Kapitel 40 (Jughead's Sicht)

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Es ist Freitag.
Seit Tagen sitze ich jetzt schon an meiner Kurzgeschichte.
Pop hat mir wirklich die beste Inspiration gegeben! Es geht um eine verbotene Liebe im 19. Jahrhundert. Das Mädchen schön und reich, der Junge arm und zum scheitern verurteilt.
Noch nie hat sich das Schreiben so gut angefühlt! Ich setze mich abends an den Computer, und ehe ich mich versehe ist es Zwei Uhr in der Nacht.
Betty ist schon gespannt und fragt mich immer nach einer Leseprobe. Doch sie muss sich noch gedulden. Klar, sie wird die Erste sein, die meine Geschichte lesen darf. Aber erst, wenn ich sie vollendet und fertig überarbeitet habe.
Ich sitze in der Bibliothek der Riverdale High, ein etwas trostloser Ort um ehrlich zu sein.
Physik ist glücklicherweise ausgefallen, so dass ich heute noch etwas Zeit finde, bevor ich Mom und Jellybean beim Packen helfen muss. Morgen Abend reisen sie schon wieder ab, wie gesagt, es gibt nichts, was meine Mutter in Riverdale hält.
Nicht einmal ich.
„Hey, Mann."
Komplett in meinen Gedanken versunken sehe ich auf. Archie lässt sich auf den freien Stuhl neben mich fallen und grinst mich an.
„Sonst klebst du immer an Betty's Lippen, und jetzt ist es der Laptop? Tja, ein bisschen Abwechslung tut wohl ganz gut, was?"
Ich boxe ihn freundschaftlich in die Seite und lache.
„Nee, aber mal ehrlich. Woran arbeitest du da eigentlich?"
Archie zeigt auf meine Notizen und scheint tatsächlich interessiert zu sein.
Ich hole tief Luft. „Also, es ist ... eine Art Geschichte. Eine Kurzgeschichte, um genau zu sein. Ich ... ich brauche sie. Für etwas."
Archie nickt und blättert ein bisschen durch meine wirren Notizblätter, die auf dem Tisch verstreut sind.
„Und wozu brauchst du sie? Ist es nicht einfach nur ein Hobby?"
Ich hole tief Luft. Bisher habe ich noch niemandem davon erzählt, nicht Toni, nicht Archie und ganz bestimmt nicht Betty.
„Versprich mir, dass du es niemandem verrätst, verstanden?", flüstere ich und beuge mich dabei über den Tisch, damit kein anderer davon mitbekommt.
Archie nickt und beugt sich ebenfalls vor.
„Also", beginne ich und räuspere mich. „Es geht um diese Uni. Es ist die University of Birmingham, eine der besten Unis, wenn's um's Kreative Schreiben geht. Ich habe vor ein paar Tagen meine Bewerbung abgeschickt, aber um bessere Chancen zu haben, dachte ich, ich schicke gleich auch eine kleine selbstgeschriebene Geschichte mit. Ich kann mir die Uni auf keinen Fall leisten, deswegen hoffe ich so sehr auf ein Stipendium. Oder zumindest einem Teilzeitstipendium. Ich weiß es nicht, Mann, aber das ... wäre einfach mein Traum."
Es tut so gut, endlich diese Worte loszuwerden. Ich weiß, dass Archie mein bester und einziger Freund ist, er wird es nicht weitersagen.
Archie's Reaktion hält sich zuerst in Grenzen. Doch dann scheint er eins und eins zusammenzuzählen.
„Wow, warte mal! Birmingham ... ist das nicht in England? Du ... du willst nach England? Ein anderes Land auf ... auf einem anderen verdammten Kontinent?"
Archie's Stimme wird lauter, es drehen sich bereits ein paar Schüler um. Die Bibliothekarin schaut uns mahnend an.
„Schhhh, sei etwas leiser", zische ich ihm zu und lächele Mrs. Dickinson an, woraufhin ihre strenge Miene sich entspannt.
„Ich weiß es doch auch nicht, Arch. Es ist alles ... so viel. Und ich meine jetzt, wo Betty erst mal auf der Warteliste von Yale sitzt, ist gar nichts mehr sicher–"
–„Was?", unterbricht mich Archie. Es war eher ein Aufschrei, statt ein Ausruf. Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie Mrs. Dickinson seufzt und zu uns rüberkommt.
„Archie, sei ruhig, verdammt noch mal! Hat sie dir das nicht erzählt?"
