ganz glatt.
Sie trägt einen grauen Pullover und eine schwarze Jeansjacke darüber, viel zu warm für Riverdale, zumindest für diese Jahreszeit.
Ich laufe schnell aus dem Wohnwagen und die paar Treppenstufen runter, bis ich vor ihr stehe.
„Hey", sage ich außer Atem. Ich weiß nicht, ob ich sie umarmen soll, ihr Gesichtsausdruck ist immer noch genervt und skeptisch.
Ihre grünen Augen mustern mich. „Warum trägst du 'ne Mütze?", fragt sie und nickt zu mir hoch.
„Äh", antworte ich und nehme meine dunkelgraue Stoffmütze schnell ab. „Welche Mütze?", frage ich daraufhin scherzhaft, doch sie lacht nicht.
„Geh rein, Jelly", sagt meine Mom und reicht ihr einen Rucksack.
Mit rollenden Augen und einem genervten Stöhnen nimmt "Jelly" den Rucksack entgegen. Trotzig stapft sie die Treppen hoch und lässt sich auf die Couch fallen.
„Sie ist in einem schwierigen Alter", klärt mich Gladys auf und klopft mir ermutigend auf die Schulter. „Das wird schon, Junge."

Nachdem Mom und Jellybean ihre Sachen ausgepackt haben und Mom duschen war, beschließen wir zum Pop's zu gehen, um etwas zu essen. Jellybean hat seit ihrer Bemerkung über meine Mütze nichts mehr gesagt, außer genervtes Brummen oder gelangweiltes Seufzen. Nicht einmal Betty, der Freundlichkeit in Person, hat sie sich vorgestellt.
Wir gehen zum Diner, da wir alle nicht in ein Auto passen und es so schönes Wetter ist. Betty und ich laufen voran, neben uns Mom und ganz hinten Jellybean, die eher schlurft als geht.
„Das Pop's ist wirklich mein Lieblingsort in ganz Riverdale. Als ich hier zur Schule gegangen bin, habe ich dort gejobbt. Bis ich dort mit einem Joint auf der Toilette gefunden wurde. Du wirst es lieben, Jelly!", ruft meine Mom erfreut.
Betty und ich tauschen vielsagende Blicke. Die Jones leben eigentlich schon seit Jahren in Riverdale, beide meiner Eltern wurden hier geboren und mehr oder weniger großgezogen. Im Abschlussjahr an der Riverdale High wurde Gladys dann schwanger, von ihrem on-off Boyfriend FP, von Dad. Beide brachen die Schule ab, wollten eine Familie gründen und zogen in eine andere Stadt, um der Idylle von Riverdale zu entkommen.
Das ganze ging ein paar Jahre ganz gut, meine Eltern heiraten sogar. Dann wurde Mom wieder schwanger und ich ging zur Grundschule.
FP begann zu saufen. Mom wurde sauer. FP verlor seinen Job, wir hatten kein Geld mehr. Mom hatte genug, sie haute ab, mit Jellybean.
Seitdem leben Dad und ich alleine, seit kurzem wieder in Riverdale.
Im Pop's setzen wir uns an einen abgelegenen Platz hinter einer Nische. Betty ist ungewohnt still, lächelt meiner Mom aber immer lieb zu und macht ihr Komplimente. Sie ist so gut.
„Also, Jellybean, möchtest du French Fries? Die sind hier echt gut. Oder vielleicht einen Burger? Die haben hier auch Milkshakes."
Ich reiche meiner Schwester, die gegenüber von mir sitzt, eine Karte. Sie nimmt sie zwar an, doch legt sie sofort zugeschlagen auf den Tisch.
„Ich bin Vegetarier", zischt sie.
Vegetarier.
„Du ... isst kein Fleisch? Das ist doch vollkommen unmöglich, oder? Ich meine, ... wie hältst du das denn aus?"
Betty liegt ihre Hand auf meinen Oberschenkel. „Jug", flüstert sie vorwurfsvoll.
„Ich meine, das ist kein Problem. Auf keinen Fall, ich bin cool damit. Ich habe nur noch nie einen Vegetarier gesehen, weißt du?", witzele ich und verstecke mein Gesichte hinter der Speisekarte.
„Schade, dass es nicht so geblieben ist", murmelt Jellybean leise.
Mom schlägt mit der flachen Hand auf den Tisch, Jellybean's Worte versetzen mir einen Stich ins Herz.
„Jellybean, genug jetzt", sagt Mom mahnend, doch meine Schwester kommentiert dies nur mit einem Augenrollen.
„Hör auf, Mama. Es ist JB, nicht Jellybean", brummt sie und lehnt sich in dem roten Leder der Sitzbank zurück.
„Das heißt also, du nimmst French Fries und einen Schoko-Milkshake, Jellybean?" Ihren Namen betont Mom extra lange und laut. Jellybean's Gesicht färbt sich vor Wut ganz rot und sie schiebt trotzig die Unterlippe vor.
„Na, sieh mal einer an", höre ich es auf einmal hinter mir. Betty und ich drehen uns gleichzeitig um und starren dem Teufel in die Augen.
Betty schnappt kurz nach Luft, bevor sich ihre Fingernägel in meinen Unterarm krallen. Ich beiße mir auf die Zunge, um den Schmerz zu unterdrücken, kann es Betty aber nicht übel nehmen.
Mom lacht laut auf und fährt sich durch die braunen langen Haare.
„Wenn das nicht Alice Smith ist", sagt sie tadeln. „Du hast dich kein Stückchen verändert."
Mrs. Cooper setzt ein falsches Lächeln auf. „Ich wünschte, ich könnte das gleiche von dir behaupten, Gladys. Ich habe dir ja immer gesagt, dass das Rauchen Fältchen bei dir hervorruft."
Betty schlägt sich die Hand vor den Mund und ich ziehe scharf die Luft ein. Jellybean lacht nur amüsiert.
Das dürfte ein langes Mittagessen werden ...

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