Warum hatte Betty Archie nicht davon erzählt, ihrem Kindheitsfreund?
Archie presst die Lippen zusammen und schüttelt mechanisch den Kopf. „Nein", presst er hervor. „Hat sie nicht."
Bevor ich etwas antworten kann, steht Mrs. Dickinson, die neue Bibliothekarin, vor uns und klopft leise auf den Tisch. „Meine Herren", sagt sie betont scharf und leise. „Bitte halten Sie sich an die Regeln, wenn Sie sich in der Bibliothek der Riverdale High aufhalten."
Sie deutet auf das schwarze Brett an der Wand, auf dem einige Regeln festgehalten wurden.
„Wenn Sie beiden sich noch einmal einem Regelverstoß unterziehen, muss ich Sie bitten die Bibliothek zu verlassen und ich muss es dem Direktor, Principal Weatherbee, mitteilen."
Mrs. Dickinson wirft uns noch einmal einen strengen Lehrerblick zu und geht dann wieder. Erst als sie mehr als Zehn Meter von uns entfernt ist, traue ich mich aufzuatmen.
„Mist, Archie! Das wusste ich nicht. Ich dachte, Betty wäre gestern bei dir gewesen, wegen des Musicals?"
Archie nickt. „Das war sie auch."
Jetzt flüstert er, sein Gesicht ist ausdruckslos und irgendwie wirkt er traurig.
„Hey, ist alles okay bei dir?", frage ich, nachdem Archie nur auf den Boden starrt und mich nicht einmal mehr ansehen kann. „Arch?"
Er nickt und seufzt kurz. „Ja, klar. Ja, schon gut. Ich hätte nur gedacht, Betty würde mir davon erzählen, weißt du? Na ja, ist ja auch nicht so schlimm."
Er steht auf und fährt sich durch das strubbelige rote Haar.
„Ich muss dann mal los, Jug. Sehen wir uns später? Vielleicht im Pop's?"
Ich halte ihm die Hand hin und schlage ein. „Tut mir leid, ich muss die Geschichte noch heute fertigkriegen und abschicken. Vielleicht ... triffst du dich lieber mit Betty? Scheint so, als hättet ihr etwas zu bereden."
Ich teile Betty nicht gerne mit anderen, vor allem nicht mit so gut aussehenden und beliebten Typen wie Archie, aber sie gehört mir nicht. Betty und Archie sind befreundet, damit muss ich eben klarkommen."
Doch Archie schüttelt den Kopf. „Wir haben später Probe, da sehen wir uns. Keine Ahnung, ich glaube nicht, dass sie reden will."
Ich nicke wissend und denke angestrengt nach. Es tut mir leid, dass ich Archie versetzen muss, allerdings scheint er wirklich irgendwie fertig zu sein.
„Veronica?"
Archie sieht mich verwirrt an. „Was ist mit ihr?"
Ich zucke die Schultern. „Ich weiß nicht, vielleicht willst du sie ja sehen? Sie tut dir gut, wieso versucht ihr es nicht mal?"
Ich bin nicht gut mit Ratschlägen, aber Archie scheint es sich zumindest durch den Kopf gehen zu lassen. Dann lehnt er aber ab.
„Nee, ich war letzte Woche mit Valerie unterwegs, im Autokino. Ist zwar nichts ernstes, aber ich mag sie."
Ich muss wirklich lange überlegen, bis der Groschen fällt. „Valerie? Valerie Brown? Ist sie nicht eine Pussycat?"
Die Pussycats, Riverdale's einzige erfolgreiche Band, besteht aus drei Mitgliedern: Josie, Valerie und Melody. Alle drei sind quasi unantastbar, sie sind fast auf einer Ebene mit Cheryl Blossom, was die Beliebtheit angeht.
Archie nickt und lacht verlegen. „Ja, sie ist cool. Wir sind uns mehr oder weniger über den Weg gelaufen. Chuck Clayton wollte eigentlich mit ihr ausgehen, hat sie dann aber versetzt. Reggie hat mir auch in letzter Sekunde abgesagt. Ich glaube, du würdest Valerie mögen."
Das bezweifele ich etwas, für mich ist sie irgendwie zu ... extravagant.
„Egal, ich muss jetzt los", sagt Archie schnell, als er die wütende Mrs. Dickinson sieht, die bereits auf uns zusteuert.
Ich hebe zum Abschied die Hand und mache mich weiter an meiner Geschichte, die immer besser zu werden scheint.

I'm still in Love with You Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt